Deutschland schafft neue Tatsachen im Asylrecht. Bei einem Sondertreffen in Brüssel soll am Sonntag die Kommunikation der Länder an der Flüchtlingsroute verbessert werden. Viele Probleme bleiben jedoch ungelöst.

Berlin/Brüssel - Asylbewerber sollen künftig deutlich länger als bislang in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und dort möglichst nur Sachleistungen bekommen. Das ist Teil eines umfangreichen Gesetzespakets mit zahlreichen Verschärfungen im Asylrecht, das am Samstag in Kraft tritt. In bestimmten Fällen sind auch deutliche Leistungskürzungen vorgesehen.

 

Die Bundesregierung hatte das Paket im Eiltempo durch das parlamentarische Verfahren gebracht. Ursprünglich sollte es zum 1. November in Kraft treten. Die Ausfertigung ging jedoch schneller als geplant. Deshalb tritt das Gesetzespakt nun früher in Kraft. Menschenrechtsorganisationen, Oppositionspolitiker, Juristen und Migrationsforscher kritisieren die Verschärfungen heftig.

Wenn bei einem abgelehnten Asylbewerber die Frist zur freiwilligen Ausreise abgelaufen ist und eine Abschiebung ansteht, wird der Termin nicht vorab angekündigt. So soll ein Untertauchen des Betroffenen verhindert werden. Zudem werden drei weitere Balkan-Länder - Albanien, das Kosovo und Montenegro - als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können.

Auf der anderen Seite soll durch den Abbau bürokratischer Hürden die Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte einfacher werden. Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive sollen Zugang zu Integrationskursen bekommen.

Zur Vorbereitung des Brüsseler Sondertreffens zur Flüchtlingskrise verschickte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker einen 16-Punkte-Plan an die Teilnehmer. Das Treffen am Sonntag soll aus Sicht der einladenden EU-Kommission zu einem besseren Austausch der Länder entlang der Flüchtlingsroute über den westlichen Balkan führen. „Die betroffenen Länder sollten nicht nur übereinander (sprechen) und aufeinander einreden, sondern auch miteinander reden“, heißt es in dem am Freitag versandten Entwurf. „Nachbarn sollten nicht gegeneinander arbeiten.“

Slowenien und Kroatien machen einander Vorwürfe

Hohe Diplomaten der Teilnehmerstaaten sollen auf der Grundlage des Papiers am Sonntag eine gemeinsame Erklärung der Teilnehmer ausarbeiten. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vor, zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über den konkreten Inhalt berichtet.

In dem Entwurf ist unter anderem vorgesehen, dass die Staats- und Regierungschefs innerhalb von 24 Stunden enge Mitarbeiter zur Koordination in der Flüchtlingskrise benennen. „Sofort“ sollen zudem Informationen über die genauen Flüchtlingsströme durch die jeweiligen Staaten ausgetauscht werden. Der Weitertransport der Migranten zur nächsten Landesgrenze soll aufhören, wenn es dafür keine Genehmigung des Ankunftsstaates gibt. „Eine Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen in ein Nachbarland ist nicht akzeptabel“, heißt es.

Die EU-Kommission schlägt in dem Plan auch eine neue Operation der EU-Grenzschutzagentur Frontex an der Landgrenze Griechenlands zu Mazedonien und Albanien vor. Die Mitarbeiter sollen die Personalien von Migranten aufnehmen, die nicht zuvor schon in Griechenland registriert worden sind.

Bei dem Treffen sind neben Deutschland acht weitere EU-Staaten vertreten, ebenso die Nicht-EU-Länder Mazedonien und Serbien. In Brüssel sorgt man sich um die chaotische Lage im Südosten des Kontinents. Insbesondere Slowenien und Kroatien machen einander Vorwürfe.