Viele Politiker verstecken sich hinter dem Wort „Belastungsgrenze“. Das gaukelt den Eindruck von Exaktheit vor, doch das Gegenteil ist der Fall, sagt StZ-Redakteur Christian Gottschalk. Er fordert konkrete Zahlen im Umgang mit der Verteilung von Flüchtlingen.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Wenn demnächst wieder Wort und Unwort des Jahres zu wählen sind, dann bietet das Flüchtlingsleid reichhaltige Auswahl: Willkommenskultur, Flüchtlingsstrom, sicheres Herkunftsland. Ganz vorne mit dabei ist auch die Belastungsgrenze. Die einen sehen diese bereits erreicht, die anderen so gut wie. Hinreichend unkonkret ist das und somit ein Wort wie gemacht für die Politik: Es vermittelt den Eindruck von Exaktheit, ist aber weit davon entfernt. Es gibt sie ja, diese Belastungsgrenzen, beim zulässigen Gesamtgewicht für das Kindertrampolin ebenso wie im fünften Sozialgesetzbuch, in dem die Zuzahlung zur Krankenversicherung geregelt wird. Nur bei den Flüchtlingszahlen, da gibt es sie eben nicht. Kein Politiker wird die Zahl jener beziffern, die noch aufgenommen werden können – aus gutem Grund. Wäre diese Zahl erreicht, stellt sich die Frage nach Alternativen.

 

Europa im Großen, die Länder im Kleinen

Die stellt sich freilich auch so. Die Menschen nach Syrien zurückzuschicken ist zum Glück selbst in der CSU nicht mehrheitsfähig. Im Augenblick hält das politische Entscheidungstempo nicht mit dem Tempo des Zuzugs Schritt. Europas Innenminister müssen jetzt bei ihrer Sitzung die Verteilung regeln. Im kleinen Maßstab müssen das die Bundesländer auch. Heute, nicht irgendwann. Mit festen Größen, nicht mit schwammigen Begriffen.