Praktisch unvermindert strömen die Flüchtlinge durch Serbien gen Norden. Das neue Auffanglager im südungarischen Röszke kann die Neuankömmlinge schon nach wenigen Tagen nicht mehr aufnehmen. Die meisten von ihnen wollen ohnehin nicht bleiben.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Röszke - Eher wie ein Internierungs- als wie ein Auffanglager wirkt die eingezäunte Zeltstadt. Vor dem neuen Auffanglager im südungarischen Röszke sind die Kameras der Übertragungswagen aufgereiht. Mit beheizbaren Armeezelten ist das am Wochenende errichtete Camp zur Registrierung der Neuankömmlinge ausgerüstet. Doch die Kapazität von 1000 Schlafplätzen reicht schon jetzt nicht mehr aus: Hunderte Flüchtlinge hätten in der Nacht auf Montag frierend unter freiem Himmel verbringen müssen, berichteten am Montag die heimischen Medien.

 

Zurückgelassene Zelte und Decken künden vor dem hermetisch abgeriegelten Lagertor von der kalten Nacht. Unbemerkt von den bulligen Wachleuten schleicht in Sichtweite der nahen Autobahn eine Familie in der Straßenböschung an dem Lager vorbei. Die meisten Flüchtlinge, die sich drei Kilometer südlich in langen Kolonnen am Ortsausgang der serbischen Grenzstadt Horgos in Richtung Röszke aufmachen, gelangen jedoch über den Bahndamm über die Grenze nach Ungarn: Allein am Wochenende seien über 4000 Flüchtlinge nach Ungarn gelangt, berichtete der serbische TV-Sender RTS.  

Keine Rede von einem Abflauen des Stroms

Manche brechen mit geschulterten Rücksäcken entschlossen zu Fuß in Richtung der ungarischen Grenze auf, andere entsteigen vor dem Durchgangslager im nordserbischen Kanjiza mit müden Blicken den Bussen aus der Hauptstadt Belgrad und dem Süden des Landes. Es sei ein „ständiges Kommen und Gehen“, die meisten würden sich „nur einige Stunden“ ausruhen und dann weiterziehen, berichtet der Lagerleiter Robert Lesmajster.

Von einem  Abflauen des Andrangs von durchschnittlich 2000 Neuankömmlingen könne keine Rede sein, im Gegenteil: „Wir haben Informationen, dass in den letzten beiden Tagen noch mehr Menschen aus Mazedonien nach Serbien gelangt sind als bisher.“   Drei Männer tragen einen Gefährten ins Lager, der sich mit schmerzverzerrter Miene den Bauch hält. Bei der missglückten Einreise nach Ungarn sei der Syrer von der Polizei geschlagen geworden, dabei unglücklich gefallen – und die vor der Abschiebung verabreichten Medikamente hätten seine Schmerzen noch vergrößert, übersetzt gehetzt der irakische Lagerdolmetscher: „Warum tun die das den Leuten an? Jeder Mensch ist ein Mensch – und verdient Respekt. Keiner von den Leuten würde sich das hier doch nicht freiwillig antun, wenn in seiner Heimat nicht Krieg herrschen würde.“