Die Kommunen kommen ihrer Verpflichtung zur Aufnahme von Geflüchteten offenbar besser nach, seit der Kreis eine Kostenbeteiligung verlangen will.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-kreis - Die Ankündigung des Landratsamts, jene Kommunen zur Kasse bitten zu wollen, die ihre Quote in der sogenannten Anschlussunterbringung nicht erfüllen, scheint Wirkung zu zeigen. Waren es Anfang des Jahres noch rund 700 Menschen, die in der Obhut des Landkreises in Gemeinschaftsunterkünften wohnten, obwohl die Zuständigkeit bereits auf die Städte und Gemeinden übergegangen war, so sind es aktuell nur noch 540.

 

Zwangszuweisungen sollen vermieden werden

Wie berichtet, hatte sich der Kreis zu dieser Maßnahme entschlossen, weil das Land seinerseits angekündigt hatte, die Rechnung für die Kosten der Unterbringung nicht mehr ausgleichen zu wollen, wenn sich die Zuständigkeiten geändert hätten. Um einerseits Zwangszuweisungen zu vermeiden und andererseits den Kommunen bei der Schaffung von Wohnraum etwas Luft zu verschaffen, habe man sich zu dem Angebot entschlossen, die Geflüchteten weiterhin in den Gemeinschaftsunterkünften zu beherbergen, dafür aber eine Kostenpauschale zu verlangen, sagt der Erste Landesbeamte im Waiblinger Landratsamt, Michael Kretzschmar.

Man wisse um die Probleme insbesondere der nah an der Landeshauptstadt gelegenen Kommunen, bezahlbaren Wohnraum zu aktivieren oder zu schaffen. Allerdings wäre es seiner Ansicht nach unfair, die Städte und Gemeinden, die ihrer Verpflichtung nachkommen, über die Kreisumlage mitbezahlen zu lassen. Zumal der Kreis bei der Pauschale unter den tatsächlich anfallenden Kosten bleibe: 520 Euro pro Monat und Geflüchteter sollen den säumigen Kommunen in Rechnung gestellt werden. Tatsächlich müsse man für Miete, Sicherheitsdienst, Möblierung und andere Aufwendungen im Schnitt 750 Euro berappen, so Kretzschmar. Würden noch die Kosten für Verwaltung, Sozialbetreuung und Integrationsmanagement einfließen, läge man bei rund 1000 Euro. „Auch mit der Kostenerstattung zahlt der Kreis noch weiter kräftig drauf“, sagt dazu der Erste Landesbeamte.

4100 Flüchtlinge in der Obhut der Kommunen

Die aktuelle Entwicklung scheint den jetzt eingeschlagenen Kurs zu bestätigen. Man sei jeden Monat kontinuierlich dabei, die freiwillig verlängerte Zuständigkeit abzubauen. Kretzschmars Eindruck ist: „Die Gemeinden strengen sich noch mal zusätzlich an.“ Zwischen November vergangenen Jahres und jetzt seien 1070 Personen in die Anschlussunterbringung übergeben worden, das sei immerhin ein Viertel der Bewegungen seit der großen Flüchtlingswelle der vergangenen drei Jahre. Seither sind rund 4100 Personen aus der Zuständigkeit des Kreises in die der Kommunen gewechselt.

Nicht überall kommt dort das Angebot des Landkreises, sich über eine Fehlbelegungsabgabe von der Verpflichtung freikaufen zu können, gut an. In Kernen beispielsweise lässt man zurzeit prüfen, ob ein solcher Vertrag überhaupt rechtlich zulässig ist und die Kosten angemessen kalkuliert sind. Mit 105 Personen ist die Kommune im Minus. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von rund 15 000 Einwohnern ist das keine unbeträchtliche Zahl. So kündigt Kretzschmar Konsequenzen an. „Wenn wir dort einknicken, machen wir uns unglaubwürdig. Es gibt nur eine einzige faire Lösung, wenn man der Verpflichtung nicht nachkommt: unterschreiben.“

Zum Teil teure Mietverträge abgeschlossen

Mangels eigener Kapazitäten könne man der Kommune auch nicht auf andere Weise unter die Arme greifen, wie andernorts schon praktiziert: nämlich, indem der Mietvertrag von einer nicht mehr benötigten Gemeinschaftsunterkunft übernommen wurde. Verhandlungen über ein solches Modell sind freilich auch schon bei Vorhandensein geeigneter Kapazitäten gescheitert. Kretzschmar räumt ein, vor zwei Jahren teilweise überteuerte Verträge abgeschlossen zu haben, um den zahlreichen Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf bieten zu können: „Wenn die Not groß ist, nennt man das Markt.“

Verschiedene Zuständigkeiten

Gemeinschaftsunterkunft
Nach ihrer Ankunft und der Verteilung auf Erstaufnahmeeinrichtungen werden Geflüchtete unter der Regie der Landkreise vorläufig untergebracht, bis ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist. Zurzeit beherbergt der Rems-Murr-Kreis noch rund 1300 Geflüchtete in solchen Gemeinschaftsunterkünften.

Anschlussunterbringung
Nach Abschluss des Asylverfahrens, spätestens aber zwei Jahre nach der Ankunft des Asylbewerbers im jeweilige Landkreis, muss die Kreisverwaltung die Personen an die Kommunen zuweisen. Für die Anschlussunterbringung ist dann die jeweilige Stadt oder Gemeinde zuständig. Rund 540 Menschen, die noch in Gemeinschaftsunterkünften leben, hätten eigentlich bereits an die Kommunen überwiesen werden müssen.