Weil die Flüchtlingszahlen gesunken sind, wurden im Rems-Murr-Kreis weniger Wohnanlagen gebraucht als ursprünglich geplant. Eine Alternativnutzung der Container scheiterte an baurechtlichen Vorgaben.

Waiblingen - Eigentlich sollten mehrere tausend Menschen in den Wohncontainern Platz finden, die der Rems-Murr-Kreis im Jahr 2016 für die damals so zahlreichen Flüchtlinge angeschafft hat. Doch nur acht der insgesamt 15 Container wurden überhaupt aufgebaut, die sieben übrigen Wohnanlagen wurden in Waiblingen-Beinstein und Kirchberg an der Murr eingelagert, einzelne Komponenten auch in Rudersberg. Denn die sieben Container wurden nie gebraucht. Jetzt hat der Landkreis die Module über die Ausschreibungsplattform www.vebeg.de zum Kauf angeboten und ins Ausland verkauft. Einige Wohnanlagen wurden bereits letzte Woche abtransportiert, die restlichen Module, die noch in Kirchberg stehen, sollen laut dem Landratsamt bis Ende dieser Woche verschwunden sein.

 

Schon im Februar hatte sich der baden-württembergische Bund der Steuerzahler (BdSt), der von der öffentlichen Hand einen wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit Finanzen einfordert, in einem Schreiben an den Landkreis gewandt. Darin erkundigte er sich unter anderem nach dem Kaufpreis für die Container, nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten und nach dem Wiederverkaufspreis. Zu Letzterem wollte sich der Erste Landesbeamte Michael Kretzschmar zunächst wegen des laufenden Ausschreibungsverfahrens, das bis Ende Februar lief, nicht äußern.

Keine Aussagen zum Verkaufspreis

Doch auch nach dem Verkauf will man beim Landratsamt keine Aussagen zum Erlös machen. Es sei klar gewesen, erklärt Martina Keck, die Pressesprecherin des Landratsamts, dass vom ursprünglichen Kaufpreis deutliche Abstriche zu machen seien. „Die Zahl der verlässlich erscheinenden Angebote bewegte sich im erwarteten Rahmen, sodass der Verkauf entsprechend abgewickelt wurde“, so Keck. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir angesichts der verdeckt abgegebenen Angebote nicht mehr sagen können.“ Auch über die Identität des Käufers hüllt man sich beim Landratsamt in Schweigen. Es handle sich um einen Käufer aus dem Ausland, erklärt Martina Keck. Wer es ist, dürfe sie „leider nicht sagen“. Wichtig sei dem Landkreis aber gewesen, dass der Käufer auch den Abtransport der Wohnanlagen schnell abwickeln könne – „auch, um Steuergelder zu sparen“, betont Keck. Einen solchen Käufer habe man gefunden.

Ursprünglich hatte der Rems-Murr-Kreis 20 Wohncontainer bestellt, um die Flüchtlinge, die seit 2015 ins Land strömten, unterbringen zu können. „Nach dem Planungsstand Ende 2015 wären bis zum Ende des Jahres 2016 circa 10 300 Plätze zu schaffen gewesen“, erläutert Michael Kretzschmar in seinem Schreiben an den Bund der Steuerzahler. Daraufhin habe sich die Kreisverwaltung damals entschieden, etwa 6000 Plätze in Wohncontainern zu schaffen.

Finanziert wurden die Anlagen über ein Leasingmodell. Damit habe die Gesamtbelastung für den öffentlichen Haushalt bei knapp unter 100 Euro Kaltmiete pro Person und Monat gelegen. Gegenüber den damals üblichen Preisen für Mietobjekte, so Kretzschmar, sei das „die mit Abstand wirtschaftlichste Alternative“ gewesen. Nachdem sich im Laufe des Jahres 2016 die Schließung der Balkanroute abzeichnete und die Flüchtlingszahlen zurückgingen, stornierte der Landkreis fünf der 20 Wohncontainer, der Leasingvertrag wurde entsprechend angepasst.

Baurecht gestattet keine andere Nutzung

Acht Wohnanlagen wurden in Fellbach, Schwaikheim, Leutenbach und Allmersbach für die Geflüchteten aufgebaut. Die sieben weiteren Container, die zwar nicht mehr benötigt wurden, aber bereits zur Auslieferung bereitstanden, mussten aufgrund der Vertragslage abgenommen werden. Da zunächst noch unklar war, ob die Flüchtlingszahlen möglicherweise wieder ansteigen, lagerte der Landkreis die Wohnanlagen ein. Mitte 2017 entschied man sich schließlich, die Container zu verkaufen. Denn weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge wurden nicht mehr gebraucht.

Aber könnte man solche Container nicht auch als Interimsklassenzimmer für Schulen oder Wohnanlagen für Obdachlose nutzen, anstatt sie mit finanziellen Verlusten ins Ausland zu verkaufen? „Das ist leider nicht so einfach“, erklärt Pressesprecherin Martina Keck. Zwar habe das Landratsamt mit den Kommunen über alternative Nutzungsmöglichkeiten gesprochen.

Diese seien aber aus baurechtlichen Gründen nicht umsetzbar. „Während der Flüchtlingskrise wurde das Baurecht gelockert, deshalb durfte man die Container damals aufstellen“, erklärt Keck. „Heute gibt es dafür aber keine Baugenehmigung mehr.“ Eine solche Genehmigung gebe es nur „in Krisenzeiten“, oder wenn für einen Wohncontainer Bestandsschutz gelte. „Für viele ist das sicher schwer nachvollziehbar“, sagt Keck, „aber so sieht es baurechtlich nun mal aus.“