Vier Jahre lang haben Flüchtlinge in Nürtingen auf einem Parkplatz gelebt. Jetzt ziehen die letzten Bewohner der Containersiedlung an der Kanalstraße um. Die Notquartiere in der Kanalstraße werden abgebaut.

Nüertingen - Es war ein dickes Ausrufezeichen, im Herbst vor vier Jahren: Baucontainer für Flüchtlinge. Erstmals sichtbar, auf einem Schulparkplatz mitten in der Stadt. So sehr der Bau des Containerdorfes in der Kanalstraße in Nürtingen im September 2013 von Störgeräuschen begleitet war, so geräuschlos geht jetzt die Auflösung über die Bühne. Auch das ist wiederum ein Zeichen. „Damals ging es um Ankommen in Deutschland, jetzt geht es um Integration in die Gesellschaft“, sagt Peter Keck, in dessen Amt für Allgemeine Kreisangelegenheiten die Fäden für die Flüchtlingsunterbringung zusammenlaufen. Noch vor Weihnachten, so sieht es der Plan vor, sollen die letzten Asylbewerber die Notunterkünfte auf dem Parkplatz der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule verlassen haben.

 

Die ohnehin nur noch knapp 50 Flüchtlinge werden aus dem Containerdorf in andere Unterkünfte des Landkreises verlegt. Eine ihrer künftigen Adressen werden die gerade erst in Betrieb genommenen Holzsystembauten in Deizisau sein. Die 90 Plätze dort hat sich der Landkreis 1,8 Millionen Euro kosten lassen. „Wenn die Container geräumt sind, wird die Anlage abgebaut. Weil die Unterkünfte nur angemietet waren, können wir sie dem Besitzer zurückgeben“, sagt Keck. Begehrlichkeiten, die Container stehen zu lassen und als Obdachlosenunterkünfte weiter zu nutzen, erteilt Keck als Sprecher der Landkreisverwaltung eine deutliche Absage. „Das war ein Schulparkplatz und das wird auch wieder ein Schulparkplatz“, sagt er.

Unterkünfte werden nicht mehr benötigt

Das Containerdorf auf dem Parkplatz wird seinen Worten zufolge nicht mehr benötigt, weil dem Landkreis derzeit wesentlich weniger Flüchtlinge zur vorläufigen Unterbringung zugewiesen werden, weil immer mehr anerkannte Asylbewerber in die von den Kommunen zu organisierende Anschlussunterbringung wechseln und weil der Landkreis in diesem Jahr eine Reihe von neuen Unterkünften selbst erstellt hat. So sind zuletzt in Oberboihingen, im Esslinger Bernhard-Denzel-Weg und in Deizisau 250 Plätze geschaffen worden. Im neuen Jahr werden in einer kurz vor der Fertigstellung stehenden Unterkunft in Aichwald noch einmal 90 hinzukommen.

Das Containerdorf auf dem Parkplatz hatte landesweit für Schlagzeilen gesorgt. Durch die ungebremste Zuweisung von Flüchtlingen immer mehr unter Druck geraten, hatte der Landkreis Esslingen im Herbst 2013 zu dem vermeintlich letzten rettenden Strohhalm gegriffen und die Behelfsbauten mehr oder weniger über Nacht auf den Schulparkplatz der kreiseigenen Schule in Nürtingen gestellt.

Die Entscheidung hatte die vor vollendete Tatsachen gestellte Verwaltungsspitze im Nürtinger Rathaus damals völlig überrascht, zumal der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich zu dieser Zeit in der ungarischen Partnerstadt Soroksár unterwegs gewesen war. Kritik erntete der Esslinger Landrat Heinz Eininger ob seiner Anordnung aber auch von den ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuern in Nürtingen, die beklagten, dass die im Vorfeld der Entscheidung nicht mit eingebunden worden waren. In einer kurzfristig von der Landkreisverwaltung anberaumten Informationsveranstaltung waren „alle Anwohner der Schule und alle Interessierten“ in der Mensa der Schule über die Pläne in Kenntnis gesetzt worden – zwei Tage vor der Belegung des Parkplatzes.

Landkreis hofft auf Geld vom Land

Nachdem die 150 Plätze angesichts von monatlich mehreren hundert dem Landkreis zugewiesenen Flüchtlingen auch nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein war, waren im nächsten Schritt die drei kreiseigenen Turnhallen Nürtingen, Esslingen und Kirchheim für die aus den Krisengebieten geflüchteten Menschen geöffnet worden. Auch dort sind die letzten Flüchtlinge mittlerweile schon wieder ausgezogen.

Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms lebten bis zu 150 Asylbewerber in den Containern. Der Landkreis hat die Unterbringung auf dem Nürtinger Parkplatz den Worten Kecks zufolge mit 265 Euro pro Monat und Flüchtling vorfinanziert. „Wir gehen davon aus, das wir das Geld vom Land ersetzt bekommen“, sagt der Landkreissprecher.