Weil die Zahl der Asylsuchenden weiter steigt, sollen zwei neue Großunterkünfte in Möhringen und Vaihingen mehr Menschen aufnehmen. Die Systembauten sollen jeweils 243 Menschen beherbergen.

Filder - Künftig werden in Vaihingen und in Möhringen doppelt so viele Asylsuchende untergebracht wie heute. Die Zahl der Plätze in Großunterkünften soll von derzeit knapp 500 auf 1000 steigen. So jedenfalls sehen es die Pläne der Stadt vor, die am Montag vorgestellt wurden. Zu den bereits bestehenden Einrichtungen sollen zwei weitere Systembauten mit je 243 Plätzen hinzukommen. Eines wird in Möhringen auf einer Wiese an der Landhauskreuzung entstehen, an der Kurt-Schumacher-Straße schräg gegenüber der ehemaligen Daimler-Zentrale. Eine baugleiche Unterkunft ist an der Möhringer Landstraße geplant, neben der Freien Evangelischen Schule.

 

8000 Flüchtlinge sollen insgesamt nach Stuttgart kommen

„Wir haben am Ende des Tages 8000 Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt der Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll. Mit Ende des Tages meint er Ende 2016. Die Prognose könnte bis dahin aber Makulatur sein und die Zahl noch höher liegen. Jedenfalls wurde bislang noch jede Vorschau von der Realität übertroffen. Und so werden die stadtweit zehn neuen Standorte nicht den Schlusspunkt bilden. Bereits im Herbst sollen in der dann bereits fünften Tranche neue Standorte definiert werden. Dass Möhringen oder Vaihingen im Zuge dessen erneut ein Flüchtlingsheim bekommt, kann Föll nicht ausschließen. „Da ich noch keine Lösung habe, kann ich keine verbindliche Aussage treffen“, sagt er.

Die Wiese an der Landhauskreuzung hatte der Möhringer Bezirksbeirat dereinst ins Spiel gebracht. Als die Stadt Ende 2013 auf der Suche nach einer Fläche im Bezirk war, fiel die Wahl der Verwaltung damals auf einen Spielplatz am Kauslerweg. Weil das zu einem Sturm der Entrüstung bei Anwohnern führte, schlugen die Lokalpolitiker eine EnBW-Brache am Lautlinger Weg vor sowie den Acker an der Kurt-Schumacher-Straße. Erstere Fläche wurde dann 2014 bebaut und vor einem halben Jahr bezogen. Nun folgt die zweite Alternative.

Im Frühjahr 2016 soll die Unterkunft bezugsfertig sein

Die Wiese befindet sich bereits im Besitz der Stadt. Sie ist an einen Landwirt verpachtet, doch ist der Vertrag jederzeit fristlos kündbar. Dies soll nun geschehen. Und weil auch sonst keine größeren Hürden zu erwarten sind, sollen noch in diesem Jahr die Bagger anrollen. Bereits im Frühjahr 2016 soll die Unterkunft in Betrieb genommen werden.

In Möhringen an der Kurt-Schumacher-Straße sollen Systembauten für 243 Personen entstehen. Foto: Stadt Stuttgart
Das schnelle Tempo ist auch dadurch möglich, dass auf einen Systembau zurückgegriffen wird. Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) baut diese derzeit an vielen Stellen in Stuttgart, unter anderem ist auch das Flüchtlingswohnheim am Lautlinger Weg von der Stange. Diese bestehen aus mehreren zweigeschossigen Gebäuderiegeln mit jeweils zwischen 75 und 84 Plätzen. Je nach Bedarf können die Riegel aneinandergereiht werden, und an der Landhauskreuzung sind drei davon geplant. Diese sollen dann genug Zimmer für 243 Menschen bieten.

Es herrscht Überraschung in Möhringen

„Wir wurden davon überrascht“, sagt Jürgen Lohmann, der Bezirksvorsteher von Möhringen. „Das ist eine hohe Zahl, die wir in den Stadtbezirk bekommen.“ Zwar sieht er die Notwendigkeit, die Menschen irgendwo unterbringen zu müssen. Gleichwohl hatte er bereits vor einem halben Jahr gesagt, dass nun auch andere dran seien. Im benachbarten Degerloch zum Beispiel gibt es noch kein Heim. Deshalb spricht er von „einer neuen Herausforderung“, vor allem was die Suche nach ehrenamtlichen Helfern betrifft. „Und ich könnte mir vorstellen, dass das in Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen wird.“

Genauso groß wie die Unterkunft in Möhringen soll auch die in Vaihingen sein. Auf der Fläche an der Möhringer Landstraße neben der Freien Evangelischen Schule stehen derzeit aber noch Gebäude. Und mehr noch: Die Kita Bärcheninsel des privaten Trägers Konzept-e aus Vaihingen hat die Räume erst vor einem Monat bezogen.

Was bereits geschehen ist und was noch kommen soll

Der ursprüngliche Kita-Standort am Lambertweg war in die Jahre gekommen, eine Renovierung war nicht sinnvoll. Also wird sie derzeit abgerissen, und als Übergangslösung zogen die Kinder an die Möhringer Landstraße. „Im Sommer 2016 werden wir wieder zurückziehen“, sagt Desiree Schneider, die Sprecherin von Konzepte. Anschließend sollen auch dort wie an der Landhauskreuzung die Bagger der Stadt anrücken. Die Fläche ist ohnehin im Besitz der öffentlichen Hand. Der Neubau für 243 Menschen soll im Sommer 2017 fertig sein.

„Mir war bekannt, dass so etwas auf Stuttgart zukommt“, sagt Wolfgang Meinhardt, der Bezirksvorsteher von Vaihingen. Und seit Montag weiß er auch, was auf ihn zukommt. „An manchen Stellen ist die Reaktion heftig und an manchen eher nicht. Das ist aber kein Grund, das abzulehnen.“ Das Problem liege für ihn vor allem darin, dass auch die Asylsuchenden, die aus als sicher eingestuften Staaten kommen, auf die Kommunen verteilt werden. „Mit einer besseren Prüfung in der Erstaufnahme in Karlsruhe wäre da viel geholfen.“

Unter diesen Umständen müssen sich die Anwohner der Arthurstraße darauf einstellen, dass die Flüchtlingsunterkunft in Rohr nicht aufgegeben wird. Vor zwei Jahren mietete die Stadt das frühere Wohnheim der Diakonie an, seitdem leben dort rund 200 Menschen mitten im Wohngebiet. Die Anwohner hatten sich immer wieder über Lärm bis in die späten Abendstunden beschwert. Der Mietvertrag war seinerzeit auf zweieinhalb Jahre befristet worden. „Angesichts des Bedarfs werden wir uns bemühen, den Vertrag zu verlängern“, sagt Föll. Man sei im Gespräch, teilt der Finanzbürgermeister mit. „Es gibt dazu aber noch kein abschließendes Ergebnis.“

Standorte:

Rohr
200 Flüchtlinge in einem Wohnheim der Diakonie an der Arthurstraße.
Dürrlewang
59 Flüchtlinge in einer Pension an der Herschelstraße.
Vaihingen
243 Flüchtlinge in einem Neubau an der Möhringer Landstraße (Sommer 2017).
Möhringen
Zurzeit 159, später 243 Flüchtlinge im Neubau am Lautlinger Weg (Herbst 2015). 243 Flüchtlinge im Neubau an der Kurt-Schumacher-Straße (Frühjahr 2016).