Die Stadt will von November an Flüchtlinge vorübergehend an der Gorch-Fock-Straße in einem ehemals von der Waldorfschule Silberwald genutzten Gebäude unterbringen. Unter den Anwohnern und in der Lokalpolitik löst das Besorgnis aus. Die CDU fordert deshalb eine Informationsveranstaltung für die Nachbarn der künftigen Unterkunft.

Sillenbuch - Nein, das Rosinenpicken wolle er nicht ermutigen, stellt der Sprecher der CDU-Fraktion im Bezirksbeirat, Philipp Kordowich klar. Dennoch will er, dass die Anwohner der provisorischen Flüchtlingsunterkunft an der Gorch-Fock-Straße zeitnah die Gelegenheit bekommen, ihre Wünsche und Sorgen gegenüber der Verwaltung zu äußern. Über diesen Plan will die CDU bei der Bezirksbeiratssitzung in der nächsten Woche mit den anderen Fraktionen beraten.

 

Hintergrund seien Äußerungen von Anwohnern ihm und anderen Politikern seiner Partei gegenüber, die sich besorgt über den Zuzug von Flüchtlingen in das Wohngebiet geäußert haben. Die CDU fordert deshalb die Verwaltung auf, Mitarbeiter in den Bezirk zu schicken, um bei einem Gespräch mit Anwohnern Rede und Antwort zu stehen. Damit soll laut der schriftlichen Anfrage der Partei verhindert werden, dass sich durch Gerüchte Unsicherheit und eine „Kultur des Nicht-Willkommens“ entwickeln. Kordowich hatte bereits nach der Bekanntgabe des neuen Standorts an der Gorch-Fock-Straße Bedenken geäußert. So wies er darauf hin, dass das nach Plänen der Stadt von November an belegte Heim mitten in einem Wohngebiet liegt.

Winterfestigkeit wird bezweifelt

Außerdem äußerte er die Sorge, dass das einst zum evangelischen Heidehof-Gymnasium gehörende Gebäude nicht winterfest und deshalb eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge auch nicht möglich sei. Die Stadt weist dies allerdings zurück und erinnert daran, dass das Gebäude in der Vergangenheit unter anderem von der Waldorfschule Silberwald auch in den Wintermonaten genutzt worden sei. Kordowich entgegnet, dass Küche und Sanitäranlagen außerhalb der Unterkunft liegen würden. „Ich stelle mir das schwierig vor, wenn die Menschen im Winter nachts zwischen den Gebäuden unterwegs sind“, sagt Kordowich. Aus seiner Sicht sollte die Stadtverwaltung auch bei der Belegung des Heims auf die Wünsche der Anwohner hören, damit ein möglichst gedeihliches Miteinander in dem Wohngebiet möglich wird. Kordowich denkt vor allem an Familien, die zusätzliche Betreuung im Sillenbucher Jugendhaus finden könnten.

Auch Dieter Grötzinger von den Sillenbucher Grünen fordert eine umfassende Information der Anwohner durch die Stadt. Auch er würde es für wünschenswert halten, wenn in der Unterkunft an der Gorch-Fock-Straße möglichst viele Familien einziehen würden. Gleichzeitig hält er allerdings die Möglichkeiten der Anwohner, solche Wünsche durchzusetzen, für begrenzt. Dazu stünde die Stadt zu sehr unter dem Druck, kurzfristig vielen Menschen ein Obdach zu gewähren, sagt der Grünenpolitiker. „Wenn ein Heim für Flüchtlinge in einem Wohngebiet entsteht, gibt es immer Probleme. Die Politik muss auf die Bürger eingehen, dann können auch Freundschaften entstehen zwischen Anwohnern und Flüchtlingen“, sagt er.

Anwohner sorgen sich um die Flüchtlinge

Ariane Müller-Ressing vom Arbeitskreis Flüchtlinge bewertet die Reaktionen der Anwohner der neuen Unterkunft als wenig aufgeregt. Es gebe zwar viele Gespräche, aber Ängste würden nicht geäußert, sagt sie. Die Anwohner, mit denen sie gesprochen habe, würden sich eher Sorgen um die Flüchtlinge machen, sagt sie. Allerdings vermutet Müller-Ressing, dass wohl niemand bei ihr anrufen würde, der grundsätzlich gegen eine Unterbringung von Flüchtlingen sei. Müller-Ressing verweist darauf, dass sich 53 neue Freiwillige gemeldet hätten, die sich um die Neuankömmlinge kümmern wollen. Auch sie teilt den Eindruck der Politik, dass sich eine Unterbringung von Familien an der Gorch-Fock-Straße empfiehlt. Insgesamt gibt sich Müller-Ressing zuversichtlich. „Ich bin schon ein bisschen stolz auf den Bezirk“, sagt sie.