Die Waldschule plant den Bau einer Grundschule, die auch für Diabetikerkinder geeignet ist. Doch das Vorhaben der Stadt, eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen, gefährdet den Plan. Denn nun muss die Waldschule entscheiden, ob sie das für die Grundschule vorgesehene Areal doch für eine eigene Turnhalle nutzt.

Degerloch - Der Leiter der Waldschule, Kai Buschmann, nennt es eine „Win-win-Situation“, die nun droht, der Schule verlustig zu gehen. Der Anglizismus umschreibt, dass alle Beteiligten von einer Lage profitieren und am Ende glücklich sind. So hätte es kommen sollen, wenn die Sporthalle auf der Waldau wie ursprünglich geplant, gebaut worden wäre. Dann hätte die Schule ihren Sportunterricht dort abhalten können, während ein einst für eine kleine Turnhalle reservierter Platz am Keßlerweg für ein anderes Projekt genutzt werden könnte: Die Privatschule plant bereits seit einiger Zeit, eine Grundschule im Ganztagesbetrieb zu eröffnen, die den besonderen medizinischen Bedürfnissen von Diabetikern entspricht.

 

Nun könnte es anders kommen. Die Stadt will auf dem TSG-Tennenplatz Wohncontainer für Flüchtlinge aufstellen. Damit wird erst einmal nichts mit der Sporthalle auf der Waldau. Für die Waldschule bedeutet das, dass sie wählen muss, ob sie das Gelände am Keßlerweg nun für eine neue Turnhalle verwendet oder auf diese verzichtet und weiter die Pläne für eine Diabetikergrundschule verfolgt.

Schulleiter setzt auf Bau der Sporthalle

Bei Kai Buschmann klingt es so, als wolle er diese Entscheidung am liebsten nicht treffen. „Ich glaube immer noch, dass die Stadt eine andere Lösung für die Conatiner findet und dass die Sporthalle kommt“, sagt Buschmann.

Er kann sich auf den Rückhalt der Bezirksbeiräte verlassen. Die Lokalpolitiker hatten sich in ihrer jüngsten Sitzung einstimmig gegen den von der Stadt favorisierten Standort für die drei Flüchtlingscontainer ausgesprochen. Sie fordern, dass die Sporthalle wie ursprünglich geplant realisiert wird.

Waldschule will Inklusion gewährleisten

Für seine Schule wäre eine Grundschule, die für Diabetiker geeignet ist, eine interessante Erweiterung, erklärt der Schulleiter. „Wir verfolgen als Schule einen Montessori-Ansatz. Jeder soll im eigenen Takt lernen. Das ist für Diabetikerkinder, die erst lernen müssen, mit ihrer Krankheit umzugehen, genau richtig“, sagt er. An der Grundschule sollen nur zehn bis zwanzig Prozent der Kinder Diabetiker sein, erklärt der Leiter der Waldschule. „Wir wollen keine Schwerpunktschule sein“, sagt Buschmann. Das würde auch dem Inklusionsgebot widersprechen, das vorsieht, Kinder mit oder ohne Handicap gemeinsam zu unterrichten. Allerdings sollen die Lehrer an der geplanten Schule geschult werden im Umgang mit Diabetikerkinder.

Jemand im Personal soll auch in der Lage sein, bei Unterzuckerung eine sogenannte Notfallspritze mit Glukagon zu geben. Das Hormon der Bauchspeicheldrüse ist ein Gegenspieler des Hormons und lässt den Blutzuckerspiegel wieder ansteigen.

Zahl der Betroffenen steigt

Außerdem soll es an der Schule eine Diätassistenz geben. Sie soll darauf achten, dass die Mensa der Schule für Diabetiker geeignetes Essen zubereitet. Die Grundschule soll laut bisherigen Planungen 2018 fertig sein. Jetzt muss wegen den Containern für die Flüchtlinge über die Pläne noch einmal gesprochen werden. Buschmann verweist auf den steigenden Bedarf an Schulplätzen, die den Anforderungen von Kindern mit Diabetes gerecht werden. „Seit Jahren steigen die Zahlen von Kindern mit Diabetes“, sagt der Schulleiter. Im Olgahospital werden Kinder mit Diabetes in Stuttgart behandelt. Dort wird die Zahl der in Stuttgart an der Stoffwechselerkrankung leidenden Kinder auf 70 geschätzt. Petra Beißwenger von der Diabetes-Initiative Stuttgart bestätigt aber, dass Diabetes I im Kinderalter zunimmt. Über die Gründe dafür gebe es nur Theorien. Die Ernährung hat auf Diabetes I nach Stand der Forschung keinen Einfluss.

Beißwenger begrüßt die Initiative der Waldschule. Sie sollte die Grundschule aber als Pilotprojekt verstehen, sagt sie. „Unser Ziel lautet, dass Kinder mit Diabetes ihre Schulen vor Ort besuchen können“, sagt sie. Im Grundschulalter hätten Diabetiker viel zu tun mit dem Krankheitsmanagement. Da könne eine besondere Betreuung nützlich sein, sagt Beißwenger. Auf der anderen Seite könnte diese jede Schule in der Landeshauptstadt leisten, wenn etwa Lehrer ein vorhandenen Fortbildungsangebot am Olgahospital wahrnehmen würden. Viele Lehrer hätten Hemmungen im Umgang mit kranken Kindern. „Da kann Aufklärung etwas ändern“, sagt sie.

Das Projekt auf der Waldau hält Beißwenger deshalb für wichtig. „Es wäre schade, wenn das nicht klappen würde.“