Ende Juli sind mehr als 200 Flüchtlinge in eine Unterkunft an der Württembergstraße gezogen. In ihrem neuen Heim fühlen sich die Flüchtlinge offenbar recht wohl.

Untertürkheim - Vom Hof der neuen Flüchtlingsunterkunft am Fuße des Württembergs ist lautes Kinderlachen zu hören. Ein kleiner Junge dreht mit einem Spielzeugtraktor seine Runden. Mütter sehen ihren Kindern beim Spielen zu. Männer stehen beisammen und unterhalten sich. Auf den ersten Blick wirkt das Treiben ganz ruhig und fröhlich. Doch viele der Menschen, die nun in der Flüchtlingsunterkunft in Untertürkheim leben, haben Schlimmes hinter sich. Sie alle sind aus ihren Heimatländern vor Krieg und Gewalt geflohen.

 

Bis vor Kurzem waren die Menschen in Interimsunterkünften in Hedelfingen, Obertürkheim, Sillenbuch oder am Fasanenhof untergebracht. Ende Juli folgte schließlich der Umzug in die Systembauten an der Württembergstraße. Dort leben nun 213 Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und dem Irak. 35 Personen davon sind alleinstehend, alle anderen Bewohner sind Familien. Insgesamt wohnen derzeit 100 Kinder und Jugendliche unter 25 Jahren an der Württembergstraße.

Keine Probleme mit den Anwohnern

„Inzwischen gehen alle schulpflichtigen Kinder zur Schule, drei davon ins Gymnasium“, sagt Carolin Rahn von der AWO Stuttgart, dem Träger der Flüchtlingsunterkunft. Die kleinen Kinder seien – bis auf sieben – alle in Kitas untergebracht. Und für die Erwachsenen gebe es in- und außerhalb der Flüchtlingsunterkunft Deutsch-Kurse. Die meisten Menschen, so Rahn, hätten auch Lust die deutsche Sprache zu lernen.

Mit den Nachbarn und Bürgern in Untertürkheim gibt es offenbar keine Probleme. Das war bei der Planung der neuen Flüchtlingsunterkunft nicht selbstverständlich. Schließlich hatten sich einige Bürger gegen das Flüchtlingsheim ausgesprochen. Die damaligen Ängste und Sorgen scheinen jedoch keine Rolle mehr zu spielen. „Wir haben ein ziemlich gutes Verhältnis zu den Anwohnern und wir bekommen viel Unterstützung vom Flüchtlingsfreundeskreis im Bezirk“, erklärt Theresa Kern, die für die AWO vor Ort arbeitet. Auf dem Gelände des benachbarten Sportvereins TBU könnten die Menschen gratis Sport treiben. „Vor allem die Kinder spielen dort oft Fußball“, so Kern. Eine Privatperson habe den Flüchtlingen einen Garten zur Nutzung zur Verfügung gestellt. „Und die Weingärtner aus Untertürkheim und Rotenberg haben angeboten, den Flüchtlingen zu zeigen, wie Wein gemacht wird und wie die Weinlese abläuft.“

Die Flüchtlingsunterkunft ist „kein Hotel“

Auch Dominik Blacha, der seitens der Stadt Stuttgart für die Unterkunft an der Württembergstraße zuständig ist, lobt die gute Nachbarschaft in Untertürkheim. Bei der Stadt habe man bislang keinerlei Beschwerden bekommen. „Wir haben zwar wegen Bedenken der Bürger vorsorglich einen Wachdienst für die ersten Monate beauftragt“, so Blacha. „Der war aber eigentlich nicht notwendig und wird im Oktober auch wieder abgezogen.“

Um das Verhältnis mit der Nachbarschaft so gut wie möglich zu gestalten, hat die AWO bereits vor dem Einzug der Flüchtlinge einen Tag der offenen Tür organisiert. Das Interesse der Bevölkerung war offensichtlich groß. „Es waren fast 300 Leute da, die sich alles angeschaut haben“, sagt Georg Ceschan, der bei der AWO die Abteilung Migrationsdienste leitet. „Dabei haben viele gesehen, dass die Flüchtlinge hier zu dritt auf 14 Quadratmetern leben und dass das hier kein Hotel ist, sondern sehr beengt zugeht.“

Die Menschen haben den Wunsch nach Sicherheit

Diese Enge ist auch für die Flüchtlinge eine neue Erfahrung, mit der sie lernen müssen umzugehen. Der 51-jährige Saad al Saadi lebt mit seiner Frau und den drei Kindern seit einem Jahr in Stuttgart. In seiner Heimat, dem Irak, erzählt er, habe er alles gehabt – ein Haus, ein eigenes Geschäft und genügend Platz für die Familie. In Deutschland sah das jedoch ganz anders aus: Zunächst war die Familie in einer Turnhalle untergebracht. „Dort war es wirklich schwer für uns, jetzt ist die Situation besser“, sagt Saad al Saadi. „Aber das wichtigste ist, dass wir hier in Sicherheit sind.“

Der tiefe Wunsch nach Sicherheit war auch für den 30-jährigen Salahiddin aus Syrien der Antrieb, nach Deutschland zu fliehen. In seiner Heimat war er bei einer Versicherung beschäftigt. Dank seiner guten Englischkenntnisse unterstützt er jetzt die AWO-Mitarbeiter als Dolmetscher. Und weil er beim Übersetzen viel über die Arbeit der AWO gelernt hat, kann er sich nun sogar einen Job als Sozialarbeiter vorstellen. „Ich würde gerne in meine Heimat zurück, aber jetzt will ich mir hier ein neues Leben aufbauen“, sagt der 30-Jährige. „Ich wünsche mir nur einen Job und ein Haus, dann wäre ich glücklich.“

Treffen des Freundeskreises Flüchtlinge Untertürkheim

Wer die Flüchtlinge unterstützen möchte, ist zum nächsten Mitgliedertreffen des Freundeskreises in Untertürkheim eingeladen. Das Treffen findet am Mittwoch, 21. September, 19 Uhr in der Gaststätte Luginsland, Fellbacher Straße 143, statt. Dabei wird eine Zwischenbilanz gezogen und über die weitere Arbeit gesprochen.