Der Landkreis verkauft einige Flüchtlingsunterkünfte – auch die unbenutzte Anlage in Warmbronn.

Weil der Stadt - Seit rund drei Jahren reiben sich die Leute verwundert die Augen, wenn sie an den Containern in Warmbronn vorbeifahren. Eine komplett ausgestattete Flüchtlingsunterkunft hatte das Landratsamt Böblingen im Mai 2016 dort aufgestellt. Selbst Kühlschränke und Waschmaschinen stehen schon drinnen und wären zum Betrieb bereit. Allein: Gewohnt hat dort bis jetzt noch niemand.

 

Jetzt ist klar: Dort wird auch nie jemand wohnen – zumindest nicht an dieser Stelle. Der Landkreis hat eine Käuferin gefunden. Die Stadt Böblingen hat Interesse. Am 9. Oktober entscheidet der dortige Gemeinderat, ob man die Warmbronner Container kauft, sie ab- und auf eigenem städtischen Gebiet wieder aufbaut. Auch für kreiseigene Container, die derzeit noch in Weil im Schönbuch stehen, gibt es eine Käuferin: Diese Anlage geht nach Weil der Stadt.

„Das ist für uns Städte eine Chance“

„Der Landkreis fährt seine Kapazitäten zurück“, stellt in dieser Woche der Weil der Städter Bürgermeister Thilo Schreiber (CDU) in einer Gemeinderatssitzung fest. „Das ist für uns Städte eine Chance, an fast neue Anlagen zu kommen.“ Seit etwa einem halben Jahr sei man mit der Kreisverwaltung in Kontakt und überlegt die Übernahme einer Anlage. „Wir brauchen diese Unterkunft ganz dringend“, sagt Schreiber. „Und dieses gute Angebot ist schnell zu realisieren.“

Im Gegenzug soll ein anderer Plan abgeblasen werden. Im September 2017 hatte der Weil der Städter Gemeinderat beschlossen, einen massiven Neubau als Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Auf 3,2 Millionen Euro war dieses Projekt für 84 Bewohner geschätzt. Bei den heutigen Baupreisen würde das mindestens 3,6 Millionen kosten. Diesen Beschluss hat die Verwaltung allerdings bis jetzt nicht umgesetzt. „Angesichts der hohen Kosten war uns allen damals nicht wohl“, bekennt Schreiber. „Ich denke, es ist richtig, dass wir uns deshalb jetzt zwei Jahre später nochmals mit dem Thema befassen.“

Für nur 950 000 Euro bekommt die Stadt vom Landkreis die Container aus Weil im Schönbuch – inklusive Ab- und Aufbau und dem Fundament. Die finanziell klamme Stadt spart also erheblich Geld ein. In der Benzstraße im Industriegebiet, neben dem dortigen bestehenden Flüchtlingsheim, sollen die Container aufgestellt werden. Drei Stockwerke hoch will die Stadt die Container aufstapeln. „Die Anlage bietet die Möglichkeit, die Räume im Inneren so zusammenzulegen, dass wir auch Familien darin unterbringen können“, erklärt der Beigeordnete Jürgen Katz.

Forderung nach mehr sozialem Wohnraum

„Gott sei Dank haben wir zwei Jahre ins Land gehen lassen“, bewertet der Freie-Wähler-Fraktionschef Jürgen Widmann den Plan, die Container zu übernehmen und kein richtiges Haus zu bauen. Container aufstellen geht schnell, ergänzt der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Buhl. „Die Preise beim Bau gehen steil nach oben, deshalb ist das ein gangbarer Weg.“ Der SPD-Stadtrat Josef Weber fordert, dennoch mehr sozialen Wohnraum in der Stadt zu schaffen. „Die Leute, die hierher kommen, tun dies aus Not. Die Anlage ist nur eine Notunterkunft.“ Kritisch äußert sich der Stadtrat Armin Bär (Freie Wähler). „Da wird man doch wahnsinnig“, sagt er mit Blick auf die Fotos aus dem Inneren der Container. „Wie sollen Flüchtlinge da ankommen in Deutschland?“ Bei der Gegenstimme von Armin Bär und einer Enthaltung von Antonia Hildebrand (Grüne) stimmt der Gemeinderat am Ende der Debatte mit großer Mehrheit dafür, den Neubauplan zu verwerfen und die Container zu kaufen.

153 Flüchtlinge leben derzeit in Weil der Städter Unterkünften. In den Jahren 2020 und 2021 rechnet die Stadtverwaltung damit, jeweils etwa 40 zusätzliche Menschen unterbringen zu müssen. Etwa 80 Personen können in der neuen Containeranlage wohnen.