Ein Friedensaktivist verteilt vor der Oberndorfer Waffenschmiede Heckler & Koch Flugblätter. Das Rottweiler Landratsamt hält sie für illegal und kassiert sie ein. Zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht in Freiburg findet.
Freiburg/Rottweil - Das Rottweiler Landratsamt hat vor dem Freiburger Verwaltungsgericht eine peinliche Niederlage einstecken müssen. Die Behörde habe das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung missachtet, als sie bei einer Protestaktion vor dem Firmensitz des Waffenherstellers Heckler & Koch in Oberndorf Flugblätter beschlagnahmt habe, erklärte das Gericht. Auch die Polizei, die mit der Beschlagnahme beauftragt worden war, wurde gerüffelt.
Als hohes Gut sei die freie Meinungsäußerung immer wieder bedroht, wie ein Blick in die Türkei oder nach Russland zeige, sagte der Richter. Die Frage von illegalen Waffenexporten sei von so hohem öffentlichen Interesse, dass die Flugblätter hätten hingenommen werden müssen. „Ich bin sehr erleichtert“, sagte Theisen. Das Gericht stelle klar, dass die Grundrechte auch in allen Ecken des ländlichen Raums gelten müssten, sagte Roland Blach, Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft. Ein Sprecher des Landratsamtes begrüßte, „dass wir jetzt Rechtssicherheit haben“. Ob gegen das Urteil Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim eingelegt werde, müsse nach Eingang der schriftlichen Urteilsbegründung entschieden werden (Az.: 1 K 3529/16, 1 K 3746/16 und 1 K 3639/17).
Auch die Rottweiler Staatsanwaltschaft war wegen der Flugblätter gegen Theisen vorgegangen. Nach einer Verteilaktion im März 2016 hatte sie gegen den 53-Jährigen einen Strafbefehl wegen der Anstiftung zum Geheimnisverrat erwirkt. In der vergangenen Woche zog sie ihren Antrag zurück – einen Tag, ehe Theisens Einspruch gegen den Strafbefehl vor dem Amtsgericht hätte verhandelt werden sollen.