Sicherheitskräfte von United Airlines haben in den USA einen Passagier gewaltsam aus dem Flugzeug gezerrt. Der Flug war überbucht. Viele Reisende weltweit fragen sich nun: Was darf eine Fluggesellschaft im Fall einer Überbuchung tun und was nicht?

Frankfurt - Es ist nicht das erste Mal, dass die amerikanische Fluggesellschaft United Airlines, ein Star-Alliance-Partner der Lufthansa, mit einer sehr umstrittenen Aktion die Fluggäste weltweit verärgert. Erst Ende März verboten die Mitarbeiter von United zwei Teenagern den Zutritt in eines ihrer Flugzeuge, weil die beiden Mädchen Leggings trugen, also aus Sicht der Angestellten nicht anständig gekleidet waren. Und nun das: Die Fluggesellschaft hatte einen Flug von Chicago nach Louisville (Kentucky) überbucht und suchte nach Passagieren, die gegen eine Entschädigung bereit waren, den Flieger wieder zu verlassen. Die Passagiere sollten Platz machen für eine United-Crew, die für einen Flug am nächsten Morgen in Louisville eintreffen musste.

 

Den vier Freiwilligen, die eine Nacht länger in Chicago bleiben würden, habe die Fluggesellschaft eine kostenlose Hotelübernachtung sowie mindestens 400 Dollar Prämie geboten. Da sich aber kein Freiwilliger gemeldet habe, seien Passagiere per Zufall von einem Computer ausgewählt worden. Der später gewaltsam hinausgezogene Passagier ging nicht auf das Angebot ein, mit der Begründung, er sei Arzt und müsse am nächsten Tag Termine mit Patienten in Louisville einhalten. Der Fall löst bei Fluggästen viele Fragen aus, von denen einige im Folgenden beantwortet werden.

Was tun bei Überbuchung?

Dass Flüge überbucht sind, ist keine Seltenheit, sondern gängige Praxis. Ähnlich wie auch bei Hotels gehen auch die Fluggesellschaften davon aus, dass ein bestimmter Anteil der Passagiere nicht wie gebucht erscheint. Meistens geht das gut. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, habe es im vergangenen Jahr bei den zwölf größten amerikanischen Fluggesellschaften rund 40 000 Fälle gegeben, in denen Passagiere unfreiwillig den Flieger wieder verlassen mussten – Tendenz fallend. Gewöhnlich ist es dann mit einer Entschädigung, kostenlosen Umbuchung und der eventuell nötigen Übernachtung getan.

Wie gehen die Fluggesellschaften damit um?

Zunächst wird nach Passagieren gesucht, die freiwillig von dem Flug zurücktreten, heißt es beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Sie würden dann auf eine andere Maschine umgebucht. Je nach Entfernung und der Dauer bis zum nächsten Flug gibt es dafür auch Geld. Sollte der nächste Flug erst am nächsten Tag gehen, zahlt die Fluggesellschaft auch eine Hotel-Übernachtung. Die Einzelheiten regelt eine EU-Verordnung. „Der Passagier hat zusätzlich die Möglichkeit, auf einen späteren Flug umgebucht zu werden oder sich den Ticketpreis zurückerstatten zu lassen“, sagt Carola Scheffler vom BDL.

Was machen die Fluggesellschaften, wenn sich nicht genug Freiwillige finden?

Dann wird der Zeitpunkt des Check-Ins der Fluggäste berücksichtigt, wie Lufthansa-Sprecherin Anja Lindenstein sagt. Dabei gilt: „Je eher, desto besser.“ Die Fluggesellschaft spreche mit einzelnen Gästen und versuche, eine individuelle Lösung zu finden. Das Problem werde auf jeden Fall am Gate gelöst, bevor die Passagiere einsteigen, betont Lindenstein. Ob es dabei bereits einmal zu Handgreiflichkeiten verärgerter Reisender kam, sei ihr nicht bekannt.

Welche Rechte hat ein Passagier in Europa?

Die EU-Fluggastrechte sind relativ kundenfreundlich ausgearbeitet. So gibt es bis zu 600 Euro Entschädigung, wenn ein Langstreckenflug mehr als drei Stunden verspätet ist, der Flug ganz gestrichen wird oder ein Umweg dazu führt, dass der Kunde mehr als drei Stunden später an seinem Ziel ankommt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Flug entweder in einem EU-Staat beginnt oder dort endet.

Und welche Rechte außerhalb der EU?

Weltweit gibt es noch keinen einheitlichen Standard. 2004 hat man sich in Montreal auf allgemein gültige Fluggastrechte verständigt. Dabei geht es um Passagierrechte bei Schäden, die während des Flugs entstehen. Die Regelungen und Bedingungen kommen in den meisten Ländern zur Anwendung. Möglicher Schadenersatz für Personen-, Gepäck- oder Frachtschäden kann nach diesem Recht nur bei den ausführenden Fluggesellschaften geltend gemacht werden.