Anders als die CDU/FDP-Vorgängerregierung erkennt Grün-Rot keinen Sinn darin, Millionen für die Entwicklung des Luftverkehrs auszugeben. Die Koalition befindet sich in guter Gesellschaft, denn die rückhaltlose Unterstützung defizitärer Regionalflughäfen gilt als Auslaufmodell.

Stuttgart - Die 22 deutschen Regionalflughäfen sind in der Krise – und das nicht erst seit gestern. Seit Jahrzehnten werden sie mit Hunderten Millionen Euro an Steuergeldern meist künstlich am Leben gehalten. Die kleinen Luftfahrtstandorte waren einst vornehmlich für Geschäftsreisende gedacht, dann wollte man Linienflüge haben. Doch die abseits der großen Städte gelegenen Regionalflughäfen werden vornehmlich von Billigfliegern wie Ryanair frequentiert. Die bringen zwar viele Charterpassagiere, doch wirtschaftlich nutzt das meist wenig.

 

Das Geschäftsmodell von Ryanair basiert darauf, sich von der öffentlichen Hand subventionieren zu lassen und obendrein die Flughafenentgelte auf ein kaum noch erträgliches Maß zu drücken. Begehrt eine Provinzstadt wie im Jahr 2010 Friedrichshafen dagegen auf, ziehen die Iren wie marodierende Raubritter einfach weiter zum nächsten Dorf mit Flugplatz. Gewinne machen diese Standorte so selten, wie es wahrscheinlich ist, dass es im Mai schneit.

Betrieb läuft meist defizitär

In Baden-Württemberg läuft der Betrieb des Baden Airport und des Flughafens Friedrichshafen meistens defizitär. Friedrichshafen konnte zuletzt nur durch eine Finanzspritze von zehn Millionen Euro vor der Insolvenz gerettet werden. Liebend gerne würde sich die grün-rote Landesregierung ganz aus der Flughafenförderung verabschieden und Schluss machen mit der Förderitis, die unter CDU-Ägide jahrzehntelang grassierte. Der Luftverkehr müsse seine Kosten grundsätzlich selbst erwirtschaften, hat sie in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben und das Flugplatzförderprogramm 2012 offiziell eingestellt. Aber so schnell geht das offenbar nicht.

> Beim Baden-Airport ist das Land, das über den Flughafen Stuttgart mittelbar beteiligt ist, verpflichtet, bis 2015 jährlich 5,85 Millionen Euro zuzuschießen.

> Beim Flughafen Friedrichshafen war 2011 eine Finanzspritze von fünf Millionen Euro fällig.

> Bis dahin hatte der Staat den Flughafen Friedrichshafen, an dem er einen Anteil von 12,44 Prozent hält, mit 28 Millionen Euro unterstützt. Seit 1996 sind an den Baden Airpark 88 Millionen Euro geflossen.

Obwohl Regionalflughäfen bei Experten und Analysten etwa der Deutschen Bank als Milliardengräber gelten, stehen sie bei der Union weiter hoch im Kurs. CDU-Landtagsabgeordnete rügen in Parlamentarischen Anfragen die grün-rote Streichpolitik und rühren für die Regionalflughäfen die Trommel.

Die Flugplatzförderung ist der EU-Wettbewerbsbehörde ein Dorn im Auge. Sie prüft, ob bei den sechs Flughäfen in Altenburg/Thüringen, Dortmund, Hahn, Lübeck, Saarbrücken und Weeze/Nordrhein-Westfalen unzulässige Subventionen geflossen sind. Ohne die Steuermillionen aber wären die Regionalflughäfen im Bund und auch im Land wohl nie durchgestartet.

Wir haben die Flughäfen im Land unter die Lupe genommen.

Verkehslandeplatz Mannheim – Vor allem Geschäftsflüge

Der Flugplatz in Mannheim wurde 1926 eröffnet, schon ein Jahr später flog die Lufthansa von dort nach Stuttgart, Frankfurt, Hamburg und Berlin. Von 1945 bis 1957 war der Platz ganz stillgelegt. Erst 1999 wurde wieder ein Linienflugverkehr nach Hamburg und Berlin etabliert; bis zur Insolvenz der Cirrus-Airline 2011 zählte man jährlich bis zu 122.000 Passagiere. Seither ist die Zahl auf 82.000 gesunken.

Die Rhein-Neckar Flugplatz GmbH gehört zu 60 Prozent der Stadt Mannheim, zu 25 Prozent dem Land und zu 15 Prozent den Städten Ludwigshafen und Heidelberg. Die Suche nach einem neuen Linienflieger verlief bisher vergebens. Da die Landebahn relativ kurz ist, können nur kleine Passagiermaschinen dort landen. Der Schwerpunkt des City-Airports liegt daher auf den Geschäftsflügen. 19 große Firmen – von Bauhaus bis SAP – haben ihre Firmenjets hier stationiert. Insgesamt stehen 145 Flugzeuge in Mannheim. Seit dem Ende des Linienflugs, der einen ausgeglichenen Haushalt gewährleistet hatte, fehlen jährlich 900.000 Euro an Einnahmen. (joe)

Baden-Airport – Nummer 2 im Land

Gegründet 1951, zunächst als französischer, dann kanadischer Nato-Militärflugplatz bei der Gemeinde Rheinmünster-Söllingen unweit von Baden-Baden startete der Baden Airport mit dem Abzug der Kanadier im Jahr 1993 durch. Ein Jahr später übernahm ein Konsortium um die Firma Flowtex des Millionenbetrügers Manfred Schmider das Konversionsareal. 1996 begann der Flugbetrieb. Der Flughafen und das dazugehörige Gewerbegebiet wurden bis zur Verhaftung Schmiders im Februar 2000 mit 40 Millionen Euro aus der Flowtex-Firmenkasse hochgepäppelt.

Nach der Pleite stieg im Juni 2000 der Flughafen Stuttgart mit einer Zweidrittelmehrheit beim zweitgrößten Flughafen im Land ein. 2003 nahm die Billigfluglinie Ryanair den Flugbetrieb auf. Die Passagierzahlen explodierten von knapp 190.000 (2001) auf heute fast 1,3 Millionen Fluggäste. Wirtschaftlich aber ist der Baden Airport eher im Sinkflug. Meist werden rote Zahlen geschrieben. Nach 2011 (Minus 3,7 Millionen Euro) gab es auch 2012 mit 2,7 Millionen Euro erneut ein negatives Ergebnis. (wom)

Euro Airport Basel-Mulhouse-Freiburg – Südbadens Tor zur Welt

Er liegt auf französischem Territorium und wird von Frankreich und der Schweiz betrieben. Der Euro Airport (EAP) ist der größte Flughafen der Region mit der besten internationalen Anbindung. Eröffnet wurde er am 8. Mai 1946. Seit 1987 ist auch Freiburg offizieller Namensbestandteil, doch die südbadische Vertretung im Verwaltungsbeirat und im trinationalen Beirat ist eher symbolisch und nicht mit Stimmrecht verbunden, Geld aus Baden-Württemberg steckt nicht im EAP. Für die Schweiz aber ist der EAP der drittgrößte Airport nach Zürich und Genf. Passagiere5,3 Millionen

Passagier- und Frachtflüge gehen in 30 Länder, 20 Fluglinien bieten je nach Saison täglich 80 bis 100 Linienflüge an. Die 5,3 Millionen Passagiere sind so an die internationalen Drehkreuze Amsterdam, Frankfurt, London, München, Paris und Wien angeschlossen. Es stehen zwei Start- und Landebahnen zur Verfügung. Die lange Piste ist ausgewiesener Notlandeplatz für Spaceshuttle-Raumfähren. Das Frachtaufkommen liegt bei 94 000 Tonnen. Auf dem Flughafen arbeiten mehr als 300 Menschen. (sie)

Flughafen Friedrichshafen – Ältester Flughafen im Land

Der Flughafen Friedrichshafen, 1913 von Graf Zeppelin gegründet, ist nach Hamburg der zweitälteste Landeplatz in Deutschland. Schon 1915 flogen hier Luftschiffe ab. Durch die Flugzeug-, Motoren- und Rüstungsfirmen Dornier, Maybach, ZF und Zeppelin Luftschiffbau erhielt der Flugplatz weitere Bedeutung. Von 1945 bis 1992 nutzten die Franzosen den Luftbahnhof. 1994 wurde Friedrichshafen Regionalflughafen. 1998 übernahm die Flughafen Friedrichshafen GmbH, ein Konsortium aus Stadt, Kreis und den großen Firmen, das Areal. Das Land hält einen Anteil von 12,44 Prozent.

Im Mai 2007 wurde der Flughafen Wien mit 25,15 Prozent Mehrheitsgesellschafter, verbindet aber kein erkennbares strategisches Ziel mit dem Einstieg. Wirtschaftlich war Friedrichshafen nie erfolgreich. Die Passagierzahlen brachen ein, als 2010 Ryanair nach Memmingen ging. 2011 wurde ein Verlust von 2,7 Millionen Euro erzielt. Man trägt schwer an Altschulden von 31,5 Millionen Euro. Um eine Insolvenz abzuwenden, brachten die kommunalen Träger zehn Millionen Euro auf. (wom)

Memmingen – Neuling in der Krise

Der Regionalflughafen an der bayerisch-baden-württembergischen Grenze ist gerade mal sechs Jahre alt und steckt in einer massiven Krise. Knapp 17 Millionen Euro hatten 70 Gesellschafter, die überwiegend aus der Wirtschaft kommen, zur Gründung eingebracht; der Freistaat Bayern hatte noch einmal gut sieben Millionen draufgelegt.

Richtig auf die Beine kam der Allgäu Airport, der von der Fluggesellschaft Ryanair keck als „Munich-West“ vermarktet wurde, bisher nicht. 2011 mussten Teilhaber weitere private Darlehen nachschießen, um die Liquidität der Flughafengesellschaft zu sichern. Der Jahresverlust 2011 lag bei gut zwei Millionen Euro. Die Gesamtschuldenlast betrug zuletzt 13,6 Millionen Euro. Dazu kratzt am Image der Anlage die Pilotenvereinigung Cockpit, die Memmingen 2012 den Titel des unsichersten Flughafens der Republik verlieh. Trotz allem: kürzlich wurde die Ausweitung der Betriebszeiten um eine Stunde bis 23 Uhr genehmigt. Und für 15 Millionen Euro soll auch die Infrastruktur des Flughafens weiterausgebaut werden. (rub)

Black Forest Airport Lahr – Seit Jahren im Sinkflug

Der „Black Forest Airport“ in Lahr (Ortenaukreis), unmittelbar an der A 5 ist ein Sonderflugplatz für Luftfracht und eingeschränkter Passagierlizenz für Besucher des Europaparks. Er ist zugelassen für Flugzeuge und Hubschrauber bis zu 20 Tonnen. Derzeit sind nur Starts und Landungen mit 14 Tonnen Gewicht und vorheriger Anmeldung möglich. Lahr wurde für Staatsbesuche genutzt, zum Beispiel für den Besuch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010.

Nach 1945 stand der Flugplatz unter französischem, dann unter Nato-Kommando, ab 1966 war er Horst der kanadischen Luftwaffe. Nach deren Abzug 1991 übernahmen in raschem Wechsel mehrere Betreibergesellschaften den zivilen Luftverkehr. Eine Passagierlizenz verweigerte die Landesregierung 2002. Derzeit ruht der Flugverkehr. Die Betreibergesellschaft hat 2013 Insolvenz angemeldet. Sie war mit dem Plan gescheitert, eine Flugverbindung mit Westafrika einzurichten. Der Landeplatz wird derzeit interimistisch von dem Bohrmaschinenunternehmer Martin Herrenknecht betrieben und benutzt. (sie)