Als Regierungschef des Landes Brandenburg wendet sich der Aufsichtsratsvorsitzende Matthias Platzeck überraschend gegen Nachtflüge und irritiert Berlin wie den Bund.

Berlin - Kaum ist Matthias Platzeck neuer Aufsichtsratschef für den Berliner Großflughafen, da holt er zum Schlag gegen das Projekt aus – so jedenfalls könnte man die neueste Volte des brandenburgischen Ministerpräsidenten interpretieren: Platzeck kündigte überraschend an, sich für ein verschärftes Nachtflugverbot in Brandenburg zwischen 22 und 6 Uhr einsetzen zu wollen. Mit Fassungslosigkeit und Ärger reagierten Berlin und der Bund als Mitgesellschafter auf diese Nachricht. Bisher war eine Flugpause zwischen Mitternacht und 5 Uhr Konsens. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte eine Klage von vier Anrainergemeinden dagegen abgeschmettert und die Regelung bestätigt.

 

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der gerade erst vom Amt des Aufsichtsratschefs zurückgetreten ist, warnte Platzeck in einer heftigen Reaktion davor, „die gemeinsame Grundlage für die Entwicklung des neuen Flughafens zu zerstören“. Die Gesellschafter waren bisher strikt gegen das erweiterte Nachtflugverbot, das die Funktion des Flughafens als internationales Drehkreuz unmöglich machen würde.

Spaltung in der Gesellschaft vermeiden

Aber nun hat der erfolgsverwöhnte Platzeck, der gerne auch nach der Landtagswahl 2014 Ministerpräsident bleiben möchte, ein Problem: Ein entsprechendes Volksbegehren endete im Dezember erfolgreich. Der Landesvater hätte nun die Situation zu befürchten gehabt, im anschwellenden Wahlkampf einen Volksentscheid zum Nachtflugverbot durchstehen zu müssen und als Aufsichtsratschef des Großflughafens zum „Genosse der Bosse“ zu mutieren. Mit alldem hätte er auch noch dem Koalitionspartner Linkspartei geholfen, sein Profil als Anwalt der kleinen Leute zu schärfen. Da entschied sich Platzeck, das Anliegen zu seinem zu machen. Er erklärt seine Kehrtwende damit, dass er eine „Spaltung in der Gesellschaft“ vermeiden wolle. Er spricht von einem „Zielkonflikt“ zwischen dem Wunsch, einen konkurrenzfähigen Flughafen zu bauen und der Vorstellung der guten Nachbarschaft zu den Anrainern. „Ich werde mich bemühen, Regelungen zu finden, die am Ende für mehr Nachtruhe sorgen.“

Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist derzeit unklar. Ebenso unklar ist, wie Platzeck seine Position als Regierungschef mit seiner Aufgabe als Aufsichtsratschef vereinbaren will. „Tiefste Provinz statt touristisches Trendziel: Ein solcher Imagewechsel droht, wenn am Berliner Flughafen künftig schon um 22 Uhr zwangsweise das Licht ausgeschaltet wird“, sagte der Generalsekretär des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Rabe. Platzeck scheine bereit zu sein, den internationalen Erfolg der Hauptstadtregion als Privat- und Geschäftsreiseziel einigen Wählerstimmen zu opfern. Berlin -