In einer Marathonsitzung ringt der Aufsichtsrat des Großflughafens Berlin um Lösungen: Es geht um die Finanzierung und um Lärmschutz – und vor allem um die Frage, wann das erste Flugzeug starten wird. Zugleich wächst der politische Druck.

Berlin - Ausgerechnet in der Feuerwache des Großflughafens Willy Brandt hat sich am Donnerstag der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft zu seinem ersten Krisentreffen seit acht Wochen versammelt. Seit dem Morgen suchten die politisch Verantwortlichen – Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) sowie der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Rainer Bomba (CDU) gemeinsam mit der Spitze der Flughafengesellschaft nach Auswegen aus dem Desaster. Die Eröffnung des Flughafens war vor drei Monaten überraschend verschoben worden, weil die Brandschutzanlage nicht fertig gestellt werden konnte. Bis Redaktionsschluss drangen keine Nachrichten aus dem Treffen an die Öffentlichkeit.

 

Bei der Sitzung ging es vor allem um die Finanzierung der zu erwartenden Milliardenmehrkosten und um die Frage, wann denn nun das erste Flugzeug vom neuen Großflughafen abheben kann – auch drei Monate nachdem die Eröffnung verschoben wurde, ist es nicht gelungen, einen verlässlichen neuen Termin zu nennen. Das zuletzt genannte neue Eröffnungsdatum – den 17. März 2013 – wurde bereits bei der letzten Aufsichtsratssitzung als unsicher genannt. Inzwischen geht kaum einer mehr davon aus, dass dieser Termin zu halten ist. Medienberichten zufolge wird eher ein Datum im Sommer oder Herbst nächsten Jahres angepeilt, auch über 2014 wird bereits spekuliert. Beobachter erwarteten allerdings auch für Donnerstag keine Entscheidung über einen neuen Termin.

Seriöser Überblick

Grund dafür ist, dass der neue Technikchef Horst Amann erst zum 1. August sein Amt angetreten hat und sich einen seriösen Überblick über die Lage verschaffen möchte, bevor er einen Termin festsetzt. Dies brauche noch Zeit, hieß es aus Gesellschafterkreisen. Sowohl innerhalb der Wirtschaft als auch bei Fluglinien und Gewerbetreibenden will man lieber einen späteren, aber dafür verlässlich planbaren Eröffnungstermin als ein weiteres Risiko. Politisch allerdings wächst der Druck auf die Verantwortlichen, endlich Fakten zu schaffen – denn mit einer weiteren Verzögerungen würden natürlich auch die Kosten erneut deutlich steigen.

Fraglich ist zunächst, wie die bisher errechneten Mehrkosten von bis zu 1,177 Milliarden Euro aufgebracht werden sollen. Vor der Sitzung zeichnete sich bereits ab, dass weiteres Steuergeld in das Prestigeprojekt fließen wird. Die staatliche Betreibergesellschaft hat Schwierigkeiten, neue Kredite zu bekommen. Sie ist nach eigenen Angaben noch bis Jahresende flüssig.

Mehrere Vertreter der schwarz-gelben Regierungskoalition im Bund sprachen sich gestern gegen weitere finanzielle Beteiligung des Bundes aus – was kompliziert werden dürfte, da der Bund neben den Ländern Berlin und Brandenburg einer der drei Gesellschafter des Flughafens ist. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Arnold Vaatz, sagte dem „Tagesspiegel“ : „Solange es bei diesem Delegieren der Verantwortung und dieser Informationspolitik seitens der Mehrheitseigner Berlin und Brandenburg bleibt, darf es kein zusätzliches Geld vom Bund geben. Solch ein Versagen sollte nicht auch noch belohnt werden.“ Zuvor hatten schon FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle und weitere liberale Politiker Staatshilfen abgelehnt. Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus kritisierte die Äußerungen des früheren Wirtschaftsministers Brüderle. Seine Kritik sei wirtschaftspolitisch dumm. Fraktionschef Raed Saleh sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse für Ordnung in der Koalition sorgen. „Der Bund ist einer der drei Gesellschafter. Er muss seiner Verantwortung für das größte Infrastrukturprojekt in Ostdeutschland nachkommen.“