Bayern hält weiter am Bau der dritten Startbahn am Flughafen München fest. Wie die Regierung mit dem Nein der Münchner Bürger zu dem Projekt umgehen will, ist aber nicht klar.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

München - Die Staatsregierung hält am Bau der dritten Bahn ohne Wenn und Aber fest.“ Mit deutlichen Worten reagiert Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil auf das Votum der Münchner zur Flughafenerweiterung und setzt sich damit forsch über den Bürgerwillen hinweg. Denn gut 54 Prozent haben am Sonntag Nein zu dem rund 1,2 Milliarden Euro teuren Projekt gesagt und damit der schwarz-gelben Landesregierung, aber auch dem SPD-Oberbürgermeister Christian Ude eine ebenso herbe wie überraschende Niederlage bereitet. Dass der FDP-Minister Zeil vorprescht und damit Hors Seehofer (CSU) locker abhängt, zeugt von Selbstbewusstsein. Denn gewöhnlich behält sich der Ministerpräsident vor, in der Landesregierung den Ton anzugeben.

 

Der CSU-Chef freilich braucht bis Montag am späten Nachmittag, um die Sprache wiederzufinden. Das Thema werde am Dienstag im Kabinett besprochen, lässt er verlauten, hält einerseits trotzig am Flughafenausbau fest, will aber andererseits das Votum respektieren. Wie beides zusammengehen soll, lässt Seehofer jedoch einstweilen offen. Zwar bindet das Votum nur die Stadt München als einen der Gesellschafter. Da die Gesellschafter aber in diesem Fall einstimmig entscheiden müssen, reicht das Veto der Stadt für eine Blockade. Seehofer hatte schon zuvor mit dem Gedanken geliebäugelt, im Falle einer Ablehnung die nächste Landtagswahl zur Volksabstimmung über den Flughafen zu stilisieren. Doch das wäre riskant. Der CSU-Chef könnte mit dem Versuch, den Bürgerwillen auszuhebeln, womöglich wenig gewinnen, aber sehr viel verlieren.

CSU und FDP schieben Ude den Schwarzen Peter zu

Auch sein Finanzminister Markus Söder betont vorerst nur, es gebe keinen Plan B, aber auch keine Denkverbote. Derweil versuchen die politischen Kontrahenten, Kapital aus der Abstimmung zu schlagen. CSU und FDP schieben Ude den Schwarzen Peter für das Scheitern zu. Der habe sich für das Projekt nicht ausreichend in die Bresche geworfen und sich damit als Ministerpräsident in spe disqualifiziert, schimpfen sie und eröffnen so den Vorwahlkampf. Ude selbst hat seine Niederlage eingeräumt und betont staatsmännisch, selbstverständlich das Ergebnis umzusetzen. Insgesamt sind die Sozialdemokraten ohnehin erleichtert: Ein Konfliktthema bei künftigen Koalitionsverhandlungen mit Freien Wählern und Grünen ist abgeräumt. Die beiden hatten schließlich für ein Nein zur neuen Startbahn gekämpft.

Für viele Münchner klangen die Argumente der Gegner überzeugender, als die der Befürworter. Die hatten vor allem den prognostizierten Zuwachs des Luftverkehrs und die Aussicht auf 11 000 neue Arbeitsplätze ins Feld geführt. Doch bei manchem Einheimischen weckten solche Vorhersagen wohl die Angst vor mehr Zuzug, noch höheren Mieten und mehr Verkehr auf den Straßen. Auch die absehbaren Belastungen für Mensch und Umwelt im Erdinger Moos schien vielen offenbar zu viel des Schlechten. Gleichwohl lässt sich die Deutsche Luftverkehrswirtschaft auch jetzt nicht entmutigen. Sie hofft mit Seehofer, das letzte Wort sei nicht gesprochen.