Der Stuttgarter Flughafen zieht eine positive Bilanz - und rechnet mit fast zehn Millionen Passagieren. Doch einige Probleme trüben die Bilanz.

Stuttgart - Verhalten positiv war die Jahresprognose des Flughafenchefs für 2011 ausgefallen, vor allem die vergleichsweise laue Geschäftsreisesaison im Frühjahr hatte Anlass zur Zurückhaltung gegeben. Nachdem nun vor wenigen Tagen die Halbjahresbilanz gezogen wurde, muss Georg Fundel seine Vorhersagezahlen korrigieren, und zwar nach oben: Knapp sechs Prozent mehr Passagiere als im Vorjahr, nämlich 4,3 Millionen, sind im ersten Halbjahr am Stuttgarter Flughafen abgefertigt worden, und auch die Zahl der Starts und Landungen liegt mit insgesamt 66.500 um knapp 2,5 Prozent höher als noch im Jahr 2010. "Wir sind gut unterwegs und haben deutlich besser abgeschnitten als gedacht", so Fundel.

 

Insgesamt rechnet der größte Airport im Land mit 9,7 Millionen Passagieren in diesem Jahr, was umso beachtlicher sei, so Fundel, da die Experten prognostiziert hätten, "dass die seit Jahresbeginn erhobene Luftverkehrsteuer den erwarteten Verkehrszuwachs für 2011 um etwa ein bis zwei Prozent reduzieren wird". Dies trifft dann auch für den Bodensee-Airport und den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden zu, die in der ersten Jahreshälfte beide einen leichten Passagierrückgang verzeichnen mussten, während von den großen Flughäfen im Land nur Stuttgart zulegen konnte. Im Schnitt seien alle Flugzeuge um rund drei Prozent besser ausgelastet, sagt Fundel.

Neue Flugverbindungen kommen gut an

Einen Grund für den gegenläufigen Trend in Stuttgart sieht der Flughafenchef unter anderem in den beiden neuen Flugverbindungen der Qatar Airways nach Doha und vor allem der United Airlines nach New York, die sehr gut angelaufen sei, so Fundel: "Damit haben wir in unserem Streckennetz zwei weitere interkontinentale Ziele, die zudem attraktive Umsteigeflughäfen für Geschäftsreisende und Urlauber sind."

Negativ ausgewirkt hat sich in den vergangenen Tagen derweil der wiederholt angekündigte bundesweite Streik der Fluglotsen, der zwar doch zunächst während der verordneten Friedenspflicht ausgesetzt wurde, aber allein die Ankündigung würde für große Verunsicherung bei Fluggästen und Urlaubern sorgen, so Fundel. "Jeder, der das hört, überlegt sich zweimal, ob er sich das antun soll." Gerade die Fluglotsen würden ohnehin alle Privilegien des Staates genießen. Mit ihrer Haltung, ihre Forderungen auf dem Rücken der Urlauber im ganzen Land durchsetzen zu wollen, würden sie viel Schaden anrichten, so Fundel. Die ersten, die das zu spüren bekommen würden, seien die Fluglinien. "Aber auch wir sind direkt davon betroffen." Inwieweit auch die aktuelle Währungskrise die Entwicklung im Fluggeschäft beeinflussen könnte, sei momentan noch nicht abzusehen. "Wir gehen weiter von einem Aufwärtstrend aus."

Neuer Mieter: Ernst & Young

Auf einem guten Wachstumskurs sieht sich der Stuttgarter Flughafen zudem auch auf dem Boden, bei der Entwicklung der sogenannten Airport-City, die auf dem ehemaligen Frachthofgelände und weiteren momentan noch bebauten Flächen entstehen soll. Wichtigstes Projekt dabei ist die neue Deutschlandzentrale des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young, das spätestens zum April 2015 mit seinen derzeit 1500 Mitarbeitern vom jetzigen Standort in Weilimdorf an die Flughafenstraße ziehen will. 250.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sind dort geplant, was Platz für mehr als 10.000 Arbeitsplätze schafft.

Mit knapp hundert Millionen Euro ist allein das neue Firmengebäude von Ernst & Young veranschlagt, für das erst jüngst der europaweit ausgeschriebene Architektenwettbewerb mit mehr als hundert Bewerbern abgeschlossen wurde. Wie berichtet, sind von der Jury fünf Preise vergeben worden. Den ersten Platz hat der Entwurf des Stuttgarter Büros Wulf & Partner gemacht, das auch die neue Landesmesse geplant hat. Einen Wimpernschlag dahinter landete das Modell der Berliner Büros Hascher+Jehle, zu dessen Referenzen unter anderem das Kunstmuseum am Schlossplatz gehört. Derzeit laufen Beratungen zwischen der Flughafen GmbH als Bauherr und dem Mieter Ernst & Young, welcher der beiden Entwürfe realisiert werden soll, sagt Fundel. Einerseits müssten alle baulichen Details bewertet werden, zudem aber auch Aspekte wie etwa die wirtschaftlichen Perspektiven. Spätestens Anfang September soll die Entscheidung fallen.