Seit Beginn der Coronapandemie heben am Flughafen Stuttgart deutlich weniger Flieger ab als sonst, und daran wird sich erst mal wenig ändern. Für Anwohner auf den Fildern bringt das ein anderes Lebensgefühl. Manche sorgen sich aber auch.

Filder - Kleine Privatflugzeuge heben am Stuttgarter Flughafen immer wieder ab, Pandemie hin oder her. Die Kleinen hört man aber kaum, selbst wenn man in Filderstadt-Bernhausen ganz in der Nähe der Landebahn wohnt. „Größere Maschinen gibt es nur noch drei oder vier Stück am Tag, das ist sehr viel weniger geworden seit Corona“, sagt eine 28-jährige Frau, die seit sechs Jahren nahe des Stuttgarter Flughafens wohnt. Früher sei der Lärm im Fünf- bis Zehn-Minuten-Takt zu ihr herübergedonnert, sodass sie Telefongespräche im Garten habe abbrechen oder das Fernsehprogramm bei offenem Fenster habe anhalten müssen. „Von mir aus könnte es noch eine Weile so bleiben“, sagt sie und meint die Corona-Stille.

 

Für Menschen, die in der Einflugschneise des Flughafens wohnen, hat die Coronapandemie einen positiven Nebeneffekt: Sie können ungestört draußen telefonieren und werden nicht in der Früh vom Fluglärm geweckt. Alle, die sich auf Nachfrage gegenüber unserer Zeitung zu diesem Thema geäußert haben, freuen sich über die ungewohnte Ruhe.

Allerdings sagen sie auch, dass sie an den Lärm gewöhnt gewesen seien und sich „früher“ nicht darüber beschwert hätten. „Ich finde den Lärm nicht so schlimm, das ist nur eine Gewöhnungssache“, sagt etwa Denise Riedmüller. Die 32-Jährige wohnt in Steinenbronn, wo die Flugzeuge direkt über ihr Haus fliegen. „Das hat auch seine Vorteile“, sagt sie, „es ist schon cool, nachts die Flugzeuge so nah zu sehen, vor allem wenn ich bei Freunden im fünften Stock bin“.

Sie hat einen Nebenjob am Flughafen Stuttgart

Auch für Beate Möller gehört der Flughafen „schon immer dazu“. Die 45-Jährige ist in Filderstadt-Bernhausen aufgewachsen und lebt bis heute dort. Sie hat einen Nebenjob am Flughafen und sieht es deshalb mit Sorge, dass dort seit der Pandemie so viel Ruhe eingekehrt ist. „Da hängen so viele Arbeitsplätze dran“, sagt sie. Als im vergangenen Jahr die Start- und Landebahn saniert worden ist, hat Beate Möller die Ruhe sehr genossen. „Plötzlich gab es wieder Greifvögel am Himmel“, erzählt sie, „aber nach der Bauphase kam am Flughafen keine Normalität zurück, das hat sich komisch angefühlt“.

Auch jetzt, nach einem Jahr, lässt die Normalität auf sich warten. Der Flughafen hat jüngst seinen Sommerflugplan veröffentlicht. Zwar ist von einer „guten Anbindung“ und „attraktiven Angeboten“ die Rede, aber es werden deutlich weniger Ziele und Flüge angeboten als vor der Pandemie. Für Anwohner heißt das: Die Ruhe hält noch eine Weile an. „Natürlich gehört der Lärm dazu, aber ich genieße die Ruhe zurzeit“, sagt Beate Möller. Früher sei sie immer um kurz vor 6 Uhr morgens geweckt worden, vor allem wenn das Fenster gekippt war. „Unter der Woche hat das gepasst, da musste man eh aufstehen, aber am Wochenende ist das nicht so schön“, sagt Möller.

Jetzt hört sie jeden Flugzeug-Start

Lisa Wardenga, die in Filderstadt-Bernhausen parallel zur Landebahn wohnt, höre es derzeit bewusster, wenn ein Flugzeug startet, sagt sie. „Da denkt man sich jedes Mal: Ah, da war ja was, wir wohnen am Flughafen“, sie lacht. Früher sei ihr der Lärm so vertraut gewesen, dass sie einzelne Starts nicht wahrgenommen habe. „Mein Mann hat sich nie daran gewöhnt, weil er nicht von hier ist“, erzählt sie. Nun könne ihr Mann aber sogar auf dem Balkon Homeoffice machen, weil kaum mehr ein Flugzeug lärmt.

Einen Nachteil sieht Lisa Wardenga aber in der grundsätzlich so angenehmen Ruhe: „Unser kleiner Sohn ist enttäuscht, wenn keine Flugzeuge zu sehen sind“, erzählt sie. Wenn irgendwann einmal wieder mehr Flugzeuge starten, müsse sie sich wahrscheinlich neu an den Geräuschpegel gewöhnen. „Ich bin gespannt, wie das wird“, sagt sie.