Ein Unfall auf dem Vorfeld des Flughafen Stuttgarts nach einem Blitzeinschlag gibt Rätsel auf. Üblicherweise wird bei Unwetter der Flugverkehr ausgebremst. Nun stellt sich die Frage, warum ein Mitarbeiter trotzdem auf dem Rollfeld war.

Stuttgart - Das Unheil näherte sich bis auf wenige Meter. Warum ein 35-jähriger Flughafenmitarbeiter trotz aller Warnsignale noch auf dem Vorfeld stand und eine Maschine mit Koffern belud, ist unklar. Eigentlich hätte die Arbeitergruppe an einer Passagiermaschine auf der Parkposition 42, in Sichtweite zum Terminal 1, vor dem Gewitter gewarnt werden müssen. Dann gilt: Abfertigung eingestellt, alle einrücken. Ein Gewitter hatte am Donnerstag gegen 19.30 Uhr den Flughafen lahmgelegt.

 

Der 35-Jährige aber stand noch draußen. Dort, wo sich normalerweise ein sogenannter Head Loader und sein Team aufhalten, um das Gepäck der Passagiere zu verladen. Dann knallte es: „Der Mann hat gesehen, wie in der Nähe ein Blitz in den Boden einschlug“, sagt Flughafensprecherin Beate Schleicher. Er sei daraufhin ins Dienstfahrzeug gestiegen und zurück zum Flughafengebäude gefahren. „Weil womöglich ein Stromstoß im Spiel war, wurde der Mann vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht“, sagt Polizeisprecher Michael Schaal.

Verladearbeiter angeblich ohne Wetterwarnung

Das ist die eine Version. Die andere lautet, dass die mit den Verladearbeiten beauftragte Firma keine Wetterwarnung vorliegen hatte. Wie unsere Zeitung erfuhr, sollen nicht nur der 35-Jährige, sondern alle sogenannten Ramp Agents der Firma noch gearbeitet haben, als es schon längst überm Vorfeld donnerte und blitzte. Von einem Abbruch sei nicht die Rede gewesen – bis der 35-Jährige verletzt wurde. Für die Polizei sind diese Hinweise indes kein Anlass für Ermittlungen. „Für uns ist das ein Unglücksfall während eines Unwetters“, sagt Schaal. Am Donnerstagabend jedenfalls war am Stuttgarter Flughafen Land unter: Knapp 50 Flüge wurden gestrichen, viele Maschinen hatten wegen des heftigen Gewitters Verspätung. „Wir haben für solche Fälle ein festes Regelwerk“, so Flughafensprecherin Beate Schleicher.

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Wenn sich eine Gewitterzelle dem Flughafen in einem Radius von fünf Kilometern genähert hat, warnt der Deutsche Wetterdienst – und der Airport löst Alarm aus. Die Gewitterwarnung wird per Funk an die Mitarbeiter auf dem Vorfeld übermittelt, zusätzlich gibt es optische Warnsignale. Die Abfertigung wird dann weitgehend eingestellt. Zudem ändern sich die An- und Abflugkorridore der abgefertigten Maschinen – je nachdem, aus welcher Richtung die Gefahr droht. Darüber entscheidet die Deutsche Flugsicherung in Absprache mit den jeweiligen Airlines.

Fünf Kilometer – dann gibt es Alarm

Wenn das Unwetter direkt über dem Airport losbricht, kommt der Betrieb komplett zum Erliegen. Anfliegende Maschinen werden umgeleitet (am Donnerstag zwei Jets zum Baden-Airport Karlsruhe und nach Friedrichshafen) oder müssen Warteschleifen am Himmel drehen.

Sitzen Passagiere bereits im Flugzeug auf dem Rollfeld, müssen sie in der Maschine ausharren. Dort sind sie vor Blitzschlag sicher, denn Flugzeuge sind ähnlich wie Autos sogenannte Faraday’sche Käfige: Die Energie eines Blitzes würde im Fall eines Einschlags um den Jet herumgeleitet.