Weil Parken am Stuttgarter Flughafen teuer ist, weichen immer mehr Urlauber, Messegäste sowie Mitarbeiter des Flughafens und der Messe auf die umliegenden Wohngebiete aus. Die Anwohner fühlen sich im Stich gelassen – und einige üben bereits Selbstjustiz.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Filder - Ein Geheimtipp ist Plieningen schon lange nicht mehr. In verschiedenen Internetforen wie zum Beispiel www.geizkragen.com wird der südlichste Stadtbezirk in Stuttgart am häufigsten empfohlen, wenn sich Urlauber erkundigen, wo sie ihr Auto preiswert abstellen können, wenn sie vom Stuttgarter Flughafen aus verreisen. In Plieningen hält unter anderem die Buslinie 122, die zum Flughafen und zur Messe fährt. Von der Haltestelle „Im Köpfert“ sind es nur sechs Minuten Fahrt, das Busticket kostet 1,40 Euro. Und Plieningen hat kein Parkraummanagement, das heißt: Jeder darf kostenfrei dort parken, es sei denn, Schilder oder Straßenmarkierungen zeigen das Gegenteil an.

 

Plieningen ist nicht der einzige Stadtbezirk, der von den sogenannten Mallorca-Parkern – also Urlaubern – sowie Messegästen und Messe- oder Flughafenmitarbeitern regelrecht überrollt wird. Auch die anderen Stuttgarter Filderbezirke sowie Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt sind betroffen. Wer dort sein Auto in Anwohnerstraßen abstellt und den kurzen Weg zum Flughafen mit dem Bus, der Bahn oder dem Taxi fährt, kommt deutlich billiger weg als im Parkhaus. Das soll nicht so bleiben. In Leinfelden-Echterdingen wird über ein Parkraumkonzept diskutiert. Die Erreichbarkeit der Parkhäuser müsse sich außerdem verbessern, sagt Baubürgermeisterin Eva Noller. Die Messe will als Folge der gut besuchten neuen Halle 10 zwei neue Parkhäuser für 1500 Autos bauen. Für den weiteren Ausbau mit Halle elf und einem Kongresszentrum sind 1850 Stellplätze vorgesehen.

Viele Anwohner wünschen sich Anwohnerausweise

Die Firma Apcoa, die die Parkhäuser betreibt, wirbt zwar am Flughafen mit 42 Euro Gebühren pro Woche – doch für dieses Angebot muss man früh dran sein und online buchen, außerdem sind diese Plätze im Freien mehr als ein Kilometer Fußweg vom Terminal entfernt. In den terminalnahen Parkhäusern P 3, P 5 oder P 7 bezahlt man für eine Woche bis zu 300 Euro.

Aus diesem Grund suchen viele Menschen nach günstigen Alternativen. Außer Plieningen sind in Möhringen der Stadtteil Fasanenhof, der Vaihinger Stadtteil Rohr sowie die Gegend rund um die Universität in Vaihingen begehrt. Von dort gibt es schnelle öffentliche Verbindungen zu Flughafen und Messe. Für die Anwohner ist das ärgerlich. Die Parkplatzsuche auf den Fildern ist auch ohne auswärtige Gäste oft kein Vergnügen. „Viele Anwohner sind mittlerweile der Meinung, dass ein Parkraummanagement das kleinere Übel wäre“, sagt Ulrich Bayer, Vaihinger Bezirksbeirat der CDU. Man habe den Eindruck, dass die Zahl der Fremdparker im vergangenen Jahr enorm zugelegt habe.

Andrea Lindel, Bezirksvorsteherin von Plieningen und Birkach, sieht diesen Wunsch kritisch: „Das würde zwar das Problem mit den Flughafenparkern lindern oder verlagern. Aber viele Menschen vergessen, dass dann auch Bekannte, die zum Kaffee vorbeikommen, ein Parkticket lösen müssen.“

Das Parkproblem wird wohl noch weiter wachsen

Das Parkproblem könnte weiter wachsen: Sobald die Stadtbahnlinie U 6 bis zum Flughafen verkehrt, wird es für Auswärtige noch attraktiver, in Möhringen oder auf dem Fasanenhof zu parken und die restliche Strecke mit der Bahn zurückzulegen. Dasselbe gilt für Plieningen, sobald die Buslinie 65 wieder zum Airport fährt. Zudem soll die Universität Hohenheim zum Wintersemester 2019/2020 ein Parkraummanagement bekommen. Dann wird sich der Parkdruck in Plieningen voraussichtlich weiter erhöhen, wenn Studenten und Mitarbeiter mit ihren Autos in den Bezirk ausweichen werden.

Trotzdem rät Andrea Lindel, Ruhe zu bewahren: „Rund um den Airport haben wir die Problematik mit den Flughafenparkern, ja. Degerloch wird zugeparkt von Besuchern, die in die City wollen und das letzte Stück mit der Stadtbahn fahren. Und in Heumaden parken diejenigen, die in den Scharnhauser Park wollen und dort nicht die Parkgebühren bezahlen wollen. Parken ist immer ein schwieriges Thema.“ Dennoch glaubt sie, dass die Flughafenparker ein Aufreger bleiben werden: „Wir werden uns da zeitnah zusammensetzen und diskutieren, was wir wollen und ob ein Parkraummanagement der richtige Weg ist.“

Offenbar üben einige Anwohner Selbstjustiz

Dass bei einigen Bewohnern der Filderebene offenbar bereits der Geduldsfaden mit den Mallorca-Parkern gerissen ist, kann man in verschiedenen Internetforen lesen. Glaubt man den Beiträgen, greifen mittlerweile manche Anwohner zu drastischen, nicht zulässigen Mitteln. Ein Nutzer mit dem Namen Facilitator beschreibt eine „feindselige Stimmung“ in Plieningen und rät davon ab, dort das Auto abzustellen. Andere berichten von platt gestochenen Reifen und zerkratztem Blech, nachdem sie ihr Auto für die Dauer ihres Urlaubs in Plieningen abgestellt haben. Der Nutzer JotZet fasst zusammen: „Nächstes Mal parke ich lieber auf einem überwachten Parkplatz und zahle ein paar Flocken.“ Die Anwohner würden das sicherlich begrüßen.