Ein Kleinflugzeug stürzt im Bodenseehinterland in ein Waldstück. Auch die Piloten kommen ums Leben.

Waldburg - Donnerstag, 18.15 Uhr, beim Waldburger Ortsteil Sieberatsreute (Kreis Ravensburg), stürzt ein Kleinflugzeug vom Typ Cessna Citation Mustang in ein Waldstück. Es ist dunkel, dichter Schneefall macht die Orientierung schwierig. Rettungskräfte suchen nach Überlebenden – vergeblich, es gibt sie nicht. Gegen 2 Uhr treffen Spezialisten der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) aus Braunschweig ein. Sie brechen nach kurzer Zeit die Arbeit ab. Die Gefahr durch herabstürzende Äste ist zu groß, die Sicht zu schlecht.

 

Am Freitag dann sind alle Wolken verschwunden, die Sonne lässt den Schnee auf den Hügeln um Waldburg glänzen. Das Ausmaß einer Tragödie wird sichtbar. Verstreut auf einer Länge von rund 150 Metern liegen Wrackteile zwischen hohen, teilweise abgeknickten Bäumen: eine Turbine, ein Pilotensitz, Armaturen, Leitungen. Auch Kleidungsstücke. Vom Rumpf oder den Tragflächen der Maschine ist nichts geblieben. Sie zerschellte vollständig in Höhe der Baumwipfel. Über allem liegt der Geruch von Flugbenzin.

In den Morgenstunden haben Polizei und Feuerwehr die Leichen dreier Menschen geborgen. Eine Identifizierung gelingt zunächst nur anhand von Papieren und Flugdaten. Es handle sich um den 45-jährigen Piloten aus Vorarlberg, ein 49-jähriges Crewmitglied aus Wien sowie einen 79 Jahre alten Passagier aus dem östlichen Bodenseekreis, teilt die Staatsanwaltschaft Ravensburg mit.

Unter den Toten der Bäderkönig Wund

Bei dem Passagier handelt es sich um den aus Friedrichshafen stammenden Architekten und Unternehmer Josef Wund. Dessen Unternehmensgruppe betreibt fünf Erlebnisbäder in Erding, Bad Wörishofen, Titisee-Neustadt, Sinsheim und Euskirchen. Wund, der als Sohn eines Pferdekutschers in Mariabrunn bei Friedrichshafen geboren wurde und über den zweiten Bildungsweg Architektur und Bauingenieurwesen studierte, hatte im Alter von 27 Jahren die Messehalle 1 in Friedrichshafen gebaut, seinerzeit die größte freitragende Gasbeton-Hängedach-Halle der Welt. Mitte der 1990er Jahre begann er den Bau der Therme Erding und wurde als „Bäderkönig“ bekannt.

Der Sprecher der Josef- Wund-Stiftung mit Sitz in Stuttgart, Christoph Palm, bestätigte am Freitag den Tod des Unternehmers. „Wir sind alle schockiert und traurig“, sagte Palm, der frühere Oberbürgermeister der Stadt Fellbach (Rems-Murr-Kreis). Die Familie Wunds bitte darum, „der Trauer ihren Raum zu lassen“.

Mit Josef Wund starben der Pilot und der Co-Pilot der Cessna, die der in Bregenz ansässigen Firma Sky Taxi gehörte. Österreichischen Medienberichten zufolge saß der Geschäftsführer Adi A. selbst am Steuer, neben ihm ein Mitarbeiter. Ein Sprecher der Polizei in Konstanz wollte das am Freitag mit Verweis auf die laufenden gerichtsmedizinischen Untersuchungen zunächst nicht bestätigen.

Wetter oder Gesundheitsprobleme?

Das Kleinflugzeug hatte sich am Donnerstag Abend auf dem Weg von Frankfurt-Egelsbach zurück nach Friedrichshafen befunden. Wie der Sprecher der Wund-Stiftung sagte, hat sich der ums Leben gekommene Unternehmer in letzter Zeit häufig im hessischen Bad Vilbel aufgehalten. Es sei um den Bau des nächsten großen Freizeitbades gegangen. Ein Sprecher der Stadt bestätigte am Freitag, dass die Baugenehmigung für das 200-Millionen-Euro-Projekt bereits erteilt gewesen sei.

Unklar ist die Ursache des Absturzes. Erste Mutmaßungen, dass möglicherweise die Tragflächen der Cessna im Schneetreiben vereisten, wollten sich Ermittler der Flugsicherung am Freitag nicht zu eigen machen. „Dieses Flugzeug kann formal mit so einem Wetter umgehen“, so einer der Experten vor Ort. Man werden zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst die genauen äußeren Einflüsse bei Waldburg rekonstruieren. Auch Piloten, die vor und nach der geplanten Landung der Cessna auf dem Bodensee-Airport eintrafen, sollten befragt werden. Ein technischer Defekt oder eine schwere Gesundheitsstörung des Piloten kommen ebenfalls als Unfallursachen in Frage.

Klärung dauert viele Monate

Den Radardaten zufolge ist die Chartermaschine bereits im Sinkflug gewesen, als sie abstürzte. Die Flughöhe habe „unter 1000 Meter“ betragen, so ein BFS-Ermittler. Die Klärung, was wirklich passiert ist, wird noch Monate dauern. „Gehen Sie mal von einem Jahr aus“, heißt es beim BFS. Noch während des ganzen Wochenendes sollen Wrackteile aus dem unwegsamen Waldstück geborgen werden. Das sei nicht nur wegen des hohen Schnees schwierig, heißt es am Freitag aus Feuerwehrkreisen. Manche Trümmer lägen unter umgestürzten Bäumen. In einer Großhalle wollen Experten der BFS die Teile untersuchen.

Stundenlang fliegt am Freitag ein mit Spezialkameras ausgerüsteter Hubschrauber der Polizei über die Unglücksstelle bei Sieberatsreute. Die so gewonnenen Fotos und Filme sollen ebenfalls beitragen, Wrackteile aufzuspüren. Womöglich können sie den Unfallspezialisten auch mehr darüber erzählen, wie der Absturz verlief.

Kein Einzelfall

September 2016
Beim Absturz eines Kleinflugzeugs nahe Leutkirch im Allgäu sterben der 33 Jahre alte Pilot und seine beiden Passagiere aus Österreich – eine 26 Jahre alte Frau und ein 28 Jahre alter Mann aus Vorarlberg. Der Flug soll ein Geburtstagsgeschenk für die Frau gewesen sein. Das Ziel des Fluges war ebenfalls Friedrichshafen.

August 2017
Ein einmotoriges Flugzeug stürzt vor Konstanz in den Bodensee. Die beiden Insassen – der 74 Jahre alte Pilot und seine 75 Jahre alte Partnerin – sterben beim Aufprall des Flugzeugs auf die Wasseroberfläche.

September 2017
Beim Absturz eines Kleinflugzeugs aus Deutschland, das in Donaueschingen gestartet ist, kommen in der Schweiz bei Braunwald der 64-jährige Pilot und ein 76-jähriger Begleiter ums Leben. Ihr Ziel war laut der Polizei die Toskana in Italien.