Um Bauprojekte realisieren zu können, werden Ausgleichsflächen benötigt. Die Stadt hat ein Areal im Dürrbachtal zur Flurneuordnung ausgewählt. Der Vorschlag stößt nicht nur auf Gegenliebe.
Was in Kernen im Remstal bereits durchgeführt worden ist, soll in den kommenden Jahren nun auch im Rohracker Dürrbachtal versucht werden: die Neuordnung eines Hangbereiches, der etliche Streuobst- und Gartengrundstücke, teilweise brachliegende Flächen, aber auch Weinberge umfasst. Ein Auslöser für die geplante Flurneuordnung ist die schwierige Suche der Stadt nach Kompensationsflächen.
Für Bauprojekte, die zu Eingriffen in die Natur und Landschaft führen, muss die Stadt Ausgleichsmaßnahmen anbieten. Flächen sind rar. Bei der Recherche hat die Stadt die Wangener Höhe unter die Lupe genommen und festgestellt, dass „sich insbesondere die Flächen auf der Südseite mit ihrem ökologischen Potenzial für die Herstellung trocken-warmer Lebensräume eignen. Viele Flächen sind aufgegeben, verbuschen und die Trockenmauern verfallen“, sagt Elisabeth Bender vom Amt für Stadtplanung und Wohnen. Dadurch gehe Lebensraum verloren.
Dem wollen die Landschaftsplaner mit der Flurneuordnung entgegenwirken. Sie wollen eine Aufwertung wertvoller Lebensräume und mehr Biodiversität schaffen. Durch einen neuen Weg soll gleichzeitig die Arbeit der Weinerzeuger in den Steillagen erleichtert und die Erholungsqualität für die Bürgerinnen und Bürger erhöht werden. Das Konzept sieht die Rodung von Büschen vor. „Großflächige Gebiete könnten mit Schafen beweidet werden“, so Bender.
Dialog mit Grundstückseigentümern
Voraussetzung ist, dass die Grundstücksbesitzer mitziehen. In Kernen dauerte der Flurordnungsprozess rund um die Y-Burg mehr als ein Jahrzehnt. „Wir wollen die Ziele bürgernah und im Dialog umsetzen“, sagt Gerd Holzwarth vom Landratsamt des Rems-Murr-Kreises, der die Neuordnung auch in Stuttgart vornehmen und moderieren würde. Seine Aufgabe: die Eigentumsverhältnisse neu zu ordnen. „Dies kann durch das Zusammenlegen zersplitteter Flurstücke, durch Tausch oder durch den Erwerb der Grundstücke durch die Stadt geschehen“, so Holzwarth. Sobald der Stuttgarter Gemeinderat Zustimmung signalisiere, werde die Bürgerbeteiligung gestartet und mit den Eigentümern in den Dialog getreten.
Keine Eingriffe auf der Wangener Hangseite
Der Grünen-Bezirksbeirat Eberhard Schweizer mahnte eine frühzeitige Informationsveranstaltung an. Die Besitzer müssten wissen, was auf sie zukommen könne. Der Bund und das Land übernehmen etwa 70 Prozent der Kosten, beispielsweise für den Bau des neuen Weges. Und der Rest? Hedelfingens Bezirksbeiräte forderten, dass die Stadt die verbleibenden 30 Prozent tragen solle und diese nicht auf die Eigentümer abgewälzt werden dürfe. Auch der bisherige Status als Landschaftsschutzgebiet bliebe trotz Aufwertung erhalten. Kritisch merkten etliche Hedelfinger Bezirksbeiräte allerdings an, dass die Stadt sich nicht traue, die als „Flurneuordnung Wangener Höhe“ betitelte Maßnahme auf der Wangener Hangseite durchzusetzen. „Dies ist die eigentliche Problemseite. Dort könnte die Stadt etwas gegen die illegalen Bauten unternehmen und das Gebiet tatsächlich ökologisch deutlich besser aufwerten“, so der CDU-Beirat Mario Graunke. „Statt in ein entartetes Gartengebiet wie auf der Wangener Gemarkung wird in eine funktionierende Struktur auf unserer Seite eingegriffen,“ kritisierte der Rohracker Weinerzeuger Sebastian Schiller den Plan. Ein Jahrhundertealtes, einzigartiges Wandel- und Wegenetz würde dadurch zerstört, das erst vor wenigen Jahren von der Stadt aufwendig saniert wurde und von ihr als Attraktion beworben wird. So soll der historische Grenzwandel zu einem zwei bis drei Meter breiten Zufahrtsweg ausgebaut werden. Eine, wie sich auch am Rande der Sitzung zeigte, von anderen Gartenbesitzern durchaus wohlwollend aufgenommene Maßnahme.
Was tun? Auch auf Vorschlag von Annette Baisch (Freie Wähler) wollen die Bezirksbeiräte nun im Frühjahr sich das potenzielle Rohracker Sanierungsgebiet und die bereits erfolgte Flurneuordnung in Kernen ansehen.