Der Dettinger Bürgermeister Rainer Haußmann würde gerne mit Bundesmitteln ein lokales Wärmenetz ausbauen – und stößt auf unerwartete Probleme in Berlin.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

„Wir haben Ideen im Überfluss. Aber um diese umsetzen zu können, brauchen wir Fördermittel vom Bund, auf die wir uns verlassen können“, sagt Rainer Haußmann. Doch genau daran hapere es – und deshalb geht der Bürgermeister aus Dettingen unter Teck nun an die Öffentlichkeit.

 

In diesem Fall geht es um das 2,6 Hektar große Baugebiet Guggenrain-Ost, das Dettingen an das bestehende Wärmenetz Rauberweg anschließen möchte. Damit will die 6000-Einwohner-Gemeinde als bereits zertifizierte europäische Energie- und Klimaschutzkommune einen weiteren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Haußmann: „Das Projekt ist sehr innovativ und im Prinzip klimaneutral, weil Holzhackschnitzel, Solarthermie und Abwasserwärme zum Einsatz kämen.“

Ärgerliche Hürden

Dafür sei eine 40-prozentige Unterstützung aus dem Programm „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)“ möglich. Allerdings existierten hier ausgesprochen ärgerliche Hürden: Denn in dem für die Zuteilung der Fördermittel zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gebe es viel zu wenige Mitarbeiter, die sich um die Anträge kümmern könnten. Das führe zu enormen Wartezeiten.

Tatsache sei, dass nur noch nicht begonnene Projekte eine Bundesförderung erhalten könnten. In diesem Fall müsse Dettingen zunächst in einem Modul eins die Unterstützung für Machbarkeitsstudien beantragen und dann im Modul zwei finanzielle Unterstützung für den tatsächlichen Ausbau von Wärmenetzen beantragen. Realistisch müsse Dettingen wegen dieser Zwei-Stufen-Bearbeitung zwei Mal sechs bis neun Monate Wartezeit in Kauf nehmen. Haußmann: „Und selbst dann ist offen, ob die Kommune überhaupt Fördermittel bekommt. So wird der Klimaschutz ad absurdum geführt, eine schnelle Hilfe unmöglich.“

Es gibt erhebliche Rückstände bei der Bearbeitung von Anträgen

Tim Chmella, der Sprecher des Bafa, erklärt, die von Haußmann genannten Zahlen seien zu hoch gegriffen. Für das Modul eins belaufe sich die Bearbeitungszeit auf vier bis sechs Monate. Beim Modul zwei dauere es in der Regel fünf bis neun Monate bis zu einer Förderzusage. Die Anträge für das zweite Modul wiederum könne man bereits stellen, wenn der Modul-Eins-Antrag noch laufe, aber kurz vor seinem Abschluss stehe.

Allerdings räum Chmella durchaus personelle Engpässe im Bundesamt ein: „Aktuell haben wir in der Bearbeitung der beiden Module Rückstände. Diese führen zu längeren Bearbeitungszeiten.“ Diese seien insbesondere darauf zurückzuführen, dass im vergangenen Jahr rund 30 Prozent mehr Anträge als in den Vorjahren das Bafa erreicht haben. Chmella: „Seit Beginn der Förderung im September 2022 sind insgesamt 2963 Anträge beim Bafa eingegangen. Davon waren es allein 1559 im Jahr 2024.“ Etliche davon seien hoch komplex, entsprechend lang dauere deren Bearbeitung.

18 Mitarbeiter kümmern sich um knapp 1600 Anträge

Aktuell gebe es 18 Mitarbeiter, die die Anträge für das BEW-Förderprogramm bearbeiteten. Weiteres Personal komme in den nächsten Wochen dazu. Ebenfalls unterstützt werde die Bafa bei der Bearbeitung von Anträgen von einem externen Dienstleister. Der Bafa-Sprecher: „Wir sind bemüht, diese Rückstände schnellstmöglich zu reduzieren und die Bearbeitungszeiten wieder deutlich zu verkürzen.“

Die Sorge Haußmanns wiederum, mancher durchaus berechtigter Antrag könne eventuell nicht finanziert werden, weil der Topf leer sei, könne das Bafa nicht bestätigen. Chmella: „Im letzten Jahr konnten alle Anträge bewilligt werden.“ Auch die Befürchtung, dass es wegen der Bundestagswahl zu weiteren Verzögerungen kommen könne, sei unbegründet. Auch wenn es noch keinen Bundeshaushalt für 2025 gebe, sei durch die vorläufige Haushaltsführung die Finanzierung gesichert. Die BEW sei als laufendes Förderprogramm ein Fortsetzungsprogramm. Für die Zuwendungen auch weiter gewährt werden könnten.

Die Zweifel bleiben

Das alles beruhigt Rainer Haußmann nur sehr begrenzt: „Wenn man bedenkt, dass allein in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2040 mehr als 40 Prozent aller Haushalte an Wärmenetze angeschlossen sein sollen, werden ein paar mehr Mitarbeiter nicht ausreichen, um das Problem zu lösen.“

Lange Wartezeiten auch bei anderen Förderanträgen

Antragsflut
Nicht nur bei Anträgen zur Subventionierung von Wärmenetzen gibt es lange Wartezeiten. Auch hier begründen das die Verantwortlichen mit der Flut an Anträgen und fehlendem Personal, das nun Schritt für Schritt aufgebaut werden soll.

Beispiele
Dettingen hat im April 2024 im Rahmen des Förderprogramms Nationale Klimaschutzinitiative bei der Zukunft-Umwelt-Gesellschaft 25 Prozent Zuschuss zur Erneuerung der Beleuchtung der Sporthalle beantragt. Auf einen Bescheid wartet die Gemeinde hier ebenso wie auf die Unterstützung zur Sanierung der Schlossberghalle. Dieser Antrag stammt aus dem Februar 2024. Allerdings hat die Behörde auf Nachfrage eine schnelle Bearbeitung in Aussicht gestellt.