Den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst können die Kommunen fürs Erste verkraften. Perspektivisch müssen einige Städte wegen der höheren Gehälter aber den Gürtel enger schnallen.

Mit harten Bandagen hatte die Gewerkschaft Verdi für höhere Gehälter der Angestellten im Öffentlichen Dienst gekämpft, und zwar durchaus mit Erfolg. Neben steuerfreien Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro dürfen sich die Mitarbeiter von März 2024 an über ein Lohnplus von 5,5 Prozent freuen. Bei den Kommunen nimmt man diese Übereinkunft mit gemischten Gefühlen auf. So begrüßt es der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht, dass die unteren Entgeltgruppen spürbar profitierten. „Dieser Abschluss belastet aber den Haushalt erheblich und schränkt die Fähigkeit ein, aus eigener Kraft Investitionen zu tätigen“, gibt der Rathauschef zu bedenken.

 

Pro Jahr könnte von dem Geld eine Halle gebaut werden

Knecht hebt hervor, dass der Stadt durch die Mehrkosten beim Personal nun jährlich eine Summe fehle, „von der man zwei einfache Kitas oder eine einfache Sporthalle hätte bauen können“. Das sei schmerzhaft. Wobei die Einmalzahlungen in diesem Jahr noch nicht das Problem seien. Die Summe liege nicht wesentlich über der bei den Etatplanungen angenommenen Lohnsteigerung, die man bei 3,5 Prozent angesetzt hatte, wie Pressesprecher Peter Spear erklärt. „Eine große Herausforderung wird aber die Lohnerhöhung von 5,5 Prozent im Jahr 2024. Hier kommen hohe zusätzliche Ausgaben auf uns zu“, konstatiert er. Konkret muss sich die Stadt 2023 mit einer zusätzlichen Belastung von 1,5 Millionen Euro arrangieren, 2024 sind es dann fast 8 Millionen Euro.

Zahlen, die das deutlich kleinere Marbach wirtschaftlich wahrscheinlich in die Knie zwingen würden. Aber in der Schillerstadt scheint man nochmal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Umgerechnet entsprächen die Ausgaben für die Inflationsausgleichsprämie im Jahr 2023 einer durchschnittlichen Lohnanhebung von 4,54 Prozent, berichtet Bürgermeister Jan Trost. Tatsächlich habe man aber sogar mit einer Steigerung von 6 Prozent gerechnet. „Daher ist im laufenden Haushaltsjahr mit keinen überplanmäßigen Aufwendungen aufgrund des Tarifabschlusses zu rechnen“, stellt er fest. Anders 2024. Man rechne damit, dann für das Personal im Schnitt 10,54 Prozent mehr Geld in die Hand nehmen zu müssen. „Dadurch werden wir den Ansatz für 2024 stärker erhöhen müssen als geplant“, erklärt Trost. Ursprünglich hatte man gedacht, ein Plus von zwei Prozent würde reichen. Allerdings sei für 2024 auch schon besagte erwartete Erhöhung der Gehälter von 6 Prozent eingespeist gewesen, so dass das Delta beim Personaletat unterm Strich bei 2,5 Prozent liege, was rund 400 000 Euro entspreche. Wettgemacht werde dieses Minus jedoch wohl damit, dass die Löhne generell stiegen und damit auch die Zuweisungen an die Kommune bei der Einkommensteuer. Die Stadt Remseck wirft der Tarifabschluss ebenfalls nicht aus der Bahn. Zwar reicht die für den laufenden Haushalt einkalkulierte Lohnsteigerung von 4 Prozent nicht aus, um die durch die Einmalzahlungen fälligen Euros wettzumachen, teilt Pressesprecher Philipp Weber mit. Erfahrungsgemäß sei es aber so, dass die Stadtverwaltung „insbesondere durch Vakanzen im Rahmen von natürlichen Fluktuationsbewegungen und Stellenwechseln nicht alle Stellen das ganze Jahr über besetzen kann“. 2022 habe dieser Umstand dazu geführt, dass fürs Personal am Ende 1,7 Millionen Euro weniger ausgegeben werden musste als angenommen. Man rechne damit, dass auch im laufenden Jahr nicht permanent jeder Schreibtisch im Rathaus belegt ist, womit wiederum Lohnkosten eingespart werden. Alles in allem könne die Tariferhöhung somit kompensiert werden, erklärt Weber. „Auswirkungen auf geplante Projekte bestehen aktuell nicht“, beteuert er.

Fehlendes Personal hat auch sein Gutes

Unbesetzte Stellen in Kombination mit einer bereits eingespeisten, vermuteten Lohnsteigerung von vier Prozent führen auch in Schwieberdingen dazu, dass das Personalbudget für 2023 trotz der Einmalzahlungen nicht überschritten werde, erklärt der Erste Beigeordnete Manfred Müller. Die Herausforderung für die zuletzt wegen einer Gewerbesteuernachzahlung in Millionenhöhe gebeutelte Kommune liege jedoch in der Finanzierung in den Folgejahren, wenn die Erhöhungen „ganzjährig aufwandswirksam werden“. Es sei freilich schwierig, Prognosen zu den konkreten Auswirkungen abzugeben, da die weiteren Eckdaten für die Etatplanung 2024 noch nicht vorlägen. „Grundsätzlich bedeuten aber höhere Aufwendungen, dass diese im Sinne des Haushaltsrechtes durch höhere Erträge oder reduzierte Aufwendungen gedeckt werden müssen“, betont Müller.

Pluspunkt im Ringen um Fachkräfte

So fordernd der Tarifabschluss auch sei: Der Erste Beigeordnete hält ihn für notwendig, erinnert an den Fachkräftemangel und daran, dass Kommunen im Wettbewerb mit vielen anderen Branchen stünden. „Insoweit muss der öffentliche Dienst auch hinsichtlich der Bezahlung attraktiv bleiben“, findet Müller. Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost pflichtet ihm bei. Man befinde sich „in einem knallharten Wettbewerb um Arbeitskräfte mit der freien Wirtschaft, sodass aus meiner Sicht im deutschlandweiten Vergleich mit anderen Branchen der Tarifabschluss absolut angemessen ist“.

Die Eckpunkte des neuen Tarifvertrags

Einmalzahlungen
Die Vereinbarung im Öffentlichen Dienst sieht vor, dass den Beschäftigten zunächst Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro gewährt werden, die über mehrere Monate verteilt überwiesen werden sollen. Im Juni wird eine erste Marge von 1240 Euro ausgeschüttet, von Juli bis einschließlich Februar 2024 sind es dann jeweils 220 Euro.

Erhöhung
Wirklich angehoben wird der Lohn mit Verzögerung von März 2024 an. Arbeitnehmer erhalten dann 200 Euro mehr und auf der Basis des dadurch entstehenden Betrags ein um 5,5 Prozent höheres Gehalt. Wer nicht in Vollzeit arbeitet, dem werden die Erhöhungen anteilsmäßig weitergegeben.