Drei Teenager foltern einen Auszubildenden fast zu Tode. Im Prozess erfahren zwei der Angeklagten, dass es eine angebliche Vergewaltigung gar nicht gegeben hat.

Münster - Der Richter sprach von Szenen wie bei einer „Hinrichtung“. Vor sieben Monaten folterten drei Teenager aus dem Münsterland einen Auszubildenden fast zu Tode. Dafür haben sie nun eine Gefängnisstrafe bekommen. Das Landgericht Münster verhängte am Dienstag Jugendhaftstrafen von bis zu sechs Jahren.

 

Es war eine Affäre mit beinahe tödlichem Ausgang. Die angeklagte Schülerin (17) hatte sich über das Internet mit einem angehenden Landwirt zu einem Liebesabenteuer verabredet. Alle Details waren vorher besprochen worden, das Treffen verlief praktisch nach Drehbuch. Später hatte die 17-Jährige ihren mitangeklagten Freunden erzählt, dass sie vergewaltigt worden sei. In einem Chat hatte sie dazu geschrieben: „Er hat mich gezwungen und mir extra weh getan.“ Die Antwort eines der Angeklagten ließ damals nicht lange auf sich warten: „Wo ist der Bastard. Ich bringe ihn um.“

Der 18-Jährige und sein ein Jahr älterer Freund hatten tatsächlich sofort Sturmhauben, Pfefferspray, einen Teleskopschlagstock und ein Cuttermesser gekauft, wie das Gericht feststellte. Kurz vor der Tat hatte einer von ihnen einem Freund diese Worte gepostet: „Ich muss nach Münster, um einen Typen unter die Erde zu bringen.“

„Ich schäme mich“

Das Opfer wurde unter dem Vorwand eines weiteren Treffens mit der 17-Jährigen an den Dortmund-Ems-Kanal gelockt, geschlagen, gefesselt, gewürgt und mit dem Messer lebensgefährlich verletzt. Dass der 20-Jährige überlebt hat, ist nur einer Gruppe von Nachtanglern zu verdanken. Sie hatten Schreie gehört und waren zu Hilfe geeilt.

Als sie auf das Opfer trafen, blutete der 20-Jährige aus schwersten Schnittverletzungen an Hals, Bauch und Unterarm. Am Ende hatte er drei Liter Blut verloren und musste auf dem OP-Tisch wiederbelebt werden.

Dass es die Vergewaltigung gar nicht gegeben hat, haben die beiden 18 und 19 Jahre alten Freunde erst im Prozess erfahren. Bis dahin hatte die 17-Jährige die Lüge aufrecht erhalten. Warum die Tat, die anfangs als Abreibung geplant war, so eskaliert ist, blieb unklar. Auch die Angeklagten hatte dafür keine Erklärung.

Kurz vor der Urteilsverkündung hatten sie sich noch einmal persönlich an ihr Opfer gewandt. „Ich kann es nicht fassen, dass es so weit gekommen ist“, sagte die 17-Jährige, die mit sechs Jahren Jugendhaft die höchste Strafe bekommt. Ihr 18-jähriger Ex-Freund, der zu fünf Jahren und drei Monaten Jugendhaft verurteilt wird, bat das Opfer und dessen Familie um Vergebung. „Sonst kann ich mir selbst nicht vergeben“, sagte er am Dienstag. Der 19-Jährige, gegen den vier Jahre und neun Monate Jugendhaft verhängt werden, sagte nur drei Worte: „Ich schäme mich.“

Das Urteil lautet auf versuchten Totschlag, gefährliche und schwere Körperverletzung sowie auf Freiheitsberaubung. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar bis zu siebeneinhalb Jahre Jugendhaft wegen Mordversuchs beantragt. Die Verteidiger haben bereits angekündigt, dass sie Revision einlegen wollen. Sie hatten deutlich mildere Strafen beantragt.