Lebensmittel herschenken, bevor sie verderben: Das ist das Prinzip der „Fairteiler“. In Marbach wird am Sonntag einer eröffnet.
Dass er angenommen wird und die Menschen zum bewussten Umgang mit Lebensmitteln bewegt: Das wünscht sich Gerd Bogisch von den Marbacher Foodsharern für das neue Baby der Gruppe: den Fairteiler. Er wird am Sonntag in Kooperation mit der katholischen Gemeinde eröffnet, die den öffentlich zugänglichen Schrank finanziert und in der Ziegelstraße 10 bei der Kirche platziert hat.
In diesen Schrank kann jeder Lebensmittel legen, von denen er weiß, dass er sie nicht mehr verbrauchen kann – ob nun die Gurken, die im Garten alle gleichzeitig reif sind, oder die Zwiebeln, die vor dem Urlaub nicht mehr alle unter Tränen aufgeschnitten werden können. Holen können sich die Lebensmittel auch alle: „Foodsharing macht keine Bedarfsprüfung“, sagt Gerd Bogisch, „beim Foodsharing steht die Nachhaltigkeit, nicht die soziale Gerechtigkeit im Vordergrund. Es soll einfach nichts weggeworfen werden.“ Die Foodsharer sähen sich aber als letztes Glied in der Verwertungskette, nach beispielsweise den Tafelläden.
Lebensmittel werden vor der Vernichtung bewahrt
Das Foodsharing macht es möglich, mit Hilfe eines dezentralen Netzwerks und der Internetplattform foodsharing.de, über der auch Angebote im Kreis Ludwigsburg zu finden sind, überschüssige Lebensmittel kurzfristig, an Wochenenden oder per Anruf vor der Vernichtung zu bewahren. Bogisch selbst holt einmal pro Woche mit dem Bus zehn bis 15 Kilogramm übrig gebliebene Backwaren bei einer Bäckerei in Ludwigsburg ab und verteilt sie tags darauf beim evangelischen Christophorushaus im Marbacher Stadtteil Hörnle weiter. „Wenn man sich überlegt, dass für die Produktion von einem Kilo Mehl ein Quadratmeter Anbaufläche gebraucht wird, hilft jedes Brot, das nicht im Müll landet, dass nicht irgendwo ein Landwirt den Quadratmeter dafür umsonst angebaut hat“, sagt Gerd Bogisch. „Anfangs sagten die Leute, ich solle es die Sachen lieber jemandem geben, der sie dringender brauchen kann. Aber es gibt einfach so viel, dass es sich jeder ohne schlechtes Gewissen nehmen kann, egal aus welcher Bevölkerungsschicht.“
Der zentrale und gut zugängliche Schrank an der katholischen Kirche soll diesen Gedanken noch weiter in die Bevölkerung tragen und zum Bringen und Holen von Lebensmitteln animieren – wie es schon „Fairteiler“ etwa in Ludwigsburg, Besigheim, Pleidelsheim, Freiberg am Neckar oder Großsachsenheim tun. Weil der Marbacher „Fairteiler“ aber vorerst kein Kühlschrank ist, können nur Lebensmittel hineingelegt werden, die keine Kühlung brauchen: Wurst, Fleisch, Käse, Joghurt oder Frischmilch sind tabu, ebenso Alkohol oder Energydrinks. Abgeben kann man auch Produkte, die nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch gut sind – Lebensmittel, deren Verbrauchsdatum vorbei ist, aber nicht. Gereinigt und täglich kontrolliert wird der „Fairteiler“ von einer kleinen Gruppe Ehrenamtlicher, die aber noch Verstärkung gebrauchen kann. Los geht es am Sonntag, 20. November, um 10.30 Uhr. Die Schlaufe um den gefüllten und schön hergerichteten Schrank wird geöffnet – und dann lautet die Parole: zugreifen.