Das Ergebnis der Planungswerkstatt zur geplanten forensischen Psychiatrie ist im Internet abrufbar. Jetzt hat die Stuttgarter Ärzteschaft an OB Frank Nopper geschrieben.

Die Stuttgarter Ärzteschaft sieht das ehemaligen Rotkreuzkrankenhaus als ungeeigneten Standort für die Einrichtung eines Maßregelvollzugs für psychisch kranke Straftäter. Dies erklärte der Vorsitzende Markus Klett in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Frank Nopper. Der Arzt erinnerte Nopper daran, dass dieser schon im April 2024 von den Plänen des Sozialministeriums erfahren habe, aber diese erst durch die Initiative Schöne Straße im Oktober 2024 einem breiteren Umfeld bekannt geworden seien. Klett kritisiert, dass die Bürgerbeteiligung auf maximal 100 Personen begrenzt worden sei.

 

Diese Einrichtung sei immer „als eine geschlossene Abteilung im Sinne eines Hochsicherheitstrakts anzusehen“, so Klett, um eine Gefährdung Unbeteiligter zwingend zu vermeiden. Er verwies auf zahlreiche Ausbruchsversuche aus solchen Institutionen in Baden-Württemberg. Dies bedeute immer eine Gefährdung der Umgebung. Klett sei keine forensische Psychiatrie in Baden-Württemberg in einem Stadtteilzentrum respektive einer historischen Altstadt bekannt. Sie seien überwiegend in Randlagen von Gemeinden, was aus Sicherheitsgründen zu empfehlen sei.

Fehlende Möglichkeit eines Hofgangs

Klett sah als weiteres Problem in Bad Cannstatt die fehlende Möglichkeit eines Hofgangs unter gesicherten Bedingungen. Er verwies außerdem auf die mangelnde Akzeptanz der Bürger. Zudem bestehe die Angst vor einer weiteren Abwertung von Stuttgarts größtem Stadtbezirk mit bereits jetzt überproportional hohen Zahl von 52 Hilfseinrichtungen.

Ärzte schlagen Einrichtung einer Lungenklinik vor

Der Vorsitzende der Stuttgarter Ärzteschaft schlug stattdessen die Einrichtung einer Lungenklinik mit Langzeitbeatmungsplätzen in größerer Zahl vor, statt diese an verschiedenen Standorten unterzubringen. Die Infrastruktur bekomme man fast kostenlos. Auch könne man dort eine wegweisende große Schlafapnoe-Praxis mit zehn Betten einrichten mit einer 24-Stunden-Diagnostik-Praxis, von denen es in Stuttgart zu wenige gebe.

Klett ist der Auffassung, dass die vom Land aufgeführte Kostenschätzung von Investitionen in Höhe von 35 Millionen Euro für eine Umwandlung in einen Maßregelvollzug „deutlich überschritten“ werde aufgrund des großen Aufwandes in der Neueinrichtung der forensischen Psychiatrie.

OB Nopper hält Standort nicht für ideal

Oberbürgermeister Frank Nopper hatte jüngst reagiert und bestätigt, dass Sozialminister Manne Lucha (Grüne) ihn im April 2024 von den Überlegungen des Landes unterrichtet habe. „Der Minister hat mich darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung im alleinigen Zuständigkeitsbereich des Landes liege und es keine Mitwirkungspflicht der Stadt gebe. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass dieser Standort in Bad Cannstatt aus meiner Sicht kein idealer Standort für eine derartige Einrichtung sei.“

Sozialministerium wehrt sich

Der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag kritisierte das Vorhaben der grün-schwarzen Landesregierung bereits mehrmals. Nun erwiderte eine Sprecherin Luchas: „Es ist bedauerlich, dass sich Herr Abgeordneter Haag so massiv gegen die Einrichtung eines Maßregelvollzugs positioniert. Fakt ist: Nicht nur in Baden-Württemberg, sondern bundesweit ist der Maßregelvollzug unter Druck.“ Die Landesregierung arbeite daran, im gesamten Land die Kapazitäten auszubauen. Im Raum Stuttgart fehle es bislang an so einem Standort.