Dem Monegassen Charles Leclerc könnte in der Formel 1 mal die Zukunft gehören. Jenson Button glaubt, dass er Sebastian Vettel bei Ferrari unter Druck setzen könnte.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Smarter Bursche, gut aussehend, wohlerzogen: Der Monegasse Charles Leclerc ist zarte 20 Jahre alt, aber irgendwie erkennen die Leute in ihm auch optisch schon den Formel-1-Weltmeister von morgen. Er könnte der neue Supermann der Rennserie werden, wenn die Alphatiere Lewis Hamilton und Sebastian Vettel den Sprung in den Ruhestand wagen. Leclerc könnte mit dem ebenso hoch veranlagten Niederländer Max Verstappen und wenigen anderen um Titel kämpfen. In drei, vier oder fünf Jahren. Vielleicht dauert es auch länger. Und vielleicht wird aus den Träumen am Ende ja auch gar nichts.

 

Ende Juni in Le Castellet wollte an die letztgenannte Variante keiner denken. „Wunderkind“ titelten die Internetportale hektisch. Charles Leclerc hatte das schwachbrüstige Sauber-Auto auf den unglaublichen achten Startplatz gestellt. Derlei Auftritte versetzen die ohnehin schon aufgeregte PS-Branche immer noch mehr in Aufruhr. Leclerc, Charles, geboren und aufgewachsen in Monaco. Diesen Dreiklang will, nein muss man sich merken. Die Formel 1 züchtet sorgsam ihre Pflänzchen. Vielleicht wird aus Leclerc ja mal ein Baum.

Lob von Hamilton

Auch Lewis Hamilton stellte ihm ein bravouröses Zeugnis aus. „Es war fantastisch, ihn in Q3 zu sehen. Es lastet jetzt sicher viel Druck auf ihm, aber trotzdem ist es wirklich cool“, sagte der viermalige Weltmeister. Sebastian Vettel, der andere Vierfach-Champion, lobte den Sauber-Jungspund nach seiner Traumrunde auf dem Circuit Paul Ricard in Le Castellet ebenso. „Der achte Platz ist beeindruckend. Sie hängen mit dem Auto eigentlich noch etwas zurück, aber er scheint seinen Job zu machen.“

Leclerc erinnert Experten an den damals noch jungen Spanier Fernando Alonso. Der zauberte im Hinterbänkler-Minardi immer mal wieder Wunderrunden in den Asphalt, da war den Leuten klar: Der wird mal Weltmeister! Wurde er auch. 2005 und 2006 war das. Anders als andere Talente, die darauf hoffen müssen, dass sich mal die richtige Tür öffnet, sitzt Leclerc bereits an der Quelle.

Er ist Ferrari-Lehrling. Er könnte bald Kimi Räikkönen beerben. Nein, er müsste es sogar, glaubt man dem Ex-Piloten Alexander Wurz. „Kimi ist sensationell gut, aber irgendwann müssen sie an die Zukunft denken“, sagte der Österreicher. „Charles hat sicher die Pole-Position auf das nächste freie Ferrari-Cockpit. Er ist ein richtig guter Mann und ein Versprechen für die Zukunft.“ So weit denkt der so hoch gelobte Rennfahrer noch nicht. „Es ist unglaublich, ich finde keine Worte“, sagte der Monegasse nach Startplatz acht, im Rennen wurde er immerhin guter Zehnter und ergatterte damit ein WM-Pünktchen, danach gab es zwei Punkte in Österreich und einen Ausfall in Silverstone. 13 Zähler hat der Youngster nun bereits auf seinem Konto. „Er ist unglaublich schnell“, lobt der Ex-Pilot Jenson Button und ergänzt: „Ich glaube, dass er Sebastian in einem Ferrari ganz schön Druck machen würde.“

Schwere Lebensphase

Hinter ihm liegt derweil ein schwieriges Jahr. Im Juni 2017 starb vor dem Rennen in Baku überraschend sein Vater Hervé im Alter von 54 Jahren. Er war es, der seinen Sohn gefördert hatte, aber nicht mit übertriebenem Ehrgeiz. Hervé Leclerc ließ seinen Sohnemann oft genug an der langen Leine laufen und war nicht immer an der Strecke. In Baku war sein Sohn noch in der Formel 2 unterwegs. Er fuhr auf die Pole-Position, fuhr die schnellste Rennrunde, siegte – und widmete das seinem Vater. Am Heckflügel des Prema-Rennwagens hatte Charles Leclerc damals den Schriftzug „Ich liebe dich Papa“ auf Französisch angebracht. Nun fährt er Formel 1 – und wird bewundert. „Mein Vater“, sagt er, „schaut vom Himmel zu und lächelt.“