Lewis Hamilton hat das WM-Duell gegen Nico Rosberg für sich entschieden. Der Brite gewinnt das abschließende Rennen in Abu Dhabi souverän.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Abu Dhabi - Als Lewis Hamilton über den Zielstrich fuhr, explodierte über der Zielgeraden des Yas Marina Circuit in Abu Dhabi ein Feuerwerk. Der neue Weltmeister ließ sein Auto kreiseln und nahm auf der Auslaufrunde die britische Fahne mit auf die Reise. Dann parkte er in der Boxengasse seinen Mercedes, stellte sich auf ihn und wedelte mit der Flagge. Danach war kein Teammitglied vor seinen wilden Umarmungen sicher. Später auf dem Podest musste der neue Formel-1-Champion dann auch noch seine Tränen unterdrücken. Eine Zentnerlast war ihm von den Schulter gefallen, das zeigte er mit jeder Faser seines Körpers, denn er hätte im großen Mercedes-Finale auch alles verlieren können. Dem war nicht so.

 

Der Rivale Nico Rosberg gratulierte derweil artig nach einem Rennen, das nicht seines war, dafür aber für den Engländer verlief wie im Märchen aus Tausend und einer Nacht. In der Wüste des Emirats holte er sich seinen zweiten WM-Titel nach 2008 ab. „Mir fehlen die Worte. Das Einzige, was ich meinen Fans und meiner Familie sagen will: Ich liebe euch“, sprach Hamilton, den man wohl noch nie so emotional erlebt hatte. „Das ist der schönste Tag in meinem Leben“, sagte er noch und vergaß in den Momenten höchsten Glücks auch seinen WM-Gegner nicht. „Nico hat das ganze Jahr über unglaublich gekämpft. Das war phänomenal.“

Auch Prinz Harry ist aus dem Häuschen

Zu den Gratulanten gehörte auch Prinz Harry, der begeistert war vom Untertan. „Lewis ist eine absolute Legende“, sagte der Vertreter des britischen Königshauses, der nach Hamiltons Zieldurchfahrt am Kommando-Stand auftauchte. Den Teammitgliedern dort dankte der 29 Jahre alte Weltmeister immer wieder. „Das Auto war fantastisch. Ihr seid fantastisch.“

Der künftige Ferrari-Mann Sebastian Vettel musste sein letztes Red-Bull-Rennen wegen eines regelwidrigen Frontflügels aus der Boxengasse starten. Er kam auf Platz acht und wurde Fünfter in der Endabrechnung. Die dem Mercedes-Team hinterherfahrende deutsche Fahrgemeinschaft hatte auch bei ihrer Abschiedstour nicht viel zu lachen. Adrian Sutil, der beim Sauber-Team ausscheidet, beendete das Rennen (und seine Formel-1-Karriere?) als 16., Nico Hülkenberg wurde im Force India immerhin Sechster. Die Gesamtwertung führt Sutil zum Saisonabschluss auf Platz 18, Hülkenberg ist Neunter.

Beim mit Spannung erwarteten Start ins Saisonfinale waren die Augen aber in erster Linie auf das Mercedes-Duo gerichtet. Oder würde ein Dritter Hamilton abschießen? Oder würden sich Rosberg und er in der ersten Kurve berühren? Nichts trat ein. Stattdessen schoss Hamilton vom zweiten Startplatz an Rosberg auf den ersten Metern vorbei. Er übernahm die Führung. Statt es sich auf Platz zwei, der für den Titelgewinn ausreichte, hinter dem Rivalen gemütlich einzurichten, wählte Hamilton die forsche Methode: Sieg in Abu Dhabi und der Gewinn des zweiten Titels an einem Tag – das war der Plan. Er hängte Rosberg ab, ließ ihn förmlich stehen. „Das war einer meiner besten Starts überhaupt“, kommentierte Hamilton sein Meisterstück.

Rosbergs erfolglose Provokationen

Der erste Platz war weg, der Williams-Pilot Massa verlor immer mehr an Boden auf das vorauseilende Silber-Paar. Und für Rosberg platzte der Traum vom ersten Titel früh. Dann leitete er sich auch noch einen Fehler, verlor aber nicht nur dadurch den Anschluss zu Hamilton. In der 25. von 55 Runden sagte Rosberg über Boxenfunk: „Ich verliere Motorleistung.“ Das Hybrid-System ERS war ausgefallen. Dadurch fehlten ihm auf der Geraden PS. Kurz danach überholte ihn der Brasilianer Massa, später wurde der Deutsche bis auf Platz 13 durchgereicht. Das Team wollte den Verlierer des Tages zwei Runden vor Schluss in die Garage holen und erlösen, doch er zog die Tortur durch. Fünfter hätte Rosberg für den Titelgewinn werden müssen, falls Hamilton noch ausgefallen wäre. Und so schaukelte der Engländer die Angelegenheit unaufgeregt nach Hause.

Das ganze Wochenende über trat Rosberg offensiv auf. Er führte einen Nervenkrieg, um Hamilton zu verunsichern. Dass er einem anderen Piloten anbot, ihm den Wellness-Abend zu bezahlen, sollte er Hamiltons WM-Pläne kreuzen, gehörte noch zu den harmloseren Aussagen. Hamilton, der angespannt wirkte, machte so gut es ging einen weiten Bogen um den Provokateur. Er beantwortete die Sticheleien indirekt mit einer bis zum Bauchnabel reichenden, sehr imposanten Goldkette um den Hals. Silber war für Rosberg bestimmt.