Die Luft ist raus aus dieser Weltmeisterschaft. Sebastian Vettel hat sie vergangene Woche entschieden. Nun hoffen die Konkurrenten, dass durch die Turbo-Motoren im Jahr 2014 die Dominanz von Red Bull ihr Ende nimmt.

Abu Dhabi - Luft ist raus aus dieser Weltmeisterschaft. Sebastian Vettel hat sie vergangene Woche entschieden. Es ist nicht das erste Mal, dass der Champion vorzeitig feststeht. 2011 war es fünf Rennen vor Schluss. Michael Schumacher hat 2002 schon im elften von 17 Rennen alles klar gemacht. Nigel Mansell war 1992 nach 69 Prozent der Saison durch. Es ist tröstlich, dass in den meisten Jahren der frühen Entscheidungen die restlichen Rennen besser wurden. Wahrscheinlich liegt es daran, weil es um nichts mehr geht.

 

Und so wird dann oft mehr riskiert und weniger taktiert. Die Chancen, dass einer Vettel und Red Bull noch aus dem Konzept bringt, sind relativ gering. Dazu ist das Auto des Deutschen zu überlegen und Vettel zu ehrgeizig. „Wir wollen auch die letzten drei Rennen gewinnen“, sagte der vierfache Weltmeister vor dem Rennen in Abu Dhabi am Sonntag (14 Uhr, MEZ/RTL). „Bei uns geht keiner mit der Einstellung ins Wochenende, dass es nichts mehr zu holen gibt.“

Fernando Alonso hat die Hoffnung auf einen dritten Saisonsieg bereits aufgegeben. „Das geht nur, wenn es in Brasilien wieder ein Rennen mit Wetterchaos gibt. Aber selbst im Regen müssten Vettel und Red Bull erst einmal einen Fehler machen.“ Die Verlierer lecken ihre Wunden und klammern sich an die Hoffnung, dass die große Regelreform 2014 die Uhren auf Null stellt. Mark Webber macht den Träumern wenig Hoffnung. Der Faktor Newey wird auch im nächsten Jahr eine Trumpfkarte sein. Gemeint ist Adrian Newey, der kauzige Stardesigner des Teams. „Adrian ist mit weitem Abstand der beste Ingenieur, mit dem ich je gearbeitet habe“, sagt Webber. „Ein Rennauto ist immer ein Kompromiss. Adrian hat die Gabe zu erkennen, auf was es beim jeweiligen Reglement am meisten ankommt.“

Der Motor – die große Unbekannte

So bleibt die neue Antriebseinheit die große Unbekannte, über die Red Bull im nächsten Jahr stolpern könnte. Wer den V6-Turbomotor mit doppeltem Energierückgewinnungssystem am besten hinbekommt, kann auf zwei Ebenen punkten: bei der Standfestigkeit und der Motorleistung im Rennen. Da setzt ein Verbrauchslimit von 100 Kilogramm Kraftstoff vom Start bis ins Ziel den Ingenieuren enge Grenzen.

Newey fürchtet, es könnte am Ende nicht auf die Qualitäten des Autos, sondern des Motors ankommen. Mercedes, Ferrari, und McLaren hoffen, dass es so ist. Doch die potenziellen Gegner von Red Bull treiben andere Sorgen um. Mercedes wird am Jahresende wahrscheinlich Teamchef Ross Brawn verlieren. Das wäre ein herber Verlust. Das „Superhirn“, wie Brawn in dem Zirkus genannt wird, hat in den vergangenen drei Jahren Arbeit eine schlagkräftige Truppe aufgestellt. Er ist die Integrationsfigur im Werk in Brackley und der ruhende Pol an der Strecke. Seit jeder am richtigen Platz sitzt, kommen die ersten Erfolge.

Wenn der Kapitän tatsächlich von Bord geht, wäre das der dümmste Zeitpunkt. Die Teams stehen 2014 vor der größten technischen Herausforderung der GP-Geschichte. Da hat man lieber einen auf der Kommandobrücke, der in diesem Geschäft schon alles erlebt hat. Kontinuität hilft in schwierigen Zeiten. Der Red-Bull-Berater Helmut Marko freut sich schon: „Uns könnte gar nichts Besseres passieren, wenn Ross ginge. Das würde Mercedes schwächen“, sagt der Österreicher.

Zwei Weltmeister in einem Team bergen Zündstoff

Ferrari versucht Red Bull mit Fernando Alonso und Kimi Räikkönen die bestmögliche Fahrerpaarung entgegenzusetzen. Doch zwei Weltmeister in einem Käfig bergen auch Zündstoff. Und Alonso vermittelt weiter den Eindruck, dass er am liebsten weg will, am liebsten zu McLaren. Auch wenn er in Abu Dhabi sämtliche Gerüchte, es gebe eine Krise zwischen ihm und Ferrari, dementierte. Missmutig reagierte der Spanier auf wiederkehrende Spekulationen: „Ihr könnt mich immer wieder fragen, und ich werde immer wieder das Gleiche antworten: Das Verhältnis war gestern perfekt, es ist heute perfekt – und es wird auch morgen perfekt sein.“Gleichzeitig hält er seinem Arbeitgeber aber auch vor, dass er sich wegen Fehlentwicklungen im Technikbüro frühzeitig aus dem Titelrennen verabschiedet habe. Ferrari versucht gerade Defizite auf diesem Gebiet wettzumachen. Zuletzt waren der Windkanal, der Simulator, die Simulationen und die Computer gestützte Konstruktion nicht mehr auf dem neuesten Stand. Stattdessen weinte Präsident Luca di Montezemolo der goldenen Zeit nach, in der man noch ungeschränkt testen durfte. Ferraris Gegner haben die Teststrecke ins Labor geholt. Und Maranello hat geschlafen.

Und McLaren? Das Team aus Woking bleibt in diesem Jahr erstmals seit 2006 sieglos. Und womöglich zum ersten Mal seit 1980 ohne Podiumsresultat. „Wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Manchmal hilft so ein reinigendes Gewitter“, ist Jenson Button überzeugt. Doch auch 2014 könnte ein schwieriges Jahr werden. Mercedes ist nur noch ein Jahr Motorenpartner. Dann kommt Honda. Aus Angst vor Technologietransfers versorgt Mercedes seinen langjährigen Partner deshalb nur noch mit den nötigsten Informationen. Die Antriebseinheit wurde für das Werksteam maßgeschneidert – nicht für die Kunden.