Die Rennstrecke in Monaco gilt schon lange als nicht mehr zeitgemäß. Doch bei den Formel-1-Piloten steht sie hoch im Kurs.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Monte Carlos - Monaco wird dieser Tage über den Seeweg belagert. Vor dem Hafen ankern 27 Yachten. Vom zwei Millionen Euro teuren Einstiegsmodell bis zum 50-Millionen-Kahn ist alles vertreten. Auch im Hafen liegen jede Menge Prestigeobjekte der Millionäre und Milliardäre, die sich den Formel-1-Spaß nicht entgehen lassen wollen. Am Abend wird auf den Booten Kaviar kredenzt und tagsüber auf dem Deck beim Sonnenbaden ausgeruht. Das Leben ist schön.

 

Angst müssen die Besitzer um ihre mondänen Stücke keineswegs haben. Nur zweimal raste ein Formel-1-Auto ins Hafenbecken von Monte Carlo. Zuletzt erwischte es 1965 den Australier Paul Hawkins, der seinen Lotus in den Fluten versenkte. Zehn Jahre zuvor war der Italiener Alberto Ascari mit seinem Lancia ins Mittelmeer gerast. Keinem der Piloten passierte etwas. Allerdings verunglückte Ascari zwei Wochen später auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Monza tödlich. Hawkins kam vier Jahre nach seinem Monaco-Unfall bei einer unterklassigen Veranstaltung namens RAC Tourist Trophy auf der englischen Rennstrecke im Oulton Park ums Leben.

Nirgends sind die Rennwagen langsamer unterwegs

Eine Formel-1-Piste passt in die Häuserschluchten Monacos so wenig wie eine Boeing 747 in einen Schuhkarton. Darüber herrscht im Prinzip Einigkeit. Und doch wird gefahren. Den Befürchtungen zum Trotz, die Strecke sei nicht zeitgemäß und gefährlich. Tatsächlich aber spricht die Statistik eine andere Sprache: Fünf Tote bei Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring, drei in Monza – das sind die Spitzenreiter der furchtbaren Rangliste. In Monte Carlo kam dagegen „nur“ der Italiener Lorenzo Bandini um. Im Jahr 1967 fing sein havarierter Ferrari Feuer.

Die Geschwindigkeit der Autos in Monaco ist keine maximale, sondern eine relative. Nirgends sind die Rennwagen langsamer unterwegs als im Fürstentum. Das begrenzt die Gefahr folgenschwerer Unfälle. So nehmen die modernen Boliden die Loews-Haarnadel mit Tempo 75. Wer seinen Wagen besser ans Limit treibt, also die Kurve mit 77 Kilometern pro Stunde durchquert, der hat auch die Chance auf eine bessere Rundenzeit. Das macht den kleinen, aber feinen Unterschied aus. In Monte Carlo sind filigrane Fahrkünste gefragt. Wer das viel zitierte beste Gefühl im Hintern hat, gewinnt. Die Monaco-Größen heißen nicht umsonst Ayrton Senna, der den Grand Prix sechsmal gewann, und Michael Schumacher. Der schaffte es fünfmal.

„Ich kam hier schon von ganz hinten an und wurde noch Fünfter, wenn ich mich nicht irre“, erinnert sich Schumacher vage. Damit drückt er seine Vorfreude auf die Raserei durch die Gassen aus. „Du brauchst hier den Rhythmus, den Flow, das Momentum“, fügt der Altmeister der Branche hinzu. Auch der Marussia-Pilot Charles Piq ist ein großer Monaco-Freund, nennt die Strecke „eine nette Bahn“, auf der man sich allerdings keine Fehler erlauben dürfe.

Den Red-Bull-Piloten Mark Webber fasziniert dagegen an dem Stadtkurs vor allem die logistische Leistung des Formel-1-Zirkus bei dem außergewöhnlichsten Grand Prix des Rennkalenders: „Es ist erstaunlich, dass wir in dieser Enge so ein Event machen können, und ich glaube, Monaco steht bei jedem Fahrer hoch im Kurs.“ Und der Neu-Monegasse Lewis Hamilton, der von der Schweiz an die Côte d’Azur umsiedelte, hat einen sehr persönlichen Vorteil ausgemacht: „Ich schlafe hier in meinem eigenen Bett.“

Eine neue Asphaltdecke an zahlreichen Stellen

Ausgeruht haben sich die Veranstalter im Reich der Grimaldis sicher nicht. Infolge der Unfälle von Sergio Perez und Nico Rosberg im vergangenen Jahr wurden zahlreiche Stellen mit einer neuen Asphaltdecke versehen, die Passagen bei St. Devote und am Schwimmbad sind mit modernen nachgebenden Barrieren ausgestattet worden anstelle der profanen Reifenstapel. Überdies ist es nur auf der Start-Ziel-Geraden erlaubt, den Heckflügel beim Überholvorgang zu verstellen. Im Tunnel wäre es zu gefährlich.

Beim Stadtkurs in Singapur gebe es viel mehr Bodenwellen, mehr Kurven, und man fahre im Dunkeln, sagt Sebastian Vettel, auch für ihn hält sich die Gefahr in Monte Carlo in Grenzen. Für Nico Rosberg, der zeit seines Lebens im Fürstentum wohnt und jeden Kanaldeckel persönlich kennt, kommt es derweil nur auf zwei Dinge an: „Du musst dich in deinem Auto wohlfühlen und dich auf die Bremsen verlassen können“, sagt er, das wäre es auch schon.

Zu einem Wasserunfall kann es in Monaco im Übrigen nicht mehr kommen. Wenn nur nicht wieder so ein Missgeschick passiert wie 1981. Damals war in der Küche des Hotels Loews eine Fritteuse explodiert. Der Brand wurde gelöscht, wodurch der Tunnel unter Wasser stand. Der Grand-Prix-Start musste verschoben werden, der Koch kam mit dem Schrecken davon.