Sebastian Vettel hat seinen Vorjahressieg beim Formel-1-Klassiker nicht wiederholen können. Er kommt in Monaco hinter Daniel Ricciardo ins Ziel. Dritter wird Lewis Hamilton, der damit seine WM-Führung verteidigt. Für Spannung sorgen diesmal nur die Reifen.

Monte Carlo - Sebastian Vettel hat beim Reifen-Poker von Monte Carlo den 50. Sieg in seiner Formel-1-Karriere verpasst und die Champagner-Sause von Red Bull im Fürstentum nicht verhindern können. Der viermalige Weltmeister musste sich am Sonntag in seinem Ferrari beim Klassiker der Motorsport-Königsklasse Daniel Ricciardo geschlagen geben.

 

Der Australier zeigte trotz Motor- und Schaltproblemen eine famose Leistung und bescherte seinem Team im 250. Grand Prix den prestigeträchtigsten Sieg in der Formel 1. WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton (110) kam im Mercedes auf den dritten Platz und büßte drei Zähler auf Vettel (96) ein, der nach dem sechsten Saisonrennen 14 Punkte Rückstand auf den 33 Jahre alten Briten hat. Gesamtdritter ist nun Ricciardo (72).

Rennen kommt ohne Safety Car aus

Vierter wurde in dem Rennen, das bemerkenswerterweise ohne das Safety Car auskam, Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari vor Valtteri Bottas im zweiten Mercedes. Nico Hülkenberg schaffte es nach zwei Ausfällen zuletzt mit seinem Renault auf den achten Rang in einem Rennen, in dem nur die Frage der Reifen-Haltbarkeit für Spannung sorgte.

Auf den ersten, oft so dramatischen 226 Metern, hielten sich alle schadlos, Pole-Mann Ricciardo schlängelte sich souverän als Erster durch die erste Kurve. Dahinter verteidigte Vettel ebenso problemlos Startrang zwei wie Hamilton seinen dritten Platz. War das etwa schon die Vorentscheidung nach wenigen hundert Metern auf dem engen Kurs durch die Hauserschluchten den Fürstentums?

Keineswegs. Wie Überholen trotz Platzmangel funktioniert, zeigte am Ende des Feldes Ricciardos Teamkollege Max Verstappen. Nach seinem Crash in der Qualifikation und dem Start vom 20. und letzten Rang raste er nach den ersten sieben von 78 Runden bereits auf den 14. Platz vor. Hinzu kam: Wer wagt den ersten Boxenstopp? Oder wer muss zuerst die Reifen wechseln? Und wie lange halten welche Gummis?

Hamilton nörgelt über Bummeltempo

Hamilton tauschte sie als erster. Zunächst hatte der Brite über das Bummeltempo genörgelt, das Ricciardo offensichtlich anschlug, um die eigenen Reifen nicht allzu sehr zu strapazieren. Kurz danach bemängelte Hamilton, dass seine Reifen nachlassen. In Runde zwölf kam er rein, reihte sich auf Rang sechs wieder ein. Derweil funkte der Kommandostand von Ferrari an Vettel: „Wenn Du das Tempo halten kannst, bleibt draußen.“ Nur ein Trick? Drei Runden später tauschte auch Vettel die hypersoften Reifen gegen etwas härtere und damit haltbarere Gummis.

Es war der Versuch, Ricciardo an der Box zu schlagen. In den vergangenen drei Jahren fiel auf dem Stadtkurs mit so legendären Passagen wie der Rascasse, der Sainte Devote oder vorbei am Schwimmbad die Entscheidung jeweils bei den Boxenstopps.

2016 auch schon zum Nachteil für Ricciardo, als er zum ersten Mal in Monte Carlo auf der Pole gestartet war. Damals verpennte seine Crew den Reifenwechsel. 2015 hatte Mercedes Hamilton durch einen unnötigen weiteren Stopp ausgebremst, vor einem Jahr wurde Kimi Räikkönen durch einen vorgezogenen Reifenwechsel benachteiligt, Vettel gewann.

Reifenangst geht um

Und diesmal: Beim ersten Wechsel-Reigen ging alles glatt, die Reihenfolge blieb unverändert. Von Ruhe aber keine Spur: Die Reifenangst ging um. Hamiltons Gummis bauten erneut schnell ab. „Ich habe es euch gesagt mit den Reifen“, funkte er an seinen Kommandostand.

Doch was zuvor Ricciardo seinem Team mitzuteilen hatte, war dramatischer: „Ich verliere Power.“ Gerade mal 28 Runden waren absolviert, Vettel war ganz nah dran. „Ricciardo muss ein Problem haben“, meinte der Hesse am Teamradio und jagte den Australier, dessen Schaltung auch nicht einwandfrei funktionierte.

Bis auf Bottas hatten alle Siegkandidaten dasselbe Problem: Die Reifen. Die ultrasofte Mischung erwies sich als langsamer als die härtere supersofte, die Bottas aufziehen lassen hatte. Andersrum soll es eigentlich sein. Ricciardo, Vettel, Hamilton und Räikkönen konnten nur hoffen, dass ihre Reifen bis zum Schluss halten würden. Einen letzten Angriff schaffte Vettel auch nach einer virtuellen Safety-Car-Phase kurz vor Schluss nicht mehr.