Red Bull, Ferrari und McLaren investieren Unsummen in der Formel 1, doch am Ende siegt trotzdem meist Mercedes. Dieser Wettbewerb hat über die Jahre dazu geführt, dass immer mehr Teams gestorben sind.

Sepang - Geld verdirbt den Charakter, heißt es zumindest. In der Formel 1 verdirbt es den ganzen Sport. Also teilt sich die oberste Spielklasse des Motorsports in drei Gruppen: Vorne fahren Mercedes, Ferrari, Red Bull und McLaren mit Budgets zwischen 180 und 300 Millionen Euro um den Sieg. Hinten kämpfen die Hungerleider Lotus, Force India, Sauber und Manor ums Überleben. Dazwischen hängen mit Williams und Toro Rosso zwei Teams, die jederzeit in die Liga der Überlebenskünstler abrutschen können.

 

Das Fatale daran: die eine Gruppe gönnt der anderen nichts. Wenn die Kleinen nach Sparprogrammen rufen, hören die Großen weg. Sie haben ihre eigenen Sorgen. Ferrari, Red Bull und McLaren müssen mehr Geld ausgeben, um den Rückstand zu Mercedes aufzuholen. Mercedes braucht mehr Geld, um seinen Vorsprung zu konservieren. Diese Konstellation hat über die Jahre dazu geführt, dass immer mehr Teams gestorben sind.

Das Kommen und Gehen in der Formel 1

Beim Saisonstart in Melbourne standen zwar 20 Autos in den Boxengaragen, aber nur 15 waren am Start. Weil es kein Auffangnetz mehr gibt. Der Mercedes-Teamchef Toto Wolff wirft ein, dass es in der Formel 1 schon immer ein Kommen und Gehen gab. Das ist prinzipiell richtig, doch mit einem entscheidenden Fehler: Früher hatte die Formel 1 bis zu 15 Teams. Da konnte die Szene den Abschied von drei Rennställen leicht verkraften, weil man genau wusste, dass zwei neue nachstoßen.

In den letzten 25 Jahren haben 13 neue Teams in der Königsklasse angeheuert – acht davon sind aber wieder verschwunden. Vier wurden verkauft, teilweise mehrfach. Jordan heißt heute Force India. Aus Stewart wurde über den Umweg Jaguar Red Bull. Aus BAR zuerst Honda, dann BrawnGP und jetzt Mercedes. Nur Sauber ist noch als Sauber an Bord.

Der Grund für die strenge Auslese ist einfach. Der Preis, um zu überleben, stieg im gleichen Maß, in dem die Topteams ihren Einsatz erhöht haben. Er liegt heute bei 100 Millionen Euro. Toro-Rosso-Technikchef James Key erklärt den zerstörerischen Mechanismus: „Um eine Daseinsberechtigung zu haben, müssen wir innerhalb von eineinhalb Sekunden mit der Spitze fahren. Jedes Mal wenn die ihr Budget nach oben schraubt, müssen wir mitziehen.“

Jeder lebt in seiner eigenen Welt

Dabei lebt jeder in seiner eigenen Welt. Mercedes sorgt sich um die schlechte Berichterstattung, weil sie die beeindruckende Leistung des Teams verwässern könnte. Toto Wolff und sein Außenminister Niki Lauda sagen übereinstimmend: „Krise, welche Krise?“ Ferrari klopft sich auf die eigene Schulter, weil man den Abstand zu Mercedes über den Winter halbiert hat. Deshalb überlässt Maranello im Augenblick das Jammern anderen.

Trotzdem werden dezent Briefe an die Drahtzieher des Sports geschrieben, die das augenblickliche Reglement in Frage stellen. Wozu einen die Verzweiflung treiben kann, demonstriert im Augenblick Red Bull. Das Team, das zwischen 2010 und 2013 alle WM-Titel abgeräumt hat, ist sich nicht zu schade, jetzt den schlechten Verlierer zu spielen. Red Bull droht mit Ausstieg, will die Regeln ändern oder wenigstens einen Gleichstellungsmechanismus beim Motor. Der Teamberater Helmut Marko und Christian Horner bekamen prompt die Quittung dafür.

Red Bull und der Ruf des schlechten Verlierer

Red Bull muss sich jetzt anhören, ein schlechter Verlierer zu sein. In den Fanforen hagelt es Kritik. Tenor: nur weil man nicht mehr gewinnt, will man nicht mehr mitspielen. Die Gefahr für die Königsklasse droht also nicht von jenen, die aus Hotels geworfen werden, weil sie nicht Vorkasse leisten können. Nicht von Lotus, Sauber und Force India, die von Bernie Ecclestone einen Vorschuss von zehn Millionen Dollar erbettelt haben, um überhaupt an den ersten Rennen teilnehmen zu können. Sie rollt von den Teams auf die Serie zu, die mit genug Geld um Siege fahren. Oder sagen wir besser: um Siege fahren wollen.

Gemeint sind Red Bull, Ferrari und McLaren-Honda. Noch bevor die Kleinen sterben, werden sich die Großen zerfleischen. Das Klagelied von Red Bull ist kein Präzedenzfall. Als das Team des österreichischen Limonadeherstellers alles gewann, hat Ferrari-Boss Luca di Montezemolo den Regelhütern gedroht. Er wollte das Diktat der Aerodynamik brechen. Plakativer Spruch: „Ferrari baut Autos, keine Flugzeuge.“ Ferrari bekam, was sie wollten. Eine Formel, bei der die Antriebsquelle über Sieg und Niederlage entscheidet. Trotzdem gewinnen die roten Autos nicht.

Red Bull macht es jetzt umgekehrt. Man will den Motor kastrieren und dafür wieder mehr Freiheiten bei der Aerodynamik. Ferrari hält die Füße still, weil man noch auf der Wolke des Aufschwungs schwebt. Doch wie lange? Geduld ist keine Tugend im Club der Vermögenden. Red Bull beschäftigt rund 800 Leute nur für den Bau des Autos. Ferrari hat die Motorenabteilung auf 500 Mitarbeiter aufgeblasen, um mit Mercedes Schritt halten zu können. Das Verlieren ist unerträglich teuer geworden.