Lewis Hamilton ist nach 2008 zum zweiten Mal Formel-1-Weltmeister geworden. Der Brite hat sich aus der Umklammerung seines Vaters Anthony gelöst und fährt damit gut. Sehr gut sogar.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Abu Dhabi - Lewis Hamilton ist in Abu Dhabi angespannt gewesen. Seine Freundin Nicole Scherzinger war zunächst nicht am Start, wurde erst zum Rennen eingeflogen. Sich voll und ganz auf die Aufgabe zu konzentrieren, war das Gebot der finalen Stunde. Hamilton hatte ein gutes Gefühl, was den Punktevorsprung im Mercedes-Duell mit Nico Rosberg anging, doch kein gutes Gefühl im Hinblick auf die Formel-1-typischen Unwägbarkeiten, mit denen immer zu rechnen ist. Das spürte er. Es war ihm anzumerken. Das ganze Wochenende über.

 

Es ist aber gut gegangen – und damit der zweite Titel des Engländers perfekt. Er hat lange darauf warten müssen, wurde ungeduldig, die Red-Bull-Dominanz schlug ihm aufs Gemüt. Dazu gesellten sich im Privaten immer mal wieder Turbulenzen in der On-off-Beziehung mit der Sängerin. Mal war es aus, mal alles wieder gut. Auch der Abnabelungsprozess von seinem Vater Anthony, der ihn förderte und als Manager immer ein kontrollierendes Auge auf ihn warf, war gar nicht so einfach. Irgendwie befand sich der in Stevenage bei London geborene Rennfahrer sportlich wie privat im Wechselbad der Gefühle.

Schon früh wird Hamilton als Wunderkind bejubelt

In die Formel 1 ist Lewis Hamilton hereingeplatzt wie vor ihm kein anderer Pilot. Von null auf hundert in drei Sekunden – mindestens. Im März 2007 gab er sein Debüt bei McLaren-Mercedes, nur drei Monate später gewann er in Kanada seinen ersten Grand Prix. Als Wunderkind aus England, bejubelte ihn die Branche. Und fühlte sich bestätigt, als das so hoch gehandelte Talent bereits in seiner zweiten Saison Weltmeister wurde. Ein bisschen Glück war zwar dabei, weil er auf den letzten Metern des abschließenden Rennens in Brasilien gerade noch den Deutschen Timo Glock überholen konnte, der im Regen mit glatten Reifen unterwegs war und immer langsamer wurde. Aber so rettete sich Hamilton als Fünfter ins Ziel und wurde mit einem Punkt Vorsprung Champion vor Felipe Massa. Der glaubte schon eine Minute lang, er habe den Titel gewonnen.

Durch diesen Erfolg fühlte sich vor allem Hamiltons sportlicher Ziehvater Ron Dennis bestätigt. Der führte den heute 29-Jährigen nach oben – gemeinsam mit Vater Anthony Hamilton. „Wir haben ein Experiment gemacht und versucht, einen Weltmeister zu formen – und das ist uns gelungen“, sagte der McLaren-Chef einmal so, als könne man einen erfolgreichen Piloten nach dem Baukasten-Prinzip herstellen.

Plötzlich Gangsta-Rapper

Lewis Hamilton zeigte in seinen ersten Jahren Dankbarkeit: gegenüber dem Vater, weil der mit zwei Jobs das Geld zusammenkratzte, um ihm das kostspielige Abenteuer Motorsport zu ermöglichen. Aber auch gegenüber Ron Dennis, der ihm die Chance gab, sich zu entwickeln und schließlich in die Formel 1 zu gelangen.

Vor der Saison 2013 wechselte Lewis Hamilton als Wunschpilot von Niki Lauda von McLaren zu Mercedes – und löste sich damit auch aus der Obhut von Ron Dennis. Als hätten ihm die beiden Überväter zuvor ein wenig die Luft zum Atmen genommen, raste er auch im Leben auf der Überholspur. Die Tätowierungen wurden mehr, plötzlich zierten Brillanten die Ohren – aus dem braven Jungen war ein Gangsta-Rapper geworden. Und seit dem vergangenem Jahr weicht Roscoe, sein Hund, auch nicht von seiner Seite. Er passt jetzt auf Lewis Hamilton auf. Und wie man seit Sonntag weiß, macht auch er das mit großem Erfolg.