Im Jahr 1991 spendierte der spanische Staat den Circuit de Catalunya. Seit der Entstehung der 4,655 Kilometer langen Rennstrecke gastiert hier jedes Jahr die Formel 1.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Barcelona - Zu trauriger Berühmtheit gelangte der Große Preis von Spanien 1975. Am Hill-Ford des Deutschen Rolf Stommelen brach der Heckflügel, weshalb der Rennwagen des Kölners in die rechte Leitplanke donnerte und danach auf die linke Fahrbahnseite geschleudert wurde. Dort durchbrach er die Begrenzung und tötete fünf Zuschauer und Streckenposten. Stommelen selbst kam acht Jahre später bei einem Sportwagenrennen in Riverside ums Leben. Und Jochen Maas holte sich nach dem erst später abgebrochenen Grusel-Rennen in der katalanischen Metropole seinen ersten und letzten Formel-1-Sieg. „Es befriedigt mich, dass ich die ganzen Jahre weitestgehend gesund überstanden habe“, sagt Maas heute, denn zahlreiche seiner Kollegen überlebten ihr Rennfahrerdasein nicht.

 

Im Jahr 1982 folgte dann noch seine Beteiligung am folgenschweren Crash mit Gilles Villeneuve, dem hochtalentierten Ferrari-Piloten und Star der Branche. Bis heute ist nicht geklärt, ob das Manöver von Maas im Abschlusstraining von Spa zum Tod des Kanadiers führte oder nicht. Und bis heute lässt den Deutschen auch diese Tragödie nicht mehr los.

Der Große Preis von Spanien hat Tradition

Exakt 42 Jahre nach dem Stommelen-Unfall trifft sich die Formel-1-Gemeinde am Sonntag in der katalanischen Metropole wieder (14 Uhr/RTL). Bei dem tödlichen Crash 1975 wurde der Große Preis von Spanien noch auf dem gefährlichen Montjuic-Stadtkurs in Barcelona ausgefahren. Der Grand Prix von Spanien wanderte all die Jahre immer munter hin und her. Mal wurde in Jerez, mal in Jarama, Montjuic oder Pedralbes gefahren. Um Struktur in dieses Durcheinander zu bringen, spendierte der spanische Staat 1991 den Circuit de Catalunya im Norden von Barcelona in Montmelo. Und seit Entstehung der 4,655 Kilometer langen Rennstrecke gastiert auf ihr jedes Jahr die Formel 1.

Seit geraumer Zeit ist Barcelona als klassischer Europa-Auftakt im Terminkalender der Königsklasse fest installiert. Weil dort wegen des milden Winters die Testfahrten Ende Februar stattfinden, wird der Circuit de Catalunya auch als Wohnzimmer der Formel 1 bezeichnet. Nirgendwo kennen sich die Piloten besser aus, jede winzige Fahrbahnunebenheit ist ihnen bekannt. Es heißt auch: Wer hier gewinnt, wird Champion. Von den bislang 26 Barcelona-Grand-Prix wurden stramme 22 von Weltmeistern gewonnen. Rekordsieger ist Michael Schumacher mit sechs Erfolgen.

Ein Gradmesser für den Saisonverlauf

Der Europa-Auftakt in Barcelona ist der Gradmesser für den weiteren Saisonverlauf. Wer hier stark ist, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine wichtige Rolle im Titelkampf spielen. Keine Formel-1-Strecke ist im Hinblick auf das Layout ausgewogener als der Rundkurs in Montmelo. Es gibt wirklich alles: schnelle, mittelschnelle und langsame Kurven, knifflige Passagen sowie eine lange Gerade. Gute Rundenzeiten auf dieser Strecke geben den Teams die Gewissheit, dass sie tatsächlich ein ordentliches Auto gebaut haben. Nur hier zeigt sich, wer aerodynamisch einen guten Job gemacht hat. Deshalb ist der Kurs auch so geeignet für Testfahrten.

„Es ist immer wieder schön, mit der Formel 1 zurück in Mitteleuropa zu sein“, sagt etwa Pascal Wehrlein. „Ich mag den Circuit de Catalunya, weil diese Strecke fahrerisch anspruchsvoll und vielfältig ist – kurz gesagt: Sie bietet von allem etwas“, fügt der Sauber-Pilot aus Worndorf an. „Wir alle kennen die Strecke von den Testfahrten bestens. Doch jetzt im Mai präsentiert sich der Asphalt anders als bei den Wintertests, weil die Temperaturen um einiges höher sind“, sagt indes Wehrleins schwedischer Teamkollege Marcus Ericsson.

Ein richtiges Grand-Prix-Dorf

Beim Auftakt der Europatour sind die Teams erstmals in der Saison auch mit einem riesigen Equipment unterwegs. Deshalb hat sich die lange Truck-Karawane des Sauber-Teams auch Anfang der Woche aus Hinwil auf den Weg nach Montmelo gemacht, um im dortigen Fahrerlager den üppigen Gästebereich aufzubauen – so wie alle anderen Rennställe auch. Hinter dem Boxengebäude entsteht damit – wie überall in Europa – ein richtiges Grand-Prix-Dorf.

Das neue Formel-1-Oberhaupt hat derweil großes Interesse daran, den Kontrakt mit Barcelona vorzeitig zu verlängern. „Unser Plan ist, dass es einen langfristigen Vertrag geben wird“, verspricht Chase Carey – und hat dabei nicht nur den beliebten Rundkurs im Blick. Barcelona, sagt er, sei eine „wunderschöne und magische Stadt“.