Ob links oder rechts – Extremismus findet man in allen politischen Lagern. Auch die Religion wird von Extremisten, wie den Terrorkämpfern des Islamischen Staates, als Deckmantel zur Durchsetzung ihrer radikalen Ziele missbraucht. Eine Übersicht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Der Extremismus zeigt sich hierzulande oft in Form des Links- und Rechtsextremismus, aber auch Islamisten bedrohen die Sicherheitslage der Bevölkerung mit terroristischen Angriffen. Dagegen steht der Verfassungsschutz, dessen Auftrag die Gefahrenabwehr beinhaltet. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, beobachtet der Inlandsgeheimdienst die unterschiedlichen Lager – eine Übersicht.

 

Islamisten – Hass auf den Westen

In Deutschland leben mehr als fünf Millionen Muslime. Nur eine kleine Minderheit sind Islamisten – politische Extremisten, die den Islam nur als Vehikel und Propagandamittel benutzen, um ihre radikalen Ziele zu erreichen. Ihr Feindbild ist die westliche Lebensweise, ihr Ziel eine streng regulierte Gesellschaft, die sich religiösen Vorschriften unterordnet. Der Islam verachtet viele im Grundgesetz verankerten Prinzipien des Zusammenlebens: Volkssouveränität, Trennung von Staat und Religion, freie Meinungsäußerung, Gleichberechtigung der Geschlechter, Religionsfreiheit – auch im Sinne der Freiheit, sich gegen eine Religion zu entscheiden. Ein wesentliches ideologisches Element des Islamismus ist der Antisemitismus.

Zur islamistischen Szene in Deutschland rechnet der Verfassungsschutz etwa 25 000 Menschen. Starken Zulauf verbuchen vor allem die Salafisten, von denen es inzwischen 11 200 gibt (Stand: Juni 2018) – 60 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Diese fundamentalistische Subkultur versteht sich als Elite eines besonders archaischen Islam. Religiöse Gebote rechtfertigen für diese Leute auch Gewalt. Die meisten Terror-Touristen, die aus Deutschland in den Nahen Osten ausgereist sind, um dort die Kämpfe des Islamischen Staates zu unterstützen, hatten einen salafistischen Hintergrund.

Linksextremisten – Zum Krawall bereit

„Die Akzeptanz und die Intensität von Gewalt haben in der linksextremistischen Szene in den letzten Jahren spürbar zugenommen“, sagen Verfassungsschützer. Dies betreffe vor allem Attacken gegen die Polizei und politische Gegner, vorrangig tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten. Die Gewalt reiche von Sachbeschädigung oder Brandstiftung bis hin zu schwerer Körperverletzung. Linksextremisten haben 2017 insgesamt 6393 Straftaten verübt. Das sind 22,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor (5230). Ihnen werden 1648 Gewaltdelikte angelastet (im Vorjahr: 1201). Fast zwei Drittel dieser Gewalttaten hatten laut Verfassungsschutz „zumindest im weiteren Sinne einen Bezug zum G-20-Gipfel in Hamburg“.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet 29 500 Personen zu dieser Szene. Sie hat weiter Zulauf. 9000 Personen, darunter 7000 sogenannte Autonome, gelten als gewaltbereit. Hochburgen linksextremistischer Gewalttäter sind Berlin, Hamburg und Leipzig. Immer wieder würden aus Demonstrationen heraus gerade Polizisten als Repräsentanten des verhassten „Repressionsapparates“ angegriffen. Die Hemmschwelle, Polizisten dabei zu verletzen, sei gesunken. „Die Täter nehmen nicht nur schwerste Körperverletzungen, sondern auch den Tod von Menschen billigend in Kauf“, heißt es.

Rechtsextremisten – Hohes Gewaltpotenzial

Zur rechtsextremistischen Szene rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz insgesamt 24 000 Personen (Stand: Ende 2017). Darunter sind 6000 Neonazis, sie haben leichten Zulauf. Die Parteien dieses Spektrums verlieren hingegen Mitglieder: Die NPD schrumpfte von 5000 auf 4500 Köpfe, „Die Rechte“ von 700 auf 650, die „Bürgerbewegung pro NRW“ von 500 auf 400. Nur die Partei „Der III. Weg“ wächst weiter: von 350 auf 500 Anhänger. Etwa die Hälfte der rechtsextremistischen Szene gilt als gewaltorientiert. Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten ging 2017 auf insgesamt 19 467 zurück. Im Jahr zuvor waren es noch mehr als 22  000. Es wurden auch weniger Gewalttaten verbucht: 1072 im vergangenen Jahr gegenüber 1600 zwei Jahre zuvor. Das bedeutet aber immer noch, dass rechte Krawallbrüder täglich drei Gewaltdelikte verüben.