Als günstigster Bieter bei einem Sanierungsprojekt erklärte ein Mitglied des Gemeinderats Weil im Schönbuch sich bei einem Vergabebeschluss für befangen und entfernte sich von seinem Platz. Offenbar aber nicht weit genug, weswegen die Abstimmung nun noch einmal wiederholt werden musste.

Als günstigster Bieter bei einem Sanierungsprojekt erklärte ein Mitglied des Gemeinderats Weil im Schönbuch sich bei einem Vergabebeschluss für befangen und entfernte sich von seinem Platz. Offenbar aber nicht weit genug, weswegen die Abstimmung nun noch einmal wiederholt werden musste.

 

Dass Kommunalrecht ganz schön kompliziert sein kann – bisweilen sogar kurios mit Zügen ins Groteske – das wissen die Gemeinderäte von Weil im Schönbuch jetzt aus eigener Anschauung. Dort ist eine Abstimmung um Stuhlesbreite gescheitert und musste daher wegen eines Formfehlers wiederholt werden.

Was war passiert? Der Gemeinderat sollte bei seiner Sitzung am 19. Juli im Zusammenhang mit der Sanierung der Kläranlage über die Vergabe der Gewerke im dritten Bauabschnitt entscheiden. Beim Beschluss zur Vergabe des Postens „Innen- und Außentüren“ hatte die Weilemer Speidel Innenausbau GmbH mit Bruttokosten von 28 000 Euro das günstigste Angebot gemacht. Da CDU-Rat und Firmenchef Thomas Speidel selbst im Rat sitzt, erklärte er sich bei diesem Beschluss für befangen und rutsche bei der Abstimmung mit seinem Stuhl einen Meter von seinem Platz weg.

„Abrücken“ ist hier nicht genug

Offenbar war dies aber nicht weit genug: Das Kommunalamt im Landratsamt Böblingen beanstandete den Vergabebeschluss als „nicht genehmigungsfähig“. Die Begründung: Speidel war lediglich von seinem Sitzungstisch „abgerückt“ und hatte sich nicht, wie das Kommunalrecht es in diesem Fall verlangt hätte, in den Zuhörerraum gesetzt – oder „in anderer Weise den Sitzungsbereich“ verlassen.

„Ansonsten war alles in Ordnung, das Kommunalamt hat keine Bedenken“, betonte der Bürgermeister Wolfgang Lahl in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Dienstag, als die Vergabe noch einmal auf die Tagesordnung kam und vom Gremium einstimmig beschlossen wurde. Diesmal wohl endgültig und rechtsgültig, denn Thomas Speidel war gar nicht erst vor Ort im Weilemer Turnerheim, wo die Sitzung stattfand. Allerdings tat er dies, wie er auf Nachfrage mitteilt, weil es bei ihm zuhause zwei Krankheitsfälle gab – und nicht etwa, um tausendprozentig sicherzugehen, dass diesmal auch wirklich alles klar geht bei der Abstimmung.

Thomas Speidel findet die Geschichte „a bissle Gaga“

Die besondere Rechtslage in diesem Fall war Speidel nach eigenen Angaben ebenso wenig bekannt wie offenbar auch der Verwaltung. „Bisher bin ich bei Befangenheit einfach einen Meter von meinem Platzabgerückt. Das hat immer gereicht“, sagt der CDU-Rat, der den Vorgang mit „a bissle Gaga“ und „die Leut’ beschäftigt“ kommentiert.

Aber offenbar ist die Rechtslage strenger, wenn es um die Vergabe von Dienstleistungen geht. „Ein befangener Gemeinderat, der lediglich um Stuhlesbreite vom Sitzungstisch des Gremiums abrückt und sich nicht in den vorhandenen Zuhörerbereich des Sitzungsraumes begibt, verlässt nicht die Sitzung“, heißt es dazu in der Gemeindeordnung von Baden-Württemberg.

Die Gemeinde geht künftig auf Nummer sicher

Wie Bürgermeister Lahl in der Sitzung am Dienstag ankündigte, werden, „um in Zukunft jeglichen rechtlichen Bedenken bei Befangenheitsbeschlüssen entgegenzuwirken“, von nun an alle Ratsmitglieder, die sich für befangen erklären, entweder im Zuhörerraum Platz nehmen oder – wie es in nicht öffentlicher Sitzung ohnehin verlangt ist – gleich den Sitzungssaal verlassen müssen.

Die Gemeinde Weil im Schönbuch hat ihre Lektion also gelernt ... und kann die Geschichte getreu dem Motto „Stuhlgang happens“ getrost abhaken.