Das Ludwigsburger Startup „dennismaass“ produziert Deko-Hingucker aus selbst weiterentwickelten 3-D-Druckern. Die drei Gründer erobern damit jetzt den europäischen und amerikanischen Markt.
Sandra Dambacher-Schopf
07.08.2024 - 14:53 Uhr
Vasen aus Ludwigsburg gab es schon im Jahr 1758 – allerdings aus handbemaltem Porzellan und im Rokoko-Stil. Sie waren, um es heutigen Worten zu sagen, das angesagte heiße Zeug, das die gut betuchten Trendsetter haben wollten. Die Herstellung von Porzellan – dem weißen Gold, wie man es nannte – war in Europa eine Innovation. Nach den Manufakturen in Wien und Meissen gehörte die in Ludwigsburg zu den Pionieren. Ähnlich verhält es sich mit den eher schlichten Vasen, Blumentöpfen, Untersetzern und Stiftehaltern von Dennis Maaß, der mit seinem Startup „dennismaass“ Ende 2021 nach Ludwigsburg gezogen ist: Das Design kommt gut an.
Die Herstellung im 3-D-Drucker hat jahrelanger Tüftelei bedurft. „Solche Drucker sind eigentlich nicht für die Serienproduktion mit gleichbleibender Qualität gedacht“, sagt Mitgründer Tobias Sommer. „Wir haben sie deshalb komplett umgebaut, viele Teile sogar selbst im 3-D-Drucker speziell für unsere Bedürfnisse produziert und zum Beispiel die Düsen, die schnell verschleißen, durch hochwertigeres Material ausgetauscht,“ erklärt der Maschinenbauingenieur. „An den Druckern ist eigentlich nichts mehr original außer den Rahmen.“
Schöner stecken für Stifte Foto: dennismaass
Inzwischen hat die junge Firma 24 Drucker am Laufen, die just-in-time, also je nach Bedarf produzieren. Das Startup spart sich dadurch ein großes Lager. Der große Unterschied zu den Porzellanvasen aus dem Rokoko: „Wenn sie auf den Boden fallen, gehen sie nicht kaputt“, erklärt Tobias Sommer. Er tritt sogar noch drauf: „Da passiert nichts.“
Spezieller Kunststoff aus Maisstärke
Die Vasen sind aus einem speziellen Kunststoff aus Maisstärke. Sieht aus wie Keramik, hält aber ein Leben lang – auch wenn im eigenen Heim zwischenzeitlich der Nachwuchs tobt. Sie sind also sogar kindersicher. Dabei ist das Material biologisch abbaubar und besteht aus nachwachsenden Rohstoffen. „Viele meinen, die Vase löse sich deshalb im Wohnzimmer von allein auf, das ist aber nicht so“, betont Dennis Maaß.
Die Idee hatte der heute 28-Jährige 2019 kurz vor Weihnachten. Damals wollte Maaß seiner Freundin etwas Selbstgemachtes schenken und kam so auf die Idee, sich einen kleinen 3-D-Drucker zu bestellen: „Modellvorlagen für den Druck kann man sich im Internet herunterladen.“ Die Idee kam bei seiner Freundin super an – nur das Vasenmodell nicht. Sie suchte selbst nach einem, das ihr gefiel. „Damit war die ,Pille‘ geboren, die heute bei uns in optimierter Form in der Serienproduktion ist“, sagt Maaß.
Der Drucker bei der Arbeit Foto: dennismaass
Die ovale Form kam auch bei weiteren Freundinnen, Müttern und Tanten hervorragend an. Dennis Maaß war nur noch am Drucken, denn schließlich brauchte eine Vase rund sechs Stunden, bis sie fertig war. Das machte aber Spaß und der damalige Student der Fahrzeugtechnik dachte sich: „Wieso nicht Geld damit verdienen?“ Über eine bekannte Online-Plattform für Selbstgemachtes verkaufte er schließlich seine gedruckten Vasen. „Ich stand dann mit zwei Ikea-Tüten voller Produkte jede Woche bei der Post.“
Gut für ihn, schlecht für seine Mitbewohner in einer Stuttgarter WG. Von den durchgängigen Druckgeräuschen waren sie genervt, also zog er mit seinem 3-D-Gerät in den Keller des Hauses, bis er herausfand, dass das nicht erlaubt war. Das Geschäft florierte damals aber bereits so, dass er einen Keller in Stuttgart-West mietete, weitere Drucker anschaffte und seine Freunde Tobias Sommer und Valentin Gläsel, der BWL studierte, mit ins Boot holte und das Startup gründete.
Warum es nach Kardamon, Masala-Mischung und Kreuzkümmel roch
Ein nie enden wollender Duft nach Kardamon, Masala-Mischung und Kreuzkümmel lag in der Luft, während die jungen Männer an den Druckern, der besseren Abdichtung der Vasen und der Eroberung des europäischen und amerikanischen Markts tüftelten. Denn ein indisches Geschäft hatte hier zuvor jahrelang seine Waren gelagert. Über Großhandelsplattformen im Internet erreichten die jungen Männer schließlich Kunden zwischen Irland und Griechenland und sogar einige in den USA.
Neue Produkte mussten her und die Zusammenarbeit mit jungen Designern begann: Lorenz Noelle ließ sich dabei vom Look der Großstadt inspirieren. Mit den langen dreieckigen Vasen kann sich jetzt jeder seine eigene Vasenskyline im Wohnzimmer gestalten. Marcus Angerer inspirierte die Hirnkoralle – ein passender Look fürs Büro: In dieser Form produziert das Start-up jetzt organisch geschwungene Organizer für den Schreibtisch.
Werbung läuft über Social Media
Schnell wurde auch der Kellerraum zu klein. So kam der Umzug in die Ludwigsburger Kammererstraße. Dort gibt es allerdings keinen Verkauf. Der findet – wie man das heute so macht – im Internet statt, im neuen Online-Shop. „Wir haben zuvor zwar viel über Großhandelsplattformen verkauft, gehen aber davon aus, dass sich ein Online-Shop auch für uns lohnt“, sagt Valentin Gläsel. Über Social Media bewerben sie diesen mit Erfolg selbst.
Im Shop finden sich jetzt elf Produkte in rund 600 Variationen. Dabei ist den umtriebigen drei jungen Männern das nächste Licht bereits aufgegangen: Eine Lampe in der ovalen Form der „Pille“ soll es bald auch zu kaufen geben.