Prototypen einer beheizbaren Hose der Textil- und Faserforschung Denkendorf und der Hochschule Reutlingen wärmen gerade die deutschen Wintersportler in Pyeongchang.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Denkendorf - Wenn die Wintersportler anderer Nationen im Südkoreanischen Pyeongchang in den Startblocken frieren, haben zumindest sieben deutsche Sportler warme Oberschenkel. Sie tragen die Prototypen von beheizbaren Überhosen, die hier in der Region entwickelt wurden. Denn warme Muskeln sind die beste Voraussetzungen, um weite Sprünge und schnelle Abfahrten zu machen. Entwickelt wurden sie von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) und der Hochschule Reutlingen.

 

Die Technik ist denkbar einfach

Das heiße Höschen entworfen hat der Münchner Wissenschaftler Sebastian Micus zusammen mit seinem Studenten Orror Kereszci. Die Technik ist denkbar einfach. Auf ein Vlies wird ein isoliertes Kupferkabel gestickt, das gleichzeitig als Heizwendel dient. Dann muss nur noch ein Akku angeschlossen werden, der die Heizwendel mit Strom versorgt. Der Akku hat eine Ladeanzeige, an der man bequem ablesen kann, wie lange die Hose noch heizt.

Dabei hat das taschenbuchgroße Energiebündel eine erstaunliche Leistung. Die kleine Schachtel, die in China hergestellt wird, bringt 20 Amperestunden hervor, ungefähr halb soviel wie eine Autobatterie. Für die Sportler heißt das, der Hintern bleibt etwa zwei Stunden lang warm. Die Skiläuferin Kira Weidle hat die Überhose bei einem Rennen in Garmisch Patenkirchen bereits getestet und für gut befunden: „Die Hose ist super und funktioniert gut“, berichtet sie. Das Textil hat links und rechts breite Klettverschlüsse, damit man es kurz vor dem Startschuss schnell ausziehen kann. Denn die eigentlichen Rennanzüge dürfen laut dem Reglement des internationalen Sports keine elektronischen Bauteile erhalten. Diese Regelung ist auch der Grund dafür, warum die Wissenschaftler überhaupt auf die Idee gekommen sind, eine Heizhose zu bauen. Eigentlich wollten sie etwas völlig anderes machen. „Wir haben uns hier von hinten durch die Brust ins Auge geschossen“, scherzt Markus Milwich, der als Professor das Projekt von höherer Warte aus betreut.

Ursprünglich wollten die Wissenschaftler den Luftwiderstand von Rennanzügen verringern

Denn ursprünglich wollten die Wissenschaftler den Luftwiderstand von Rennanzügen verringern. Dafür hatten sie eine Struktur auf den Stoff genäht, der einer Haifischhaut ähnelt. Denn die Haie sind unter anderem deswegen schnelle Schwimmer, weil ihre Haut besonders strömungsgünstig ist. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Temperatur konstant bleibt. Wird es kälter, dann reißt die Strömung ab. Also kamen die Forscher auf die Idee, die Kleidung zu beheizen und letztlich führte das zu Denkendorfer Heizhose. Zwar gebe es bereits beheizbare Textilien, berichtet Sebastian Micus, doch wären sie für den Skirennsport nicht besonders gut geeignet. Die Denkendorfer Prototypen jedoch hätten ihren Nutzen bei den Olympischen Winterspielen bereits unter Beweis gestellt.

Weil die Heizhose sicherlich auch für Freizeitsportler interessant ist, suchen die findigen Reutlinger und Denkendorfer Wissenschaftler jetzt eine Firma, die in der Lage ist, die Hose in Serie auf den Markt zu bringen.