Gartenpflanzen leiden unter den sich verändernden Wetterbedingungen. In den Lehr- und Versuchsgärten der HfWU Nürtingen-Geislingen wird an robusten Pflanzenarten geforscht.

Das Klima verändert sich, die Sommer werden heißer und trockener, Niederschläge bleiben manchmal ganz aus, manchmal kommen sie sturzflutartig. Nicht nur die Bäume im Wald und die Nutzpflanzen auf landwirtschaftlichen Flächen leiden, auch Gartenpflanzen reagieren auf Wetterextreme. „Eigentlich hatten wir hier in der Gegend regelmäßig wechselndes Wetter. Das ändert sich gerade: Wir haben mittlerweile immer häufiger stabile Wetterlagen, die über Wochen bleiben: Man muss sich auf ausgeprägte Phasen großer Hitze oder auf lange Wochen mit viel Regen einstellen“, beobachtet Beate Hüttenmoser, Diplom-Ingenieurin und Betriebsleiterin der Lehr- und Versuchsgärten der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU).

 

Der Mensch braucht die Pflanzenvielfalt zum Überleben

Diese sich verändernden Wetterbedingungen bringen nicht nur Gartenpflanzen in Nöte, sie bedrohen auch die Wälder und den landwirtschaftlichen Anbau von Getreide, Obst und Gemüse: „Wenn Waldbäume über mehrere Jahre hinweg Hitze- und Trockenheitsstress ausgesetzt sind, gehen sie kaputt. Wenn es regelmäßig schlechte oder gar Missernten gibt, steigen die Preise für Lebensmittel, und es entsteht Mangel. Denn wir ernähren uns von Pflanzen, und unser Vieh frisst Pflanzen. Der Mensch braucht die Pflanzenvielfalt zum Überleben“, so Beate Hüttenmoser. Experten aus der Agrarforschung prophezeien, dass aufgrund der veränderten klimatischen Bedingungen in Zukunft auch die Auswahl an Pflanzen kleiner werden wird. „Wenn die Belastung für Pflanzen, Sträucher und Bäume zum Beispiel durch Hitze und Trockenheit größer wird, gibt es Verlagerungen. Die Natur passt sich an, und es wird künftig andere oder vielleicht auch weniger Arten geben“, warnt die promovierte Landschaftsarchitektin.

Kugeldisteln bringen Farbe ins Spiel. Foto: gw

Wissenschaft und Forschung haben den Handlungsbedarf erkannt: So gibt es etwa mit „Stadtgrün 2021+“ ein auf viele Jahre angelegtes Versuchsprojekt zu sogenannten Zukunftsbäumen für Innenstädte. „Man pflanzt, man beobachtet, man tauscht sich aus. Es werden Listen erstellt mit Baumarten, die sich in der momentanen klimatischen Situation am besten bewährt haben. Aber man muss aufmerksam und vor allem flexibel bleiben, denn keiner weiß, wie sich das Klima in Zukunft entwickeln wird“, betont Beate Hüttenmoser.

Mehr Bäume als Schattenspender pflanzen

Im HfWU-Lehr- und Versuchsgarten Tachenhausen in Oberboihingen wurden zu Studienzwecken Alleen mit robusten, trockenheits- und hitzeverträglichen Baumsorten angelegt. Die Zierapfelbaumsorte Malus tschonoskii, der Amberbaum Liquidambar styraciflua „Paarl“ oder der Eisenholzbaum Parrotia persica „Vanessa“ wurden so gezüchtet, dass sie sich auch für Vorgärten und kleinere Gärten eignen. Beate Hüttenmoser plädiert dafür, mehr Bäume als Schattenspender zu pflanzen: „Ein Baum sorgt nicht nur für einen schattigen Platz im Garten, er kann auch das Haus beschatten, und er verbessert das Mikroklima: Denn ein Baum verdunstet Wasser, was auf die Umgebung kühlend wirkt.“

In den HfWU-Lehr- und Versuchsgärten im Nürtinger Stadtteil Braike und auf dem Hofgut Tachenhausen, die für jedermann zugänglich sind, wird seit Jahren erforscht, wie Pflanzen an verschiedenen Standorten gedeihen: Dafür wurden unterschiedliche „Lebensbereiche“ angelegt – im Schatten, im Halbschatten, auf der sonnigen Freifläche, am Gehölzrand, in der trockenen Steppenheide oder in der sandig-steinigen Felsensteppe. Auf den gut beschilderten Anlagen können sich Gartenfreunde Anregungen holen, wie sich etwa mit durchdachter Standortwahl und an Trockenheit gewöhnten Pflanzen der heimische Garten auch für anhaltend hohe Temperaturen rüsten lässt.

Hitzeresistente Pflanzen sind meistens auch pflegeleicht

So wachsen in Tachenhausen auf dem Plateau über dem Neckartal auch in den trockenen Lebensbereichen die attraktiv blühenden Kugeldisteln, der Blutstorchschnabel, die Fetthenne, der heimische Diptam, auch Brennender Busch genannt, oder die Zierlauchsorte Allium carinatum, die von Gärtnern Feuerwerkslauch getauft wurde, weil ihre kleinen Blüten wie explodierende Farbtupfer wirken. Das silbrigblättrige Heiligenkraut, ein mediterraner Halbstrauch, fühlt sich im trockenen steppenartigen Garten ebenso wohl wie der bei Hummeln beliebte stachelige Acanthus oder die Yucca-Palmlilie mit ihren großen Blütenständen. „Die meisten hitzeresistenten Pflanzen sind übrigens auch pflegeleicht“, macht Beate Hüttenmoser Gartenbesitzern Mut, ihre Gärten gezielt fit für heiße Sommer zu machen.

Gießen im Sommer

Wasser sparen
„Gießen Sie frühmorgens, wurzelnah und großzügig. Sorgen Sie für Gießränder, damit das Wasser nicht gleich wieder abfließt“, sagt Beate Hüttenmoser. Sie rät dazu, den Gartenboden möglichst zu bedecken, damit nicht so viel Wasser verdunstet: „Pflanzen Sie Bodendecker. Oder bringen Sie Mulch aus, grob gehäckselten Staudenschnitt von gesunden Pflanzen.“

Gelände formen
„In einer Sandecke fühlen sich Wildbienen und andere Tiere wohl und da gedeihen spannende Pflanzen“, schlägt Beate Hüttenmoser vor. „Und wenn Sie einen Bereich durch kleine Erhöhungen modellieren, bleibt in den entstehenden Kuhlen bei Starkregen das Wasser stehen und versickert langsamer.“

Info
Der Lehr- und Versuchsgarten Braike am Nürtinger Campus der HfWU ist von April bis Oktober montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr, von November bis März montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Der Lehr- und Versuchsgarten Tachenhausen in Oberboihingen ist ganzjährig täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist jeweils frei.