Es piepst und wimmelt und wuselt. 400 Küken staksen auf dürren Beinchen umher, hopsen durch Futterschalen, schnäbeln an Picksteinen herum. Das zarte Gefieder hat eine rötliche Färbung, die kommt durch eine Impfung. Noch sind die Küken klitzeklein, nur wenige Tage alt. Zwischen dem Flaum schieben sich die ersten Schwungfedern aus den winzigen Flügelchen. In wenigen Wochen jedoch werden die Masthühnchen und -hähnchen voll befiedert und dick und rund sein. Auf dem Hofgut Tachenhausen in Oberboihingen werden sie zu wissenschaftlichen Zwecken gemästet.
Hightech im Stall sorgt für optimale Bedingungen
Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen betreuen den Küken-Kindergarten. Unter dem Projektnamen Glückshähnchen kümmern sich die jungen Leute aus den Studiengängen Agrar- und Pferdewirtschaft um das Wohlergehen der Tiere. Es geht dabei um mehrere Dinge: die Fütterung und den Auslauf im mobilen Mastgeflügelstall sowie um diverse Klimafaktoren. Alles wird streng überwacht und dokumentiert, dafür gibt es viel Hightech im mobilen Verschlag. Rund um die Uhr werden per Bordcomputer Temperatur, Feuchtigkeit, Staub und CO₂-Gehalt in der Luft, Wasser- und Futterverbrauch gemessen und geregelt. Auch die Ausstattung des Stalls soll zum Wohlbefinden der Hühnchen und Hähnchen beitragen. Innen gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten wie Heuballen zum Herumzupfen, und sobald die Vögel alt genug sind, dürfen sie in den Auslauf und dort zwischen Kleegras und anderen Pflanzen picken. Auch unterschiedliche Unterstände und Verstecke werden auf der Freifläche unter die Lupe genommen. Für die Hühner bedeutet das alles in Summe mehr Tierwohl, sagt die Agraringenieurin Charlotte Lutz, die das Projekt praktisch betreut. Der Wintergarten etwa, der sich am Stall befindet, sei ein „großes Plus, das man so im Masthähnchenbereich nicht findet“.
Die Studierenden finden gut, mit lebenden Tieren arbeiten zu können. „Wir haben Glück mit dem Projekt, weil es so praxisorientiert stattfindet“, sagt Leonie Vaas. Neu ist das Ganze auf dem idyllisch gelegenen Hofgut indes nicht. Schon im vergangenen Semester haben die Studentinnen und Studenten einen Zyklus mitgemacht – vom Küken bis zur Vermarktung des Fleisches. Denn auch das gehört zum Forschungs- und Praxisprojekt: Die Tiere werden nach sechs Wochen Lebenszeit geschlachtet. Dafür steuert ein Schlachtmobil das Hofgut Tachenhausen an, die erste Tötung ist für den 18. November anberaumt. Die Schlachtung vor Ort sei möglichst stressfrei, weil lange Transportwege entfielen. Das Fleisch soll schließlich über regionale Metzgereien, beispielsweise Bäuerle in Nürtingen-Reudern oder Scheible in Wendlingen, oder auch das Gasthaus Linde in Oberboihingen zum Verbraucher gelangen. Für die Studentinnen gehört die Schlachtung dazu. „Es ist von vornherein klar, die Tiere werden nach sechs Wochen weg sein“, sagt Sarah Späth. „Es ist schön zu sehen, dass sie ein schönes, wenn auch kurzes Leben hatten“, findet Charlotte Baumann.
Weizen aus der Region ist genauso gut wie anderes Futter
Eine Erkenntnis haben die Studierenden auf dem Lehr- und Versuchsbetrieb Tachenhausen bereits gewonnen: Die Zufütterung von Weizenkörnern hat das Gewicht des Mastgeflügels kaum beeinflusst, jedoch ist das einheimische Getreide regional erhältlich und günstiger. „Wir haben keinen gravierenden Unterschied festgestellt. Der Weizen hatte keinen negativen Einfluss auf das Gewicht“, sagt Charlotte Baumann.