Baden-Württemberg ist nicht nur reich an Wald. Im Ländle besitzen 238.508 Menschen ein Stück von der grünen Immobilie. Für die Eigentümer ist der Forst aber oft mehr als nur eine Kapitalanlage.

„Was schätzen Sie, wie viele Menschen in Baden-Württemberg Wald besitzen“, fragt Jerg Hilt die Besucher und zeigt auf eine gut einen halben Meter hohe Glasvase, fast randvoll mit Linsen gefüllt. „So viele, wie Linsen in dem Behälter sind – 238.508 Menschen nennen ein mehr oder weniger großes Stück Wald ihr Eigen“, erklärt der Geschäftsführer der Forstkammer BadenWürttemberg. Das entspricht rund 36 Prozent des Waldbestandes im Land. „Im Durchschnitt gehören davon jedem rund zwei Hektar.“

 

Das entspricht einer Fläche von 100 mal 200 Metern. Die Spanne reicht dabei von unter einem Hektar bis hin zu vielen Hundert Hektar. „Baden-Württemberg ist ein waldreiches Bundesland. Rund 40 Prozent der Landesfläche sind Wald“, so Jerg Hilt. Davon gehört die kleinste Fläche dem Staat. Die wirklich großen Waldbesitzer seien die Kommunen. Von den 1100 Kommunen hat fast jede einen eigenen Wald mit einer Durchschnittsgröße von 500 Hektar.

Emotionale Bindung zum Wald

„Die meisten Besitzer sind sehr froh darüber. Oft haben sie sogar eine emotionale Bindung zum Wald“, erzählt der Geschäftsführer der Forstkammer. Selbst die, die den Wald als Anlageform gekauft hätten, stellten häufig fest, dass dieser Besitz etwas anderes ist als ein Aktienpaket. „Im Wald kann ich herumlaufen, er riecht, er macht Geräusche, er strahlt Natur aus.“ Als Waldeigentümer und Kapitalanleger muss man allerdings in langen Zeiträumen denken und braucht viel Geduld. 100 Jahre seien beim Wald ein normaler Wirtschaftszeitraum. Letztendlich unterscheidet sich der Erwerb von Wald dann aber doch nicht vom Kauf einer gebrauchten Immobilie aus Stein. Auch der Wald hat manchmal Renovierungsbedarf, weil zum Beispiel Wege nicht gepflegt oder angelegt, Bestände nicht mehr durchforstet wurden. „Was bei einem Haus in ein bis zwei Jahren erledigt ist, dauert beim Wald bis zu 20 Jahre“, erklärt Jerg Hilt. Das bedeute natürlich, dass der Besitzer für diesen Zeitraum auch die entsprechenden Investitionsmittel vorhalten muss.

Im Vergleich zu Aktien oder anderen Immobilien liegen die Renditen beim Wald aber nur zwischen 0,5 und drei Prozent. „Die Haupteinnahmequelle ist zu etwa 90 Prozent das Holz.“ Sorgen bereitet vielen privaten Waldbesitzern deshalb auch die geplante Neuorganisation der Forststrukturen im Land. Nach der Auffassung des Bundeskartellamtes verstößt die gemeinsame Vermarktung von Rundholz durch den Landesbetrieb Forst BW gegen deutsches wie europäisches Kartellrecht. Daher hat es dem Land Baden-Württemberg untersagt, für die anderen Waldbesitzer Holz zu verkaufen und zu fakturieren sowie die unmittelbar vermarktungsnahen Dienstleistungen der Holzauszeichnung, Betreuung von Holzerntemaßnahmen, Holzaufnahme und des Holzlistendrucks zu übernehmen.

Nächste Woche entscheidet der Bundestag über eine Änderung des Bundeswaldgesetzes. Auf die Waldbesitzer werden also vielleicht erhebliche Veränderungen zukommen. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie künftig das Holz vermarktet werden soll. Zunehmend gewinnt aber auch die Frage der Erholungsnutzung des Waldes an Bedeutung.

Erholungsraum und Ort der Freizeitgestaltung

„Der Wald gerät immer mehr in den Fokus als Erholungsraum und Ort der Freizeitgestaltung“, sagt Hilt. Dennoch, Eintritt werde auch künftig niemand für den normalen Besuch des Waldes bezahlen müssen. „Es gibt das freie Betretungsrecht im Wald. Das ist seit Mitte der 70er Jahre festgeschrieben.“ Dafür sollten eigentlich die Waldbesitzer vom Staat bei der Waldpflege finanziell unterstützt werden. Das habe man aber in den letzten Jahren immer mehr zurückgeschraubt. Deshalb gebe es unter den Waldbesitzern auch immer wieder Diskussionen darüber, was überhaupt noch leistbar sei, merkt der Geschäftsführer der Forstkammer an.

Ein anderes Thema ist die Haftung. Wer bezahlt künftig, wenn jemandem im Wald etwas passiert. Bislang gilt, bei waldtypischen Gefahren wie zum Beispiel morschen Ästen, die herabfallen, haftet der Waldbesitzer nicht. Anders ist die Situation da, wo Menschen in den Wald eingreifen. „Wenn ich einen Baum fälle, bin ich dafür verantwortlich, dass niemandem etwas passiert. Leider werden die Absperrungen immer seltener auch ernst genommen und die Leute laufen einfach in die Baumfällung hinein“, ärgert sich Hilt.

Doch nicht jeder Wald wird auch bewirtschaftet. Nach Schätzungen der Forstkammer sind viele Kleinwaldflächen sich selbst überlassen. „Und das, obwohl wir eigentlich das Holz brauchen könnten.“ Hinzu kommt: Die Klimaveränderungen erfordern auch vom Wald neue Konzepte, was die Bepflanzung und Arten angeht. Andererseits sei es für die oft kleinen und unzugänglichen Flächen auch schwierig, bezahlbare Bewirtschaftungskonzepte zu entwickeln.

Zum Schluss wollen wir es dann doch noch ganz genau wissen: „Haben Sie die Linsen im Glas tatsächlich abgezählt?“ – „Na klar“, antwortet Jerg Hilt mit einem Augenzwinkern.

DER WALD

Der Wald in Baden-Württemberg gehört dem Staat zu 24 Prozent, Privatleuten zu 36 Prozent und den Kommunen zu 40 Prozent. 49 Prozent der Privatwaldfläche gehört Waldeigentümern, die weniger als 20 Hektar besitzen. Jeder vierte Baum im Privat- und Kommunalwald ist älter als 100 Jahre. In den Wäldern Baden-Württembergs leben zwischen 7000 und 14.000 Tierarten. Außerdem gibt es zwischen 4000 und 6000 verschiedene Pflanzen.

Pro Jahr und Hektar steigt der Holzzuwachs um 12,6 Kubikmeter. Mit einem Flächenanteil von 33,9 Prozent ist die Fichte mit Abstand die wichtigste Baumart im Privat- und Kommunalwald. Die gesamte Privat- und Kommunalwaldfläche im Land beträgt 1.042.067 Hektar. Der Holzvorrat pro Hektar Wald liegt bei 387 Kubikmetern. Pro Hektar werden jedes Jahr 9,1 Kubikmeter Holz eingeschlagen. 46 Prozent des Privatund Kommunalwaldes sind in anerkannten forstlichen Zusammenschlüssen organisiert und bewirtschaften die Wälder gemeinsam. Jährlich werden laut Forstkammer Baden-Württemberg im Privat- und Kommunalwald 13.500.000 Tonnen CO2 gebunden.