Schon mehr als 450 Firmen geben ihren Beschäftigten beim Jobticket für die Region Stuttgart einen Zuschuss. Jetzt macht erstmals ein Automobilunternehmen mit: Porsche.
Stuttgart - Der öffentliche Nahverkehr setzt seine Erfolgsfahrt trotz aller Probleme unvermindert fort. Auch nach den ersten sieben Monaten registriert der VVS eine Zunahme der Fahrten in Bussen und Bahnen in der Stadt Stuttgart und in den Kreisen Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr um 3,1 Prozent. Wachstumstreiber ist der Berufsverkehr – und dort vor allem das Firmenticket. Erstmals kooperiert der VVS mit einer großen Firma aus der Autoindustrie: Porsche gibt seit 1. September einen monatlichen Zuschuss von zehn Euro zum Firmenticket.
Seit Ende August ist der Vertrag mit dem Zuffenhausener Sportwagenbauer nach Informationen dieser Zeitung unter Dach und Fach. Ende September wollen das Unternehmen und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) dies im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt geben. Doch firmenintern wird für das Angebot bereits geworben. Für den VVS ist der Abschluss auch deshalb ein wichtiges Signal, weil andere große Firmen in der Region wie Daimler und Bosch sich noch nicht am Firmenticket beteiligen. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn wir auch große Unternehmen wie Daimler und Bosch für das Jobticket gewinnen könnten. Beide Unternehmen bemühen sich ja, sich bei der Luftreinhaltung als Teil der Lösung zu verstehen, und sehen in der Vernetzung der Mobilität die Zukunft. Da wäre ein Jobticket für ihre Mitarbeiter ein wichtiger Baustein“, meint VVS-Geschäftsführer Horst Stammler und sagt, man sei in Gesprächen. Die Firmen selbst halten sich jedoch bedeckt.
Daimler steht unter Druck
Gerade der Automobilkonzern mit dem Stern sieht sich dieser Forderung gegenüber, da er ein für sein Classic-Center und andere Firmeneinrichtungen reserviertes ehemaliges Sportgelände im Neckarpark zu einem Parkplatz für fast tausend Autos machen will. CDU, Grüne, SPD sowie SÖS/Linke-plus kündigten an, dem nur zuzustimmen, wenn der Konzern ein Jobticket für die fast 19 000 Beschäftigten am Standort Untertürkheim einführt. In der Debatte um die Verkehrspolitik in Stuttgart forderte der SPD-Fraktionschef Martin Körner, dass „sich die großen Unternehmen, und hier gerade die, die mit Mobilität ihr Geld verdienen, stärker engagieren“.
Das Firmenticket, für das sich mindestens 50 Beschäftigte eines Unternehmens entscheiden müssen, gibt es in unterschiedlichen Formen – ohne Zuschuss durch die Firma, seit April 2014 auch als Zuschussmodell mit besonders hoher Rabattierung, wenn das Unternehmen den Erwerb mit mindestens zehn Euro pro Monat fördert. Vor allem seitdem boomt das Firmenticket: „Wir haben seit der Einführung des neuen Firmentickets vor zwei Jahren einen Zuwachs von 37 Prozent“, sagt VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Fast 70 000 Arbeitnehmer sind mittlerweile mit dem Firmenticket unterwegs – das sind 12,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit trägt dieses Abonnement wesentlich zu der Steigerungsrate von 6,3 Prozent im Berufsverkehr bei, die natürlich auch „auf die gute Konjunktur, die hohe Beschäftigung und das Bevölkerungswachstum zurückzuführen ist“, sagt Stammler.
Stadt und Land haben die Steigerung bewirkt
Zwar beteiligen sich inzwischen 454 Firmen am Firmenticket, einen wirklichen Schub gab es aber erst, als zuerst die Stadt Stuttgart und seit Jahresbeginn das Land einstiegen. Die Stadt bezuschusst das Abo mit durchschnittlich 27 Euro – die Nutzung des Firmentickets verdoppelte sich. Früher griffen 5679 städtische Mitarbeiter zu, aktuell sind es 11 294 – und damit 60 Prozent der Beschäftigten. „Das ist sehr hoch, da die Stadt ja nicht nur Mitarbeiter in der Verwaltung hat, sondern auch im Krankenhaus, im Tiefbauamt und in der Abfallbeseitigung mit Schichtarbeit und Dienststellen außerhalb der Innenstadt“, sagt Stammler.
Das Land gibt im Rahmen des Jobtickets BW seit Anfang dieses Jahres einen Zuschuss in Höhe von rund 20 Euro. Die Folge: ein Zuwachs von 41 Prozent beim Firmenticket, das Anfang des Jahres 9310 Beschäftigte nutzten, jetzt sind es 13 134. „Damit hat das Land die Stadt eingeholt und ist wieder der größte Arbeitgeber mit Firmenticket im VVS“, sagt Stammler, der überrascht ist, wie hoch die Steigerung bei den Landesbediensteten ist.
Auch viele andere Städte, Behörden und öffentliche Einrichtungen wie die IHK, aber auch zahlreiche private Firmen, darunter große Versicherer und Banken, sind auf das Zuschussmodell umgestiegen. Zu den 450 Arbeitgebern gehörten auch kleine Unternehmen, beispielsweise aus dem Einzelhandel, die über gemeinsame Bestellungen die Mindestzahl von 50 Firmenticketinhabern erreichen. Einen weiteren Schub erwartet der VVS mit der am 1. September erfolgten Einführung des Azubitickets für 59 Euro im gesamten Netz. „Das wird ein weiteres Plus bringen“, sagt VVS-Geschäftsführer Thomas Hachenberger. Erste Zahlen sollen Anfang Oktober vorliegen.