Die Regierungen von Athen und Skopje begraben einen alten Namensstreit, doch der Kompromiss ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Skopje - Was lange schwelt, wird möglicherweise doch noch gut. Mit dem neuen Landesnamen „Nord-Mazedonien“ hofft Skopje den unseligen Nachbarschaftsstreit mit Griechenland zu beenden – und so den anvisierten Nato-Beitritt und den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen zu erzwingen. „Wir haben einen guten Deal“, verkündete der griechische Premier Alexis Tsipras am Dienstagabend das Ende des 27 Jahre währenden Namensstreit. „Es gibt keinen Weg zurück“, so sein mazedonischer Amtskollege Zoran Zaev.

 

Europa und Nato gratulieren

Euphorisch haben vor allem die Vertreter der internationalen Gemeinschaft auf den Durchbruch im ebenso langen wie unsinnigen Namensstreit reagiert. Von einem „historischen Abkommen“ sprach erleichtert Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. „Danke, dass Ihr das Unmögliche möglich gemacht habt“, gratulierte EU-Ratspräsident Donald Tusk per Twitter den beiden Regierungschefs. Die Erleichterung in Brüssel ist verständlich. Denn seit Mazedoniens Unabhängigkeit 1991 lagen die Balkanstaaten im erbitterten Clinch. Griechenland stritt den Nachbarn mit Verweis auf seine gleichnamige Provinz das Recht auf ihren Landesnamen ab – und saß dabei als EU- und Nato-Mitglied am längeren Hebel: Wegen des ungelösten Konflikts hat Athen bislang Mazedoniens Nato-Zutritt und die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen per Veto blockiert.

Ist der Weg in die EU nun frei?

Der nun erzielte Kompromiss könnte Skopje endlich den lange verstellten Weg in die EU und Nato bahnen. Ein ausgeklügelter Fahrplan soll den beiden sozialdemokratischen Regierungschefs helfen, ihren Deal gegen nationalistische Widerstände in beiden Ländern unter Dach und Fach zu bringen. Denn die Einigung ist noch keineswegs in trockenen Tüchern. Bis zum neuen Landesnamen hat vor allem Mazedonien noch einen hürdenreichen Hindernislauf zu bewältigen: Gegen eine unwillige Opposition und Präsidenten muss Skopje den Namenskompromiss per Referendum und per Verfassungsänderung besiegeln lassen. Erst danach will Athen die Einigung mit Skopje endgültig absegnen.

Die Opposition schäumt

Es sind die bevorstehenden EU- und Nato-Gipfel, die Zaev und Tsipras aufs Tempo drücken lassen. Schon am Samstag wollen sie ein erstes Abkommen zum Namenskompromiss unterzeichnen, das hernach von Mazedoniens Parlament vorläufig mit einfacher Mehrheit abgesegnet werden soll. Zwar hat Zaev kürzlich seine dünne Regierungsmehrheit mit Hilfe eines weiteren albanischen Koalitionspartners gestärkt. Doch erster Ärger dürfte ihm von dem der Opposition nahestehenden Staatschef Gjorge Ivanov drohen, der den Parlamentsentscheid abzeichnen müsste: Der Präsident hat mehrfach klar gemacht, eine allgemeingültige, das heißt nicht nur für das internationale Parkett gedachte Änderung des Landesnamens abzulehnen.

Aufs Referendum kommt es an

Sollte es mit internationalen Druck und der Zusage einer rechtlich bindenden Volksbefragung doch noch gelingen, Ivanov zum Einlenken zu bewegen, könnte Athen eine vorläufige Aufhebung seines Veto gegen eine EU- und Nato-Integration der Nachbarn beschließen – sofern Premier Tsipras seine skeptischen Koalitionspartner davon überzeugt. Eine Einladung zum Nato-Beitritt sowie die etwaige Ankündigung einer Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen wären wiederum das ersehnte Erfolgspfund, mit dem Zaev bei dem im Herbst geplanten Referendum zu wuchern hofft. Die keineswegs sichere Absegnung des Namensdeals bei der Volksbefragung soll wiederum Mazedoniens Opposition dazu bewegen, ihre Widerstände gegen eine nur mit ihr mögliche Verfassungsänderung aufzugeben. Bislang zeigt die nationalpopulistische VMRO/DMPE dazu nur wenig Neigung. In einer ersten Reaktion bewertete der neue VMRO-Chef Hristijan Mickoski die Einigung mit Athen gar als „Kapitulation“.