Die Bestatterin und Theologin Barbara Rolf hat in Stuttgart-Weilimdorf über „Abschied gestalten“ gesprochen. Sie empfiehlt, sich zu informieren, ohne dass man einen „Trauerfall im Nacken hat“.

Weilimdorf - Gerade weil „Sterben, Tod und Trauer mehr denn je tabuisiert werden“, sei es wichtig, diesen Themen „ab und zu Raum zu geben“, betonte Guntrun Müller-Enßlin, die Pfarrerin der Wolfbusch-Gemeinde gleich zu Beginn. Wobei sie sich angesichts des fast vollen Saales freute, dass just dieser Vortrag zum Finale des Forums „Gott und die Welt“ so zahlreich Interessierte fand. Mit Barbara Rolf hatte der Abend nun eine Referentin, die befand, „dass es uns als Bestatter gut ansteht, wenn wir darüber nachdenken, was wir tun“. Sie selbst sei in diesen Beruf durch den Tod ihres Bruders „hineingeschleudert“ worden, sagte die Theologin, die in Leinfelden-Echterdingen ein Bestattungsunternehmen gegründet hat.

 

Bei dem „unerschöpflichen Thema“ wolle sie sich „ans Wesentliche halten“, begann also „mit ganz Praktischem“: „Der Tod muss durch einen Arzt festgestellt werden.“ Gesetzlich ebenso vorgeschrieben sei, dass Angehörige „die Bestattung beauftragen und bezahlen müssen“. Nicht zwingend aber sei, ein Bestattungsunternehmen „mit allem zu betrauen“. Das gehe auch mit Teilaspekten wie dem Transport zum Friedhof oder Krematorium.

Zeit lassen für wesentliche Entscheidungen

„Fast das Wichtigste, was sie vermitteln wolle, sei, „dass wir Zeit haben und das wir uns Zeit lassen sollten für wesentliche Entscheidungen“. Etwa, wo der Leichnam aufgebahrt werden soll, was bis zu 36 Stunden zuhause möglich sei. Ein Leitmotiv war für Barbara Rolf, „dass wir als Angehörige Handelnde bleiben“. Dafür sei die Entscheidung nötig, „ob wir alles den Profis überlassen oder uns selbst damit belasten wollen“, wie sie sagte. Sie selbst plädiere eher für Letzteres: „Wenn man dafür bereit ist“, wie sie hinzufügte. Im Extremfall gehöre dazu etwa die Frage, ob man einen Leichnam etwa nach einem schrecklichen Unfall oder einem Suizid nochmals anschauen wolle. Im Prinzip helfe das auch in diesem Falle, „zu begreifen, was passiert ist und ihn so besser freigeben zu können“. Im übrigen seien „die Bilder, die wir im Kopf haben, viel schlimmer als das tatsächliche Bild.“ Sie habe inzwischen mehrere tausend Tote vorbereitet „und vielleicht zehn erlebt, wo nichts mehr zu machen war“. Das Anschauen, auch wenn es beispielsweise nur eine Hand oder ein Teilbereich des Gesichtes sei, verhindere, dass man eventuell ein Leben lang mit einem schrecklichen Fantasiebild lebe.

Sie empfahl, auch Kinder mutig einzubeziehen. Zum einen hätten Kinder ein Recht darauf. Zum anderen entwickelten Kinder Ängste, wenn sie etwa von der Beerdigung ausgeschlossen werden. Auch Kinderbücher würden „heute konkreter, ehrlicher, offener mit der Thematik umgehen“. Etwa in der Art der Frage: „Wie kommt mein großer Opa in so eine kleine Urne?“

Vorbereitungen für die Bestattung

Die Vorbereitungen für die Bestattung bezeichnete sie als „Rituale der Einwilligung“, was sowohl für die Erd- wie auch für die Feuerbestattung gelte. Das könne vom Waschen oder Einkleiden bis dahin gehen, „dass wir selbst die letzte Schraube in den Sarg drehen“. Aber auch schon bei der Wahl des Sterbeortes und Sterbebettes beginnen viele Details wie die Art der Einbettung, des Sarges und dessen Ausstattung, Sarg- und Grabbeigaben umfassen: „Vielleicht noch eine Rasur oder den Hefezopf vom Vortag, den Opa immer gekauft hatte, weil er ein paar Cent billiger war?“ Für solche Überlegungen solle man sich ebenso Zeit lassen wie für die Ausgestaltung der Trauerfeier. Bis hin zu der Frage, ob man etwa ein Urnengrab selbst schließen wolle. Im übrigen habe sie „noch keine Bestattung erlebt ohne wenigstens eine Blume“. Die Bestattungskultur befinde sich in einem starken Wandel: „Es geht aber nichts verloren, es kommt nur sehr viel Neues dazu“, sagte Rolf. Einen Riesenzuwachs erfahren Bestattungsformen, „die nicht mit einer Grabpflege-Verpflichtung verbunden sind“, wie etwa die Seebestattung, Baumgräber oder anonyme Gräberfelder und Kolumbarien.

Waren schon während des Vortrages eine Reihe von „praktischen Fragen“ gestellt worden, so galt dem auch die Schlussrunde. Einschließlich der Frage nach den Kosten einer Beerdigung: „Mit etwa 7000, 8000 Euro ist man dabei“, stellte Rolf fest und empfahl, sich ohne „einen Trauerfall im Nacken“ zu orientieren. Gefragt, was der Beruf mit ihr mache, sagte die Bestatterin: „Meine Aufgabe ist, Menschen dabei zu helfen, mit einem Todesfall irgendwie umzugehen.“ Sie fügte noch hinzu: „Alles, was Oberfläche ist, verschwindet im Angesicht des Todes.“