#Stuttgartfrommywindow – unter diesem Hashtag ist eine Fotoaktion nach Wiener Vorbild gestartet. Gepostet werden Stadtansichten aus dem Fenster. In der Corona-Krise schaut man sich von daheim Stuttgart mit neuen Augen an.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In der Corona-Pandemie bietet ein Fenster mehr als nur die freie Sicht nach außen. Am Fenster wird musiziert, man klatscht von dort dankend in den Nachthimmel, will damit Pfleger ehren, denen noch besser geholfen wäre, bekämen sie mehr Geld als Beifall. Ans Fenster werden Kerzen als Zeichen der Hoffnung gestellt. Wer aus einem Fenster schaut, kann Dinge beobachten, die ihn womöglich gar nichts angehen. Das Fenster erlaubt einen erhabenen Blick.

 

Fenster sind eine Schnittstelle zwischen drinnen und draußen, zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit. Ohne Fenster wäre ein Haus ziemlich introvertiert. Und gerade jetzt, da die Menschen daheim bleiben müssen, wächst die Sehnsucht nach Verbindung.

„Wir wollen Mut machen und für Abwechslung sorgen“

Wie sieht Stuttgart mit dem Blick aus dem privaten Fenster aus? Unter dem Hashtag #stuttgartfrommywindow werden die ganz individuellen Ansichten bei den Internetportalen Instagram und bei Facebook gepostet. Die Städte Wien und Paris haben damit angefangen. Patrick Mikolaj, der Macher des Blogs Unnützes Stuttgartwissen, hat diese Idee nun für die Kesselstadt angestoßen. „Wir wollen damit zeigen, dass man nicht als einziger zu Hause bleibt, dass viele die eigene Quarantäne ernst nehmen“, sagt er. Gleichzeitig sollte die Foto-Aktion „aber auch Mut machen und für Abwechslung sorgen“. Daheimbleiben muss nicht langweilig sein.

Wer seine Fotos auf der Facebook-Seite des Unnützen Stuttgartwissen postet, kann gewinnen. Eine Stuttgart-Jury, besehend aus Bloggern, wird die drei besten Aussichten („mit Erläuterung und vielleicht ein paar netten Worten“) belohnen.

Die Corona-Krise kann die Augen öffnen

Unter dem Hashtag #Stuttgartfrommywindow sieht man traumhafte Sonnenuntergänge, genießt den Blick übers Neckartal, schaut aus dem zwölften Stock der Wohnsiedlung Asemwald, entdeckt nur einen Garten oder einen liebevoll dekorierten Terrassentisch oder stößt mit den Augen auf eine Hauswand. Oft sieht man eine leere Stadt, die ihre Schönheiten auf vielfältige Weise auch ohne Menschen zu entfalten scheint. Und man sieht, was andere Menschen sehen, wenn sie daheim ihre Augen nach draußen richten. Die Neugierde wird belohnt, es macht Spaß, sich durch private Ansichten zu klicken. Und man achtet auf Dinge seiner Stadt, über die man in normalen Zeiten hinwegsieht. Jetzt ist Zeit, seine Umgebung genau zu fixieren – seine Stadt, in die man hoffentlich bald wieder auf gewohnte Weise zurückkehren kann und die man vielleicht dann sogar ein bisschen besser kennt.

Die Corona-Krise kann uns die Augen öffnen. Beim Innehalten können wir neu hinsehen und darüber nachdenken, was künftig in dieser verrückten Welt anders werden sollte.