Eine Ausstellung im Bezirksrathaus Botnang erinnert an den Fotografen Robert Bothner. Er war maßgeblich am Aufbau der Württembergischen Bildstelle, heute Landesmedienzentrum, beteiligt.

Botnang -

 

Vom alten Botnang über das kriegszerstörte Stuttgart bis hin zum Kultur-Erbe im Ländle: Eine von den Naturfreunden initiierte Fotoausstellung im Bezirksrathaus würdigt den Botnanger Robert Bothner (1899 bis 1967), der maßgeblich am Aufbau der Württembergischen Bildstelle, heute Landesmedienzentrum, beteiligt war.

Die Ansicht hat etwas Anheimelndes: Die Anwohner werfen Säcke von einem Leiterwagen, zwei Kinder sind auf dem Weg ins Schüle und am Ende der Pfarrstraße entdeckt man den Turm des alten Stuttgarter Rathauses. Das fiel erst den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs zum Opfer und musste dann dem architektonisch recht zweifelhaften heutigen Gebäude weichen. 1927, als Robert Bothner die Szene fotografierte, war die Welt noch in Ordnung, wenn auch nur scheinbar.

Alter Adler, neuer Adler, gar kein Adler

Ungefähr um diese Zeit herum muss Bothner auch die ausgestellten Botnanger Ortsansichten für die hiesigen Naturfreunde festgehalten haben. Ausstellungsinitiator Waldemar Grytz erzählt, er habe versucht, die hiesigen Motive zu lokalisieren und nachzuvollziehen. Manche haben tatsächlich die Jahrzehnte überdauert. Oft verhält es sich aber wie mit dem Motiv „Beim Adler-Eck“, von dem Grytz erzählt: „Da stand der alte Adler, dann kam der neue Adler und dann war der auch weg.“

Und so ist der Rundgang auch von einer leisen Wehmut geprägt: Dass Erhaltenswertes auf immer verloren ist. Besonders bleibt man an zwei Exponaten hängen: Das eine von der völlig zerstörten Stuttgarter Innenstadt. Allein die Kreuzigungsgruppe der Leonhardskirche im Vordergrund hilft, das Bild inmitten der Apokalypse zu verorten. Das genaue Gegenteil ist ein Motiv voller Versenkung: Vier Ordensschwestern im Gebet, von den einfallenden Lichtstrahlen beleuchtet – fast ist man versucht zu sagen: beseelt.

Abwedeln hier, nachbelichten dort

Wer selbst fotografiert, bemerkt das Auge des Könners hinter diesen Aufnahmen – und mehr. Lange bevor Foto-Apps mit ihren Filtern interessante, aber oft auch vorhersehbare Effekte ermöglichten, hat Bothner viele der gezeigten Bilder ganz klassisch in der Dunkelkammer selbst abgezogen. Wer genau hinsieht, bemerkt die Kniffe des Meisters: Abwedeln hier, nachbelichten dort – und bisweilen wurden auch ganze Bildteile von Hand retuschiert.

Einige Exponate sind übrigens allein durch glückliche Zufälle in den Besitz der Botnanger Naturfreunde gekommen, berichtet ihr Vorsitzender Grytz, der sich auch als Mitglied des Arbeitskreises Botnanger Heimatgeschichte engagiert: Sobald die Besitzer verstorben und damit der persönliche Bezug verloren gegangen ist, wanderten alte Fotos allzu oft in den Altpapier-Container. Dabei könnten gerade sie das noch fehlende Puzzle-Stück einer Vereinschronik sein, erzählt Grytz und bittet Angehörige Bildnachlässe im Zweifel vor dem Entsorgen von Ortshistorikern oder den Hütern der Vereinsarchive durchsehen zu lassen.

Sein fotografischer Nachlass ist riesig

Robert Bothner war Zeit seines Lebens eng mit den Naturfreunden verbunden. Die ihm gewidmete und nun im Bezirksrathaus erhältliche Ausgabe der „Botnanger Heimat“ ist deshalb in drei Teile gegliedert: Sie zeigt den Stuttgarter Alltag um das Jahr 1920, gewährt Einblicke in die Geschichte der Botnanger Naturfreunde und würdigt natürlich das Lebenswerk des Fotografen, der 1964 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt wurde. Sein fotografischer Nachlass ist riesig, berichtet Grytz: „Für die Württembergische Bildstelle soll er um die 50 000 Fotos gemacht haben.“ Gut, dass einige davon den Weg zurück nach Botnang gefunden haben.