Bald wurde Schadeberg von Geheimdienst und Polizei ins Visier genommen. Sie observierten ihn, schüchterten Gesprächspartner ein, und bei „Drum“, dem ersten afrikanischen Lifestyle-Magazin für Schwarze, für das er früh arbeitete, versuchten die Sicherheitsbehörden, Spitzel zu werben. Mehrmals wurde er kurzzeitig verhaftet und verhört, einmal spürte er dabei den Lauf einer Pistole an seiner Schläfe. Es klickte – was nicht der Schlagbolzen war, sondern die Zähne des Polizisten. „Er zischte mir zu, irgendwann würde er mich umbringen, und warf mich hinaus.“

 

Als er ging, ging er freiwillig. Und wieder waren es die Kontraste, die ihn anzogen: In England verbildlichte er von 1964 bis 1968 den Niedergang des Landes, porträtierte die Vertreter der britischen Upper Class, aber mit Strafgefangenen und Alkoholikern auch das menschliche Treibgut einer Epoche, deren atavistischer Glanz nicht mehr über die sozialen Verwerfungen hinwegtäuschen konnte. Zuvor hatte er bereits den Mauerbau dokumentiert, als er im August 1961 zum ersten Mal wieder in Berlin war. Vor allem an die Stille in der sonst so pulsierenden Stadt kann er sich noch erinnern: „Die Menschen hatten so viel erlebt. Dann kam das noch dazu. Es war eine bedrückende Atmosphäre, die mich an Südafrika erinnert hat.“

„Es gibt eine neue Apartheid“

Über die Entwicklung jenes Landes, das ihm zur Wahlheimat geworden ist, ist er ernüchtert. Noch immer schwelten Hass und Neid. „Es gibt eine neue Apartheid. Manche Schwarze können nicht vergessen, wie sie unterdrückt worden sind.“ Zudem sei die zunehmende Kriminalität ein Problem. „Schnell leben, jung sterben und als Leiche gut aussehen“, lautete einst das subversive Motto von „Drum“. Auch heute wird besonders in und um Johannesburg vor der Zeit gestorben. Sechs Bekannte Schadebergs wurden in den vergangenen vier Jahren von Einbrechern ermordet.

Längst wird ihm die Anerkennung zuteil, die ihm früher versagt blieb. Noch bis 29. Juni 2014 ehrt in die Kunsthalle Darmstadt mit einer große Retrospektive. Dass die renommierte Photographer’s Gallery in London seine berühmteste Mandela-Aufnahme, die das damalige Staatsoberhaupt 1994 in seiner einstigen Zelle zeigt, zu den „eindrucksvollsten Bildern des 20. Jahrhunderts“ zählt und das Goethe-Institut in ihm einen der „wichtigsten Fotografen weltweit“ sieht, registriert er, mehr aber auch nicht. Obwohl diese späte Wertschätzung berechtigt ist, mag darin auch der Versuch mitschwingen, die langjährige Komplizenschaft mit dem Unrechtsregime vergessen zu machen, denn wirtschaftliche Interessen gingen vor. Die Bundesrepublik war mit nahezu einem Drittel aller Auslandsschulden der größte Finanzier des Landes. Schadeberg stand als einer der wenigen Deutschen frühzeitig auf der richtigen Seite. Heute trägt er am Revers die Spange des Bundesverdienstkreuzes, und diese Auszeichnung ehrt gleichermaßen Mann wie Werk.

Bald wurde Schadeberg von Geheimdienst und Polizei ins Visier genommen. Sie observierten ihn, schüchterten Gesprächspartner ein, und bei „Drum“, dem ersten afrikanischen Lifestyle-Magazin für Schwarze, für das er früh arbeitete, versuchten die Sicherheitsbehörden, Spitzel zu werben. Mehrmals wurde er kurzzeitig verhaftet und verhört, einmal spürte er dabei den Lauf einer Pistole an seiner Schläfe. Es klickte – was nicht der Schlagbolzen war, sondern die Zähne des Polizisten. „Er zischte mir zu, irgendwann würde er mich umbringen, und warf mich hinaus.“

Als er ging, ging er freiwillig. Und wieder waren es die Kontraste, die ihn anzogen: In England verbildlichte er von 1964 bis 1968 den Niedergang des Landes, porträtierte die Vertreter der britischen Upper Class, aber mit Strafgefangenen und Alkoholikern auch das menschliche Treibgut einer Epoche, deren atavistischer Glanz nicht mehr über die sozialen Verwerfungen hinwegtäuschen konnte. Zuvor hatte er bereits den Mauerbau dokumentiert, als er im August 1961 zum ersten Mal wieder in Berlin war. Vor allem an die Stille in der sonst so pulsierenden Stadt kann er sich noch erinnern: „Die Menschen hatten so viel erlebt. Dann kam das noch dazu. Es war eine bedrückende Atmosphäre, die mich an Südafrika erinnert hat.“

„Es gibt eine neue Apartheid“

Über die Entwicklung jenes Landes, das ihm zur Wahlheimat geworden ist, ist er ernüchtert. Noch immer schwelten Hass und Neid. „Es gibt eine neue Apartheid. Manche Schwarze können nicht vergessen, wie sie unterdrückt worden sind.“ Zudem sei die zunehmende Kriminalität ein Problem. „Schnell leben, jung sterben und als Leiche gut aussehen“, lautete einst das subversive Motto von „Drum“. Auch heute wird besonders in und um Johannesburg vor der Zeit gestorben. Sechs Bekannte Schadebergs wurden in den vergangenen vier Jahren von Einbrechern ermordet.

Längst wird ihm die Anerkennung zuteil, die ihm früher versagt blieb. Noch bis 29. Juni 2014 ehrt in die Kunsthalle Darmstadt mit einer große Retrospektive. Dass die renommierte Photographer’s Gallery in London seine berühmteste Mandela-Aufnahme, die das damalige Staatsoberhaupt 1994 in seiner einstigen Zelle zeigt, zu den „eindrucksvollsten Bildern des 20. Jahrhunderts“ zählt und das Goethe-Institut in ihm einen der „wichtigsten Fotografen weltweit“ sieht, registriert er, mehr aber auch nicht. Obwohl diese späte Wertschätzung berechtigt ist, mag darin auch der Versuch mitschwingen, die langjährige Komplizenschaft mit dem Unrechtsregime vergessen zu machen, denn wirtschaftliche Interessen gingen vor. Die Bundesrepublik war mit nahezu einem Drittel aller Auslandsschulden der größte Finanzier des Landes. Schadeberg stand als einer der wenigen Deutschen frühzeitig auf der richtigen Seite. Heute trägt er am Revers die Spange des Bundesverdienstkreuzes, und diese Auszeichnung ehrt gleichermaßen Mann wie Werk.

Nach mehr als sechs Jahrzehnten im Ausland hatte er vor drei Jahren in Berlin-Wilmersdorf eine Wohnung bezogen. „Ich war 35 Jahre in Südafrika. Danach kommt ein Moment, in dem man von den Schwierigkeiten anderer Länder genug hat“, sagte er damals inmitten halb ausgepackter Umzugskisten. Geblieben ist er nicht. Seit einem Jahr wohnt er in Spanien. Dort schreibt der Chronist der Gegensätze an einem Buch, will erzählen. Vom Kampf gegen Unterdrückung, Gleichgültigkeit, Rassismus – und von einem Mann, der dafür 28 Jahre im Gefängnis war.