Museumsbesucher fotografieren sich gern vor Kunstwerken. Das bringt die Häuser mitunter in Nöte – und nicht selten auch die Selfieknipser.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Wer dieser Tage in die Staatsgalerie Stuttgart geht, sollte sein Handy nicht vergessen. Denn selbst wenn man nicht ständig sich und seine Umwelt fotografieren will, sobald man vor dem Schredderbild von Banksy steht, juckt es einen in den Fingern, schließlich tun es in dem Saal fast alle: fotografieren. Aber auch in anderen Museen stellt man schnell fest, dass das Bedürfnis groß zu sein scheint, sich vor den Kunstwerken abzulichten. Aber darf man das überhaupt?

 

„Wir haben den Eindruck, dass es den Besuchern in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, bei ihrem Museumsbesuch auch zu fotografieren“, sagt Tanja Binder, die Sprecherin der Kunsthalle Mannheim. Es entspreche eben längst der Lebensrealität, Fotos zu machen – auch im Museum. Deshalb wird das, was jahrelang verboten war, inzwischen in den meisten Häusern erlaubt. In der Staatsgalerie Stuttgart oder auch dem Kunstmuseum Stuttgart darf man in der Sammlung die ausgestellten Gemälde und Skulpturen fotografieren – allerdings nur für private Zwecke. Die Besucherinnen und Besucher werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die Bildrechte zu beachten haben.

Kunst darf nicht einfach fotografiert werden

Diese Rechte sind komplizierter, als man annehmen würde. Die Bildrechte eines Gemäldes liegen nicht beim Besitzer, also beim Sammler oder dem Museum, sondern bis siebzig Jahre nach dem Tod des Künstlers bei ihm beziehungsweise seinen Erben. Deshalb wurden in Katalogen viele Jahre keine Werke von Oskar Schlemmer abgebildet, weil die Erben das nicht erlaubten beziehungsweise für eine Veröffentlichung sehr viel Geld forderten. Einen Banksy im öffentlichen Raum darf man fotografieren, die Rechte an dem Schredderbild in der Staatsgalerie liegen aber beim Künstler, der theoretisch Geld verlangen könnte, wenn es veröffentlicht wird.

Wer also das Foto eines Werks ins Internet stellt, sollte vorher prüfen, wie es um die Verwertungsrechte steht, die eben nicht immer bei den Museum liegen, das die Arbeit ausstellt. Deshalb weisen Häuser wie die Kunsthalle Mannheim explizit darauf hin, dass die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen im Internet und in den Sozialen Medien keine private Nutzung darstellt und unter Umständen Urheberrechte verletzt.

Eines ist in alle Museen ein No-Go: Blitze und Stative. Denn Museen müssen die Werke schützen – gerade auch vor unbedachten Bewegungen. Entsprechend heißt es in der Hausordnung des Kunstmuseums Stuttgart: „Die Verwendung von künstlichem Licht (Blitzlicht, Lampen u.ä.), Stativen, Selfie-Sticks, Drohnen oder ähnlichen Hilfsmitteln ist nicht gestattet.“

Im Alten Schloss kann man ein Selfie beim Ritterschlag machen

Auch im Landesmuseum Württemberg sind Selfiesticks verboten, grundsätzlich ist das Fotografieren in den Schausammlungen aber erlaubt. Da die Objekte im Alten Schloss in der Regel alt sind, sind die Bildrechte der Urheber längst abgelaufen. Schwieriger ist es bei Sonderausstellungen. „Die Leihgeber wollen zum Teil nicht, dass in Ausstellung fotografiert wird“, sagt der Sprecher Markus Wener. Deshalb werden die Besucherinnen und Besuchern im Alten Schloss bereits an der Kasse darauf hingewiesen, dass sie zum Beispiel in der aktuellen Ausstellung zum Schwert nicht fotografieren dürfen.

Zum Trost gibt es in der Schau aber Stationen, die eigens für Selfies eingerichtet wurden, damit man sich selbst zum Beispiel beim Ritterschlag ablichten kann. Das Landesmuseum Württemberg inszeniert diese Fotostationen gezielt und hat in seiner Außenstelle in Waldenbuch sogar eine Art Fotostudio eingerichtet, in dem die Besucher sich mit Requisiten in verschiedene Wohn- und Lebenswelten versetzen können. „Das hat auch für uns einen Mehrwert“, sagt Markus Wener, denn das Museum bietet einen Hashtag an, über den man seine Bilder direkt in die sozialen Medien hochladen kann – wodurch das Landesmuseum eben auch in diesen Foren auftaucht.

Nicht alle Besucher wissen, wie man sich im Museum verhält

Seitdem der Eintritt ins Landesmuseum Württemberg kostenlos ist, habe sich das Publikum verändert, erzählt Markus Wener. Für viele der Besucher sei es der erste Museumsbesuch, weshalb im Foyer des Alten Schlosses und auch auf der Homepage in dem Film „Wie man sich im Museum (nicht) benehmen soll“ vorgeführt wird, was im Museum verboten ist - auf amüsante Weise. Zu sehen ist ein unbedachter Museumsbesucher, der en passant auch mal eine Keramikvase vom Sockel fegt – mit dem Selfiestick.